Filigranes Arbeiten mit schwerem Metall

Günter Wulf aus Allmersbach im Tal begibt sich als Metallbildhauer immer wieder auf neue kreative Wege

Günter Wulf ist bekannt als der Inhaber des Allmersbacher Ofenmuseums. Der passionierte Sammler von Kunstgussöfen hat aber noch ein weiteres Hobby. Er gestaltet Skulpturen und Bilder aus Kupfer, Titanzink und Zinn. „Das werden Sie nicht noch einmal sehen“, sagt er bei einem Besuch in seinem Reich. Er kennt zumindest niemanden, der wie er mit diesem teuren, hochwertigen, schweren Material Objekte und dreidimensionale Bilder anfertigt. Dabei fallen ihm immer wieder neue Variationen ein.

Dreidimensionale Blumenbilder sind die jüngsten Arbeiten von Günter Wulf. Mit Miniaturbäumen hat alles angefangen. Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Dreidimensionale Blumenbilder sind die jüngsten Arbeiten von Günter Wulf. Mit Miniaturbäumen hat alles angefangen. Foto: T. Sellmaier

Von Ingrid Knack

ALLMERSBACH IM TAL. Günter Wulf ist ein Schaffer, das sieht man gleich, wenn man sich seinem Haus nähert. Schon im Außenbereich werden die Besucher von Skulpturen begrüßt, bei näherem Hinschauen entdeckt man auch seinen Arbeitsplatz im Freien. Das kunsthandwerkliche Arbeiten an der frischen Luft – bei Wind und Wetter, bei minus 10 oder auch bei über 30 Grad plus, und durchaus schon ab 5 Uhr morgens – erfüllt seinen Alltag mit Sinn. „Ich habe mein Leben lang draußen geschafft“, so Wulf.

Selbst dass sein Haus mit Natursteinen verkleidet ist, ist sein Werk, erzählt der Wahl-Allmersbacher, der aus Friedland in Mecklenburg stammt. Um all das zu erreichen, dazu gehören sicherlich Beharrlichkeit und Disziplin, aber auch Freude am kreativen Gestalten – die Basis von alledem ist das handwerkliche Können, das Wulf in seinem Beruf als Kabellöter und bei der Arbeit mit Kupferdraht und Zinn erlernt hat, und das Wissen um die Materialien und Techniken. Und wenn er einmal mit etwas konfrontiert ist, was sich ihm nicht sofort erschließt, klemmt er sich so lange dahinter, bis er weiß, wie’s geht – so beispielsweise beim Umgang mit den Natursteinen für Haus und Garten.

Kunstvoll gestaltete Bilder und Objekte

„Ich möchte nicht als Künstler bezeichnet werden“, sagt Günter Wulf. „Ich bin Kunsthandwerker.“ Doch kann man durchaus von kunstvoll gestalteten, einzigartigen Objekten sprechen, die in der Freiluftwerkstatt Wulfs entstehen. Alles ist reine Handarbeit. Die Blechschere ist Wulfs wichtigstes Werkzeug. Damit nehmen all die Arbeiten ihren Anfang.

Seine jüngsten Werke sind dreidimensionale Metallbilder, leicht, zuweilen filigran daherkommende Blumenbilder aus schwerem Metall. Der Hintergrund ist geschliffener Edelstahl oder bemalter Stahl. Manche Details sind mit Metallfarbe angestrichen. Bei anderen (Kupfer-)Bildern fällt die „reine Patina“ ins Auge, der Grünspan hat die Werke schließlich vollendet.

Die neuen Blumenbilder stehen nun neben den Bäumen, mit denen die Karriere Wulfs als Metallbildhauer anfing. Die Bäumchen, die an Bonsais erinnern, formte Wulf aus bis zu 4000 Kupferdrähten. Diese wurden verlötet und dann bei 350 Grad verzinnt („Man kann den Zinn nur tröpfchenweise auftragen“) und überdies etwa mit Kupferblättern versehen und mit Platinlack perfektioniert.

Die antiken Öfen und die kunsthandwerklichen Arbeiten stehen im Ofenmuseum und in der Baumgalerie praktisch Seit an Seit. Dabei scheint Wulf die Verzierungen der Öfen mit Pflanzen oder Szenen aus der Mythologie aufgegriffen und in eine weitere kunsthandwerkliche Dimension mitgenommen und weiterentwickelt zu haben – auch wenn dies nicht beabsichtigt war.

Eine große Rolle spielt das Thema Ästhetik, das auch im Leben eines Kunstturners allgegenwärtig ist. Bei den Skulpturen, die auf die Bäume folgten, trifft man genauso auf die Welt des Sports als auch auf die Welt der Mythologie. Besonders beeindruckend dabei ist beispielsweise die Laokoon-Gruppe à la Günter Wulf, die ebenfalls zu den Exponaten im Untergeschoss des Wulf’schen Hauses in Allmersbach im Tal gehört wie Figuren im Pfenniggewand – richtige Pfennige hat Wulf da angelötet.

„Es sind Tonnen, was hier unten an Material ist“, weiß Günter Wulf. Damit meint er nicht nur die schweren Öfen und die Skulpturen. Auch die Bilder sind Superschwergewichte, was sich im Preis auswirkt. „Hier stecken schon ein paar Hundert Euro Materialwert drin“, weiß Wulf. Deshalb erscheint es nicht viel, wenn Wulf bei einem Bild einen Verkaufswert von „um die 800 Euro“ nennt. Geradezu ein Schnäppchen, bedenkt man zudem all die Arbeitsstunden, die der Kunsthandwerker dafür aufgewendet hat. Für ein solches Bild braucht er rund 14 Tage. Im Blühenden Barock in Ludwigsburg hat der 81-Jährige, dem man sein Alter nicht ansieht, schon öfter ausgestellt, zuletzt 2018. Seine Werke waren unter anderem in Ausstellungen bei der Volksbank in Backnang und Murrhardt und in Mecklenburg zu sehen. Obwohl es ein „Drauflegergeschäft“ ist, erklärt er: „Ich mache es aus Freude.“ Mit Ausnahme der Laokoon-Gruppe, die nach einer Vorlage entstand, handelt es sich durchweg um freie Arbeiten.

Info
Ofenmuseum und Baumgalerie

Günter Wulf wurde 1937 in Friedland (Mecklenburg) geboren. In der ehemaligen DDR machte er sich in den 1950er-Jahren einen Namen als Hochleistungssportler im Geräteturnen, zuerst beim TSV Friedland, dann beim Sportclub Dynamo Berlin. Sein Lieblingsgerät war das Reck. Er absolvierte eine Ausbildung als Stärkefacharbeiter – dabei ging es darum, Kartoffeln zu Mehl und Sirup zu verarbeiten.

Vier Wochen vor dem Bau der Mauer 1961 flüchtete er in den Westen. Er kam nach Backnang und war bis Ende der 1960er-Jahre bei der TSG Backnang aktiv. Kurze Zeit war er Trainer. Bei der Firma Elektra in Backnang fand er eine Anstellung als Kabellöter, später arbeitete er bei der Deutschen Bundesbahn in diesem Bereich. In Allmersbach im Tal baute er 1972 ein Eigenheim.

Günter Wulfs Hobby ist nicht nur das Sammeln von Kunstgussöfen, sondern auch das Kunsthandwerk. Zahlreiche Arbeiten aus den Materialen Kupferdraht und Zinn entstanden in seinem Ruhestand. Auch heute arbeitet er in der Regel noch jeden Tag kunsthandwerklich.

Bekannt ist Günter Wulf auch als Inhaber des Ofenmuseums in Allmersbach im Tal (Im Reutle 46). Die Öffnungszeiten sind Dienstag und Donnerstag von 10 bis 17 Uhr, der Eintritt ist frei. Insbesondere Gruppen können einen Termin auch außerhalb dieser Zeiten unter der Telefonnummer 07191/52542 vereinbaren. Zu sehen sind voll funktionsfähige Kunstgussöfen aus drei Jahrhunderten. Was Wulf und seine Frau Monika auf kleinstem Raum geschaffen haben, ist ein wirkliches Kleinod. Als Wulf schon über hundert Öfen besaß, kam dies auch den Verantwortlichen des Heizungsunternehmens Buderus zu Ohren. Sie machten in Allmersbach im Tal einen Abstecher und übernahmen im Jahr 1991 die gesamte Sammlung für das Zentralheizungsmuseum der Firma. Die Familie Wulf sammelte weiter kunstvolle alte Öfen. Günter und Monika Wulf waren dafür in ganz Deutschland unterwegs. Das eigene Museum wurde aufgebaut. Das private Ofenmuseum und die Baumgalerie wurden im November 1995 eröffnet.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage www.kunstgussofen.com.

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Erstellt:
4. Januar 2019, 06:00 Uhr

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