In den Weiten der Prärie

Christoph Eschenbach dirigiert das SWR-Symphonieorchester

Konzert II - Christoph Eschenbach hat das SWR-Symphonieorchester und die Geigerin Janine Jansen dirigiert.

Die Geigenvirtuosin Janine Jansen ist berühmt für ihre filigrane Ausdruckswelt, nicht für einen großen Ton. Christoph Eschenbach ist ein Dirigent, der die Lautstärke liebt und Zwischentöne gerne überhört. Kann das gut gehen? Leidlich.

Im bejubelten Konzert des SWR-Symphonieorchesters im Beethovensaal, wo die beiden aufeinandertrafen, blieb Jean Sibelius’ Violinkonzert unterbelichtet, weil die Klangbalance zwischen Orchester und Solistin oft einfach nicht stimmen wollte. Magische Momente entstanden vor allem, wenn Jansen aus der Stille heraus Töne wie Seidenfäden sich entspinnen und verdichten ließ. Ihre mit feinsten Nuancen arbeitende Technik bettet das virtuose Material mit Leichtigkeit in die expressive Seelenschau ein. Das eine bedingt das andere: eine der großen Herausforderungen dieses Solokonzerts.

Aber ein weit in den Raum strahlender, brillanter Ton ist ihre Sache nicht. Massiver Körpereinsatz mit fliegender Mähne und ein breites Vibrato im Forte helfen ihr da nicht viel. Und so ist es schnell geschehen: Das Orchester, selbst die kommunikativen Bläsersoli-Einsätze, ist beim Konzert im Beethovensaal oft zu laut, und Jansens Ton wird gedeckelt, wirkt plötzlich klein und metallisch.

Christoph Eschenbachs Liebe zum fetten Klang hatte zuvor schon Carl Maria von Webers Ouvertüre zum „Freischütz“ die geheimnisvolle Wald-Romantik ausgetrieben. Das Pianissimo zu Beginn wirkte aufgesetzt, das Orchester war schon bald im Fortissimobereich angekommen, jede Energie verpufft. Pathos machte sich im Saal breit.

In Antonín Dvoráks neunter Sinfonie „Aus der neuen Welt“ fielen solcherlei Mängel nicht ganz so stark ins Gewicht. Sie ist schließlich ein Ohrwurmbiotop ohnegleichen, eine Selbstläuferin (auch Garantin für ein volles Haus, wie man an diesem Abend wieder sah). Kurz: Ein Repertoirestück, das alle Beteiligten aus dem Ärmel schütteln können. Die vielen dankbaren Bläsersoli sitzen.

Es gibt freilich zwei Arten der Interpretation. Die einen wählen eher zügige Tempi und sorgen durch vorausschauend gestaltete Übergänge für die sinfonische innere Logik. Die anderen, wie Christoph Eschenbach, dirigieren eher im Breitwandsound, reihen die genial erfundenen Melodien aneinander, als wäre das Dazwischen nicht so wichtig. Dem Largo-Satz mit seinem weitgespannten Englischhornsolo (wunderbar: Michael Rosenberg) hätte ein etwas fließenderes Tempo jedenfalls gutgetan.

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Erstellt:
11. Mai 2019, 02:04 Uhr

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