Kayla Shyx über ihr Album
Wie Lana Del Rey
Kayla Shyx hat schon oft für Schlagzeilen gesorgt – jetzt startet sie als poetische Sängerin durch.

© Jive / Sony Music
Kayla Shyx
Von Steffen Rüth
Der Weiße Elefant im Raum beim Gespräch mit Kayla Shyx ist riesig. Keinesfalls, so wird einem eingeimpft, werde sich die Künstlerin zu dem 36-minütigen Video „Was wirklich bei Rammstein-Afterpartys passiert“ äußern, in dem sie 2023 über Missbrauchsvorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann sprach. Kayla Shyx möchte nun andere Themen setzen – mit ihrem Album „Sad Girl Summer“, das nach Lana Del Rey klingt.
Frau Shyx, Sie sind vor drei Jahren von Berlin nach Amsterdam gezogen. Weshalb?
Ich war mit 18 das erste Mal in Amsterdam und hatte dort sofort so ein Gefühl von Heimat. Als ich merkte, es ist an der Zeit, Berlin zu verlassen, musste ich nicht lange überlegen, wo ich hinwollte. Amsterdam ist in Sachen Progressivität und Infrastruktur mit Berlin vergleichbar, ich erlebe dort keinen Kulturschock. Trotzdem ist es etwas ganz anderes.
Können Sie Niederländisch?
Nein, in Amsterdam spricht eh jeder Englisch.
Sie singen allerdings auf Deutsch.
Das ist richtig. Deutsch ist nach Polnisch meine zweite Muttersprache, mein gesamter Online-Content ist auf Deutsch, und ich hätte es etwas prätentiös gefunden, plötzlich in englischer Sprache zu singen. Außerdem drücke ich ja auch meine Gefühle und Gedanken auf Deutsch aus, deshalb fühlt sich das für mich authentischer an.
Stammen Ihre Eltern beide aus Polen?
Ja. Ich bin aber in Berlin geboren und aufgewachsen und habe Deutsch im Kindergarten gelernt.
Polen, Deutschland, Holland – ganz schön international.
(lacht): Oh ja, ich bin multikulturell. Von der Energie her allerdings eher Polnisch als Deutsch, weil ich von einer Polin in einem polnischen Haushalt erzogen wurde. Deshalb tue ich mich schwer damit zu sagen, ich sei Deutsche, wenn mich die Leute fragen, woher ich komme.
Was unterscheidet denn die polnische von der deutschen Mentalität?
Politisch sind die Polen etwas konservativer, aber zueinander sind sie irgendwie sehr herzlich, warm und gastfreundlich. Die Leute sind offener. Wenn ich in Polen ausgehe oder auch nur einen Spaziergang mache, komme ich gleich mit Menschen ins Gespräch. Das ist in Berlin nicht unbedingt so. In Polen helfen sich alle, während ich in Berlin oft denke, dass sich nicht mal Freunde unterstützen. Und wenn du in Polen mit jemandem zusammen bist, dann ist es ganz normal, dass du dich direkt mit der gesamten Familie anfreundest. In Deutschland gucken die Jungs erst mal komisch, wenn du sagst, du würdest gern die Eltern kennenlernen (lacht).
Musik ist verbindend.
Absolut. Mit meinen Songs kann ich die Menschen zusammenbringen, und ihnen nahekommen, ohne direkt so extrem persönlich werden zu müssen. Wenn ich mich selbst zu einer Künstlerin oder einem Künstler hingezogen fühle, dann spüre ich etwas sehr Tiefes, so ein richtiges Gefühl des Zusammengehörens.
Wann haben Sie sich bereit gefühlt, selbst Musik zu veröffentlichen?
Ich glaube, diesen Impuls zu denken „Jetzt bin ich so weit“, den gibt es immer noch nicht. Ich mache das halt jetzt einfach. Auch weil ich glaube, dass ich es machen muss. Ich dachte am Anfang, ich sei die Einzige, die sich fragt, was sie da eigentlich für einen Quatsch macht, aber inzwischen habe ich von vielen anderen Künstlern erfahren, dass es denen genauso geht. Es dauert, bis man sich selbst und seiner Kunst wirklich vertraut.
Entscheidet der Erfolg, ob man seinen Platz verdient hat?
Der Gedanke liegt nahe, ist jedoch ein Trugschluss. Wenn die Kunst von dir kommt und dein eigenes Ding ist, dann braucht sie keine Daseinsberechtigung von außen. Wenn mehr und mehr Leute gern hören, wie ich mich ausdrücke und was mich bewegt, ist es natürlich umso schöner.
Ihr Album stellt Fragen über das Erwachsenwerden. Ist Erwachsenwerden schwer?
Teilweise ist es schlimmer als ich dachte. Vielleicht hatte ich es auch unterschätzt. Diese ganzen ersten Erfahrungen habe ich teilweise als überfordernd wahrgenommen. Und irgendwie versuche ich jetzt, mich in dieser neuen Realität zurechtzufinden.
Gab es einen konkreten „Sad Girl Summer“? Oder sind alle Sommer traurig?
(lacht) Stimmt schon, irgendwo ist jeder Sommer ein Sad Girl Summer. Aber der Original-Sad-Girl-Summer, der war 2021. Viele der Erfahrungen, über die ich auf dem Album spreche, habe ich in dieser Zeit gemacht, der Liebeskummer und die Selbstfindungsschmerzen damals waren sehr prägend. Wenn dann der zweite Sad Girl Summer kommt, kennt man schon einiges und ist ein bisschen besser vorbereitet.
Kommt mal ein Happy Girl Summer?
Ich könnte definitiv einen glücklichen, unbeschwerten Sommer gebrauchen, mein Leben einfach mal nur zu genießen. Aber es ist noch zu früh, um einschätzen zu können, wie der Sommer wird.
Sie leben von Ihrer Kunst ja schon, seit Sie 15 sind. Sind Sie durch Ihre Schauspielarbeit früher erwachsen geworden als Ihre Freundinnen?
Hundertprozentig. Wenn ich mit Gleichaltrigen zusammen bin, fühle ich mich oft wie eine alte Seele. Verrückterweise aber fange ich in den letzten zwei Jahren wieder an, mich jünger zu fühlen – ich merke, krass, so erwachsen bin ich ja noch gar nicht.
Karriere Kayla Shyx, vor 23 Jahren in Berlin als Kaya Loska zur Welt gekommen und schon mit 16 als Bewohnerin der „Mädchen-WG“ im Kika, später mit der Webserie „Krass Klassenfahrt“ und einem eigenen Youtube-Kanal erfolgreich, war 2023 wegen ihren Aussagen zum Fall Rammstein in den Schlagzeilen. Sie ist außerdem Schauspielerin, Webvideoproduzentin und Modedesignerin. Nun möchte sie andere Schwerpunkte setzen – als Musikerin.
Album/Tour Ihr Album, „Sad Girl Summer“ ist bei Jive Records erschienen. Anfang 2026 geht Kayla Shyx auf Deutschland-Tour.