Stuttgarter Kostümdesignerin
Juliane Maier erhält Deutschen Filmpreis für Kostüme in „Cranko“
Juliane Maier hat mit einem Kollegen die Kostüme für das Biopic „Cranko“ gestaltet – und dafür den Deutschen Filmpreis erhalten. Ein Blick auf ihren Weg zum Erfolg.

© Port au Prince Filmverleih
Szene aus dem Kinofilm „Cranko“, für den Juliane Maier mit Christian Röhrs die Kostüme gestaltet hat. Das Foto zeigt Sam Riley in der Rolle des Stuttgarter Ballettdirektors im pinkfarbenen Anzug an der Seite von Elisa Badenes als Marcia Haydée.
Von Andrea Kachelrieß
Die Freude ist groß bei Juliane Maier, endlich kann sie ohne Stress über ihre Arbeit sprechen. Anfang Mai hat die Stuttgarter Kostümdesignerin in Berlin den Deutschen Filmpreis erhalten, ausgezeichnet wurde sie mit ihrem Kollegen Christian Röhrs für das beste Kostümbild, beide haben im Duo den Kinofilm „Cranko“ eingekleidet. „Vor Lampenfieber konnte ich schon Wochen davor kaum schlafen“, sagt sie.
Jetzt sitzt sie im Teehaus-Garten; das strahlende Wetter passt perfekt zu ihrer Stimmung; doch da ist auch ein Wölkchen am Horizont. „Viele sagen: Du hast ja einen Traumberuf! Nein, es ist ein knallharter Knochenjob“, sagt Juliane Maier. Shoppen gehen, mit Filmstars während der Anproben plaudern? Im Gespräch mit der 51-Jährigen wird schnell klar, dass ihr Alltag anders aussieht.
„Jeder Film und jedes Kostümbild ist wie ein Umzug. Man richtet Räume komplett neu ein, stattet ein neues Leben aus, um nach zwei bis drei Monaten alles wieder einzupacken“, sagt Juliane Maier. Hinzu kommt, dass sie meist unter Zeitdruck arbeitet, für „Cranko“ mussten zwei Monate Vorbereitungszeit reichen, um eine Fülle an historischen Kostümen herbeizuzaubern. „Das ist leider oft so beim deutschen Film, dass Fördergelder sehr knapp bewilligt werden“, sagt Juliane Maier. „Dann muss alles schnell gehen.“
Joachim A. Langs Spielfilm „Cranko“ sei zum Beispiel erst kurz vor Drehbeginn und nur dank der Beharrlichkeit der Ko-Produzentin Sandra Maria Dujmovic der Sprung von der TV- zur Kinoproduktion gelungen, erläutert Juliane Maier. Für ihre Arbeit mache das Format aber keinen Unterschied, sagt sie: „Ich bin Perfektionistin; die erfüllendste Zusammenarbeit ist mit den Kollegen, die wissen, was das kleinste Detail bedeutet.“
Schon als Kind nähte sie Puppenkleider
Die Liebe zum Kostüm sei ihr in die Wiege gelegt worden, erklärt Juliane Maier ihre Berufswahl: „Schon als Kind habe ich aus Stoffresten meiner Mutter Kleider für Puppen genäht oder aus Spitzentüchern gebastelt. Das, was ich am besten konnte, hat sich ganz natürlich zu meinem Beruf entwickelt“, sagt sie. Nach dem Mode-Studium entschied sie sich bewusst für die Filmbranche, an fast 50 Produktionen war sie bislang beteiligt. „Ich schätze an meinem Beruf, wie schon in der Vorbereitung verschiedene Gewerke zusammenkommen. Alle entwickeln gemeinsam ein visuelles Konzept“, sagt sie begeistert über ihre Arbeit.
Wie die Stimmung einer Zeit transportiert werden kann, zeigt „Cranko“ eindrucksvoll und macht den extravaganten Geschmack des Choreografen und seiner Stars in Farbe erlebbar. Für die Kostümdesignerin ist jede Filmpremiere ein besonderer Moment. „Das ist sehr schön, wenn man die Ernte einfahren darf“, sagt Juliane Maier, um am Beispiel von „Cranko“ auch von der Mühe des Säens zu berichten.
Filmbudgets sind knapp kalkuliert
Nach der Recherche im Staatsarchiv in Ludwigsburg und im Gespräch mit Zeitzeugen hat sie wie auch Christian Röhrs einen Fundus nach dem anderen durchstöbert, hat in Second-Hand-Läden und im Internet gesucht - und ist zuletzt auch in Stuttgart fündig geworden. „Viele unserer Haydée-Kostüme, die die wundervolle Elisa Badenes im Film trägt, fanden wir beim Kostümverleih ,gewand’ im Westen“, sagt Juliane Maier.
Weil Filmbudgets in Deutschland knapp kalkuliert sind, ist das Leihen von Kostümen die erste Wahl. Nur Crankos Anzug im Pepita-Muster stellte Juliane Maier vor Probleme. „Alles, was wir fanden, fiel beim Flimmertest durch“, sagt sie. Auch die Suche nach einem geeigneten Stoff, um das gute Teil letztendlich nähen zu lassen, war schwierig – fündig wurde sie quasi vor der Haustür. „Der Haute Couture-Schneider Bonny Afani, der viele ,Cranko‘-Kostüme auf das Maß der Tänzer anpasste, machte mich auf die Stoffe im Kurzwarenladen Berger gegenüber seinem damaligen Atelier in der Calwer Straße aufmerksam.“ Tatsächlich fand sich dort ein passender Wollstoff. „Der Anzug wurde gerade noch rechtzeitig fertig und reiste per Express zum Drehstart“, erzählt Juliane Maier.
Die Mutter zweier Kinder arbeitet oft im Duo
Dass wegen zusätzlich aufgetaner Fördermitteln aus NRW für „Cranko“ zuerst in Köln gedreht wurde, kam der Stuttgarter Kostümdesignerin nicht unbedingt entgegen. Ihre Anwesenheit am Set ist notwendig, um Wirkung und Sitz der Kleider zu kontrollieren, doch als Mutter zweier neun- und sieben Jahre alter Kinder ist sie auch zu Hause gefordert. „Ich bin so dankbar, wenn ich in der Nähe arbeiten kann, denn es ist unglaublich schwer, Familie und freiberufliche Tätigkeit unter einen Hut zu bringen“, sagt sie und fügt an: „Seit ich Mutter bin, arbeite ich oft im Duo, um nicht an jedem Drehtag vor Ort sein zu müssen.“ Nicht nur deshalb freut sie sich auf ihre nächste Produktion – ein Stuttgart-Tatort unter der Regie von Dietrich Brüggemann, mit dem sie bereits häufiger zusammengearbeitet hat.
Info
KünstlerinJuliane Maier wurde 1974 in Ulm geboren. 2000 machte sie sich als Kostümdesignerin in Berlin selbstständig. Sie hat viele TV- und Kinoproduktionen ausgestattet. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie in Sonnenberg.
Fundus Andere haben einen Koffer in Berlin, Juliane Maier lagert in einem Atelier in Weißensee rund 3000 Kostüme. „Als junge Designerin war Berlin für mich eine faszinierende Stadt, sie bot viel und günstigen Raum“, sagt die 51-Jährige, die mit ihrem Fundus bereits fünf Mal umziehen musste.
SucheFür die Recherche zu „Cranko“ hat Juliane Maier viel Zeit im Staatsarchiv in Ludwigsburg verbracht, dort lagern die Sammlungen von Waltraud Riexinger und Klaus Mocha. Ringelsocken an Crankos Füßen, schicke Schals an Marcia Haydées Hals, Richard Craguns Begeisterung für Strickanzüge oder die Ray Barras für Matrosen-Shirts hat die Designerin so entdeckt.