Ausstellung „Im Holz“ beginnt im Backnanger Helferhaus

Am morgigen Sonntag beginnt im Backnanger Helferhaus die Ausstellung „Im Holz“ der Künstlerinnen Ebba Kaynak und Eva Schwanitz. Gezeigt werden Holzskulpturen und Holzschnitte, welche sich mit feministischem Blick mit Weiblichkeit und Sexualität auseinandersetzen.

Ebba Kaynak (links) und Eva Schwanitz haben im Holz ihr Material gefunden. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ebba Kaynak (links) und Eva Schwanitz haben im Holz ihr Material gefunden. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Backnang. „Es wäre einfacher, etwas anderes zu machen, um Anerkennung zu finden“, sagt Ebba Kaynak mit Blick auf die thematischen Schwerpunkte der Ausstellung „Im Holz“, welche sie gemeinsam mit Eva Schwanitz ab morgen im Backnanger Helferhaus präsentiert. Ihr Metier sind Holzskulpturen, die oft botanische Motive, vom Kirschblütenblatt über die Rose bis hin zur Orchidee, darstellen. Die Winnender Künstlerin Eva Schwanitz hat hingegen Holzschnitte mitgebracht, auch diese zeigen oftmals florale Motive. Dass sie sich beide damit beschäftigen, sei gewagt. „Das ist akademisch eigentlich verpönt, weil es als viel zu dekorativ und als typisches Frauenthema gilt“, so Kaynak. Davon lassen sich die beiden Künstlerinnen allerdings längst nicht mehr beeindrucken.

Zwischen der 1957 in Schorndorf geborenen Ebba Kaynak und der zehn Jahre älteren Eva Schwanitz, die unter anderem bei Josef Beuys in Düsseldorf studierte, gibt es aber noch etliche weitere Berührungspunkte. Der offensichtlichste, die Arbeit mit Holz, wird bereits im Ausstellungstitel aufgegriffen. Die Künstlerinnen, beide Mitglied im Schorndorfer Kunstverein, kennen sich bereits seit Jahren und waren eigentlich für eine gemeinsame Ausstellung in Bernhausen ausgewählt worden, die allerdings unter anderem an der Coronapandemie scheiterte. Die Bekanntschaft zu den in Backnang tätigen Kunst- und Kulturschaffenden Barbara Kastin und Ulrich Olpp ebnete stattdessen den Weg zu der ersten gemeinsamen Ausstellung im Helferhaus.

Die Werke treten miteinander in Dialog

Dort weilen die Werke der beiden Künstlerinnen nicht stumm nebeneinander, sondern sie treten in einen Dialog. Eva Schwanitz druckt ihre Holzschnitte auf die unterschiedlichsten Materialien, so auch auf Stoff. Die so entstandenen Fahnen hängen zu Boden, von wo wiederum die Holzskulpturen von Ebba Kaynak emporwachsen. Das beste Beispiel dafür ist die Rose – einmal als Skulptur, einmal als Ornament –, welche die Postkarte zur Ausstellung ziert. Bei einigen Werken handelt es sich tatsächlich um gegenseitige Adaptionen, die speziell für die Ausstellung angefertigt wurden. Bezüge zwischen den Werken sind vor allem im Hinblick auf Muster und Struktur erkennbar. Ein Holzschnitt von Eva Schwanitz, auf dem sich weiße und schwarze Striche und Flächen abwechseln, findet etwa eine Wiederholung in der Struktur eines Kirschblütenblatts von Ebba Kaynak.

Inspiriert von Andy Warhol habe sie schon in den 70ern begonnen, Holzschnitte im Rapport – also mit der Wiederholung von Motiven – zu drucken, erklärt Schwanitz. „Mal habe ich immer dasselbe Motiv gedruckt, mal unterschiedliche, und dadurch wird das Motiv in gewisser Weise abstrakt und man erhält einen Bezug zum Ornament.“ Ornamente wiederum seien sehr weiblich, denn schon immer arbeiteten Frauen, etwa bei Vasen oder Textilien, mit solchen wiederkehrenden, oftmals floralen Mustern.

Während sie bis in die 90er-Jahre vor allem figürlich arbeitete, schloss sich daran eine längere Phase an, in der Schwanitz zunehmend abstrakter werdende Landschaften und auch botanische Motive aufgriff. „Meine Schatten von Pflanzen sind ein philosophisches Thema, wie man es etwa von Platons Höhlengleichnis kennt. Was ist eigentlich Materie und was ist ein Schatten? Ist er real? Es geht um die Erscheinungsform der Dinge“, erklärt sie.

Das klingt nach einem recht akademischen Ansatz, doch inspiriert werde sie zu den Werken durch visuelle Eindrücke, etwa eine zarte Pflanze in Berlin oder ein Schilfwedel auf Kreta, die dann allerdings nicht sklavisch umgesetzt werden. „Es muss etwas in einem drin sein, damit eine Resonanz entsteht. Es ist schon so, dass ich mal eine Idee habe, die vielleicht auch philosophisch ist, und irgendwann stoße ich dann draußen auf ein Motiv, bei dem ich denke, das könnte ich ausprobieren.“

Erotische Ursymbole als Grundtenor

Auch Ebba Kaynak wird oftmals im Freien fündig, denn lediglich für Auftragsarbeiten im Außenbereich, für die sie ausschließlich Eiche verwendet, kauft sie Holz zu. Für ihre Skulpturen im Innenraum hingegen greift sie auf die unterschiedlichsten Holzsorten (Tropenhölzer ausgenommen) zurück, die durchaus auch aus dem eigenen Garten stammen oder Fundstücke sein können. „Ich sehe eigentlich in jedem Stück Holz etwas“, sagt Kaynak. Mit ihrer Kettensäge wagt sie sich mit Vorliebe auch an ihr noch unbekannte Sorten heran, um sie kennenzulernen und zu erleben, wie sie sich verhalten. Was dabei schließlich herauskommt, bestimmt in nicht unbeträchtlichem Maße der Baum selbst, wenngleich die Schorndorferin mit einer konkreten Vorstellung an das Material herantritt. „Am Ende wird es zum Beispiel etwas zwischen einer richtigen Orchidee, die ich irgendwo gesehen habe, und dem, was ich will und was der Baum hergibt. Wir tanzen dann miteinander, bis etwas dabei herauskommt.“ Besonderheiten des jeweiligen Baums, etwa ein Sturmbruch oder Verastungen, werden dabei nicht etwa entfernt, sondern vielmehr eingearbeitet.

So bezieht das Werk „Frutta Dell’amor“, welches auf den ersten Blick an ein aufgeschlagenes Ei erinnert, seinen Ausdruck nicht zuletzt von der seitlichen Wucherung und einer knotigen Struktur im Kern. Ursprünglich handelte es sich um ein Objekt aus Lindenholz, welches Kaynak nach dem Vorbild eines sardischen Menhirs, also eines Hinkelsteins, gestaltet hatte. „Die Menhire dort haben Brüste, was ich sonst nirgendwo auf der Welt gesehen habe. Bei einem davon ging eine Brust nach innen, die andere nach außen, und keiner weiß warum. Das hat mich immer wieder zu Werken inspiriert.“ Als ihr das Objekt nach einigen Jahren dennoch nicht mehr gefiel, sägte sie es kurzerhand auf, mit dem heute sichtbaren Ergebnis. „Jemand, der das nicht weiß, kann darin auch eine Blüte sehen. Aber das hängt ja auch alles formal zusammen.“

Es seien nämlich letztlich erotische Ursymbole, welche die Grundthematik bilden, erklärt Kaynak, woraufhin Schwanitz ergänzt: „Natürlich von der Frau her gesehen, also die Frau als Subjekt, nicht als Objekt.“ Der feministische Blick prägte den künstlerischen Werdegang beider Frauen. „Wir hatten es immer sehr stark mit erotischen Formen“, sagt Kaynak. „Ich habe in den 80ern studiert, da haben Frauen ihre weiblichen Wurzeln im Matriarchat und in der weiblichen Mythologie gesucht. Da waren wir offensichtlich parallel unterwegs, noch ohne einander zu kennen.“

Dass sie bei akademisch orientierten Kollegen mit ihren Motiven bisweilen ein Naserümpfen riskieren – Schwanitz als Beuys-Schülerin sowieso –, nehmen sie gerne in Kauf. „Wir haben darauf nicht diesen naiven Blick, sondern nehmen diese Themen bewusst auf, weil sie tabu sind. Wir versuchen sie so umzusetzen, dass daraus etwas Starkes wird“, erklärt Kaynak. Immerhin: Allmählich gebe es vor allem in der jüngeren Generation ein Umdenken. Die Kunst von Ebba Kaynak und Eva Schwanitz trägt dazu zweifellos bei.

Termine Die Ausstellung „Im Holz“ von Ebba Kaynak und Eva Schwanitz dauert von 9. Juni bis 14. Juli. Bei der Vernissage am Sonntag (11.30 Uhr) führt Ulrich Olpp, Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins Backnang, in die Ausstellung ein. Die Finissage findet am Sonntag, 14. Juli, um 16 Uhr statt. Das Helferhaus ist von Dienstag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr, samstags von 11 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

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Erstellt:
8. Juni 2024, 11:00 Uhr

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