Zahme Löwen und wilde Adler

Die Ausstellung „Tierisch! Begleitend“ im Riecker-Raum des Helferhauses widmet sich der Beziehung zwischen Mensch und Tier

Im Riecker-Raum des städtischen Graphik-Kabinetts dreht sich in diesem Jahr alles um das Tier beziehungsweise Tierdarstellungen. In drei kleinen Kabinettschauen sind Druckgrafiken aus der Ernst-Riecker-Sammlung zu diesem Thema zu sehen. Eröffnet wurde die Reihe am Samstag mit der Ausstellung „Tierisch! Begleitend“ mit Exponaten aus dem 16. Jahrhundert.

Der Kupferstich „Die Stärke“ von Marco Dente, genannt Marco da Ravenna, um 1520 ist eines der Ausstellungsstücke in „Tierisch! Begleitend“ im Riecker-Raum im Helferhaus. Foto: P. Wolf

© Peter Wolf

Der Kupferstich „Die Stärke“ von Marco Dente, genannt Marco da Ravenna, um 1520 ist eines der Ausstellungsstücke in „Tierisch! Begleitend“ im Riecker-Raum im Helferhaus. Foto: P. Wolf

Von Claudia Ackermann

BACKNANG. „Über Tierbilder zu sprechen, bedeutet stets über das Menschenbild zu sprechen. Und damit über die Frage des Weltbilds“, so die Leiterin des Graphik-Kabinetts, Celia Haller-Klingler, die die Ausstellung konzipiert hat und eine Einführung bei der Vernissage hielt. Grußworte sprach Martin Schick, Kultur- und Sportamtsleiter der Stadt Backnang, im gut besuchten Foyer des Helferhauses. Bereits seit 2001 gibt es in Abständen Ausstellungen der Druckgrafiken aus der Ernst-Riecker-Sammlung, die der nach Amerika ausgewanderte Backnanger Apotheker zusammengetragen und vor 100 Jahren der Stadt Backnang gestiftet hat. In diesem Jahr werden jedoch erstmals ständig Exponate im dafür eingerichteten Riecker-Raum zu sehen sein. Auf den Auftakt „Tierisch! Begleitend“ folgen mit kurzen Umbaupausen die Ausstellungen „Fabelhaft“ und „Mit Haut und Haar“. Die Druckgrafiken werden ergänzt durch eigens für die Ausstellung geschaffene Mensch-Tier-Paare aus Papier von der Marbacher Künstlerin Cäcilie Davidis.

Celia Haller-Klingler ging auf die Rolle des Tiers in der Kunstgeschichte ein. „In der frühen Kunst wird das Tier in erster Linie als Träger einzelner menschlicher Charakterzüge beziehungsweise als ikonografische Ergänzung des Menschen verstanden und mit religiösen und göttlichen Themen verbunden. Im frühen Christentum verwendeten bereits die ersten Christen Tiere als Symbole“, führte sie aus. Neben unterschiedlichen Pflanzen beleben zahlreiche Tiere biblische Darstellungen im Mittelalter. „Aber alle Beigaben auf einem Bild christlichen Inhalts haben etwas zu sagen.“ In der Ausstellung wird nun vom Tier ausgegangen, das neben dem Menschen dargestellt ist – ihn vermeintlich begleitet.

Für die beiden Ausstellungsräume hat Celia Haller-Klingler zwölf druckgrafische Exponate aus der 1611 Blätter umfassenden Riecker-Sammlung ausgewählt und durch schriftliche Erläuterungen ergänzt. Da ist etwa der Kupferstich „Die Stärke“ von Marco Dente, genannt Marco da Ravenna, aus dem Jahr 1520 zu sehen, der eine Frauenfigur mit Löwe vor einer bergigen Landschaft zeigt. Dem Löwen hat sie Zaumzeug angelegt und bewegt sich auf züngelnde Flammen zu. Ihr Finger zeigt auf den Bereich hinter den Flammen, den sie erreichen will. „Aufgrund der Bändigung des Tiers wird die Frau als Allegorie der Stärke und Durchsetzungskraft interpretiert“, wird im Begleittext erläutert.

Der niederländische Kupferstecher Jan Saenredam ordnet auf dem Bild „Pallas Athene“ aus dem Jahr 1590 der griechischen Göttin der Weisheit eine Eule zu als Sinnbild der Weisheit. Beim Kupferstich „Jupiter und Juno“ von Robert Willemsz de Badous von 1615 geht es um eine Diskussion über die Liebe, bei der Tiersymbole den Ausgang vorwegnehmen, erklärt der Text. Dem obersten römischen Gott Jupiter wird ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen als König der Vögel zugewiesen. Von einem Pfauenpaar wird die Göttin Juno begleitet. Kupferstiche, Holzschnitte und Radierungen von Lucas Cranach, Albrecht Dürer, Lucas van Leyden, Heinrich Aldegrever, Georg Pencz, Matthias Zündt und den Gebrüdern Beham sind ausgestellt, auf denen jeweils Tiere eine Bedeutung haben.

Begleitend hat sich die Künstlerin Cäcilie Davidis mit dem Thema Mensch und Tier in zwei Figurengruppen aus Papier auseinandergesetzt. „Von gleich zu gleich“ ist der Titel einer Arbeit mit einem Mensch und einem Pferd, bei der es um Selbstbehauptung und Charakterstärke geht. Bei „Zwischenposition“ hat sie eine Frau zwischen zwei Schlangen positioniert. Empfindet sie die Situation als bedrohlich oder lässt sie sich bezirzen? Alle Kabinettswechsel dieses Jahres wird die Künstlerin ergänzend begleiten.

Die Ausstellung „Tierisch! Begleitend“ ist noch bis zum 2. Juni im Helferhaus, Petrus-Jacobi-Weg 5, zu sehen. Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr.

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Erstellt:
11. Februar 2019, 06:00 Uhr

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