Backnangs Wirtschaftsförderer Matthias Friedrich geht nach sechs Wochen

Der Leiter der Stabsstelle Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung kehrt der Stadt noch in der Probezeit wieder den Rücken. Trotz der überraschenden Wendung bleibt es bei der zuvor geänderten Verwaltungsstruktur.

Bereits schon wieder Vergangenheit: Matthias Friedrich als Stadtmarketingchef in Backnang. Vor kurzem schwärmte er noch von der Backnanger Innenstadt. Nun müssen andere deren Vorzüge nach außen tragen. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Bereits schon wieder Vergangenheit: Matthias Friedrich als Stadtmarketingchef in Backnang. Vor kurzem schwärmte er noch von der Backnanger Innenstadt. Nun müssen andere deren Vorzüge nach außen tragen. Foto: Tobias Sellmaier

Von Matthias Nothstein

Backnang. Es war ein Paukenschlag in der Backnanger Stadtverwaltung. Der neue Leiter der gemeinsamen Stabsstelle Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung, Matthias Friedrich, hat nach nur sechs Wochen noch in der Probezeit das Handtuch geworfen. Welche Gründe den 38-Jährigen dazu bewogen haben? Keiner weiß es oder will darüber sprechen. Die Pressestelle der Stadt schreibt auf Nachfrage lediglich ganz nüchtern: „Matthias Friedrich hat auf eigenen Wunsch die Stadtverwaltung innerhalb der Probezeit verlassen.“

Und dabei hätte alles wieder gut werden können. Denn es war vonseiten der Stadt geplant, die strukturellen Fehler der Vergangenheit auszumerzen. So sollte Matthias Friedrich im Auftrag der Stadt die Backnanger Händlerschaft unterstützen, und zwar als Leiter der gemeinsamen Stabsstelle Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung. Und das Thema sollte – im Gegensatz zu den letzten Amtsmonaten von Ex-Oberbürgermeister Frank Nopper – in Zukunft wieder direkt beim Backnanger Oberbürgermeister angesiedelt sein.

Zur Erinnerung: Der frühere OB Frank Nopper hatte Simon Köder und Nadine Thoman als Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Stadtmarketings vom Rathaus ins Kulturamt verbannt. Eine Aktion, die bei den Backnanger Händlern für Kopfschütteln sorgte. Zumal nach dem baldigen Abschied und Wechsel von Köder und Thoman die Geschäftsstelle ein Jahr lang verwaist war. Sigrid Göttlich, die Vorsitzende des Stadtmarketingvereins, nennt die Konsequenzen deutlich beim Namen: „Wir hatten zuletzt den Zugang zur Verwaltung verloren.“

Matthias Friedrich war zuletzt in ähnlicher Funktion in Sachsenheim tätig

Umso größer war im Sommer die Freude, als mit Matthias Friedrich der anscheinend richtige neue Mann für die gemeinsame Stabsstelle gefunden werden konnte. So wollte man meinen. Der neue Stabsstellenleiter war vom Fach. Er hatte zuletzt erfolgreich als Sachgebietsleiter für Wirtschaftsförderung und Tourismus bei der Stadt Sachsenheim im Landkreis Ludwigsburg gewirkt. Als der studierte Geograf zum 1. Oktober die ganz ähnliche Aufgabe im rund doppelt so großen Backnang übernahm, hatte insbesondere die Backnanger Händlerschaft mit diesem Amtsantritt große Hoffnungen verbunden.

Lob gab es auch für Noppers Nachfolger Maximilian Friedrich, der die Auslagerung des Stadtmarketings wieder rückgängig gemacht hatte. So freute sich Göttlich: „Es ist wichtig, dass dieses Thema nun wieder im Rathaus verankert ist, denn dort gehört es auch hin.“

Zum Team der Stabsstelle gehörten neben Matthias Friedrich noch der Wirtschaftsbeauftragte Reiner Gauger und die beiden Verwaltungsangestellten Jennifer Studzinski und Anne-Claire Sana, die sich seither schwerpunktmäßig um die Betreuung der 135 Mitgliedsbetriebe des Stadtmarketingvereins kümmern. Auch die Organisation von Veranstaltungen wie Tulpenfrühling und Gänsemarkt gehört zu ihren Aufgaben, wobei das Stadtmarketing hier weiterhin auf die Unterstützung des Festivalbüros im Kulturamt zählen kann.

Wie geht es bei der Wirtschaftsförderung nun weiter?

Und nun? Wird die eben erst geänderte Struktur nach der Blitzkündigung wieder über den Haufen geworfen? Die Antwort der Stadt ist klar: „Das Ausscheiden von Herrn Friedrich hat keine Auswirkungen auf die Verwaltungsstruktur. Die Stabsstelle Wirtschaftsförderung/Stadtmarketing ist weiterhin direkt bei Oberbürgermeister Maximilian Friedrich angesiedelt. Während der Vakanz wird die Wirtschaftsförderung stellvertretend durch unseren Wirtschaftsbeauftragten Rainer Gauger bearbeitet. Der Bereich Stadtmarketing wird übergangsweise wieder durch das Kultur- und Sportamt geleitet.“

Vermutlich wird es nicht einfach werden, einen neuen geeigneten Kandidaten für den nun erneut vakanten Posten zu finden. Zumindest waren vor Jahresfrist mehrere Anläufe nötig, bis die Stelle besetzt werden konnte. Nun schreibt der städtische Pressesprecher Christian Nathan: „Das Stellenbesetzungsverfahren wird vorab mit dem Gemeinderat und dem Stadtmarketingverein intensiv abgestimmt und dementsprechend eine Ausschreibung durchgeführt.“

Die Enttäuschung ist groß

Die Enttäuschung über das Ende Friedrichs in der Probezeit ist auch Martin Windmüller deutlich anzumerken. Der Vorstand des Stadtmarketingvereins Backnang und Sprecher der Geschäftsleute erklärte: „Ich bedauere die Entscheidung Friedrichs, ohne Details zu kennen.“ Windmüller hatte in der kurzen gemeinsamen Zeit nur drei Treffen mit Friedrich, die jedoch alle zu seiner Zufriedenheit ausgefallen sind. Bei einem Kontakt ging es um die Gründung eines Arbeitskreises zum Thema Grabenstraße. Der neue Stabsstellenleiter wollte alle Gewerbetreibenden, Immobilienbesitzer, Anwohner und die Fraktionen in einen Entscheidungsprozess miteinbinden. Auch habe Friedrich bereits eine Vorstandssitzung des Stadtmarketingvereins geleitet. „Das hat er sehr gut gemacht. Ich hatte einen sehr guten Eindruck von Friedrich, die Nachricht von seinem Abgang hat mich aus heiterem Himmel getroffen.“ Ebenso äußerte sich Sigrid Göttlich. Noch bei der jüngsten Sitzung des Stadtmarketings habe man neue Fotos mit Friedrich für die Homepage gemacht. „Ich hatte seine Bewerbung gelesen und habe seine Bewerbungsrede gehört; das hat gepasst“, so Göttlich. Bei den ersten Absprachen habe sie Friedrich als „rührig“ erlebt. Besonders habe sie sich darüber gefreut, dass er die Innenstadt als Juwel bezeichnet hatte. Das sei nämlich auch ihre Meinung.

Kommentar
Ein Anpacker gesucht

Von Matthias Nothstein

Den Grund für die unerwartete Vertragsauflösung zur Probezeit kann wohl nur Matthias Friedrich selbst nennen. Den Außenstehenden hingegen bleiben nur Vermutungen. War es die große tägliche Fahrtstrecke von Renningen nach Backnang, die den 38-Jährigen abgeschreckt hat? Oder hatte er sich die Aufgabe zu leicht vorgestellt? Einige Indizien sprechen für Letzteres. Wenn er zum Beispiel von sich selbst sagt, dass er Backnang nicht gekannt hatte, bevor er sich bewarb. Und Aussagen wie „die Backnanger Innenstadt ist ein Juwel, so etwas haben nicht viele Städte“ oder „die Fußgängerzone ist belebt, es gibt noch viele Fachhändler und weniger Ketten als anderswo“ hören zwar die Einheimischen gerne, aber sie verkennen die Tatsache, dass die Aufgabe für den hiesigen Stadtmarketingchef angesichts etlicher Leerstände riesig ist. Es gibt viel zu tun. Gesucht wird nun ein Anpacker und keiner, der die Flinte beim erstbesten Problem ins Korn wirft.

m.nothstein@bkz.de

Zum Artikel

Erstellt:
8. Dezember 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!
Die Mitarbeiter der Stadt sind im Dauereinsatz, um rund um die Container wenigstens das Gröbste aufzuräumen.Archivfoto: Edgar Layher
Top

Stadt & Kreis

Mehr Container in Backnang für Altglas und Papier

Die Zahl der Recyclingcontainer steigt im Backnanger Stadtgebiet auf insgesamt 210. Neue Standorte gibt es im Aurelis-Areal, an der Oberen Bahnhofstraße oder an der Manfred-von-Ardenne-Allee. Gleichzeitig fallen aber intensiv genutzte Standorte weg, etwa beim Wasserturm.

Stadt & Kreis

Cyberkriminalität und Gewalt nehmen im Raum Backnang zu

Die Kriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums Aalen verzeichnet für 2023 steigende Fallzahlen in fast allen Bereichen. Teilweise sei dies eine Normalisierung gegenüber den Pandemiejahren, doch Polizeipräsident Reiner Möller sieht auch Anzeichen von Verrohung in der Gesellschaft.