Charlotte Obertreis spielt mit der Unschärfe
Instagram-Übernahme Seit der 8. Klasse setzt sich Charlotte Obertreis intensiv mit dem Thema Fotografie auseinander. Inzwischen nimmt sie auch Auftragsarbeiten an. An diesem Wochenende werden ihre Bilder auf dem Instagram-Kanal der BKZ zu sehen sein.

© Charlotte Obertreis
Das Foto des Wegs, der im Nebel verschwindet, liebe sie sehr, sagt Charlotte Obertreis: „Der Weg lässt viele Möglichkeiten offen für eigene Gedanken und Gefühle. Ich habe zwar nicht nur ein einziges Lieblingsbild, dieses ist aber sicher eins meiner allerliebsten.“ Foto: Charlotte Obertreis
Von Melanie Maier
Althütte. Als sie noch ein Kind war, lieh Charlotte Obertreis sich immer wieder die Kamera ihrer Mutter aus, um die Tiere in ihrer Nähe zu fotografieren. Die eigenen Katzen und Kaninchen, die Nachbarshunde. In der 8. Klasse begann die heute 20-Jährige aus Althütte-Waldenweiler sodann, sich intensiver mit dem Thema Fotografie zu beschäftigen.
Die Achtklässlerinnen und Achtklässler der Waldorfschulen widmen ihre Jahresarbeit klassischerweise einem bestimmten Projekt, das sie frei wählen dürfen. Charlotte Obertreis entschied sich dafür, Menschen mit ihren Haustieren zu fotografieren. Welche Konsequenzen das haben sollte, ahnte sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. „Davor war ich superschüchtern“, erzählt sie. „Das hat sich dadurch ein bisschen verändert.“ Die junge Fotografin empfand es als eine Bereicherung, neue Menschen über ihr Hobby kennenzulernen. Das Geld, das sie durch die Bilder einnahm, spendete sie an die Rettungshundestaffel des Deutschen Roten Kreuzes und an das Hospiz Sternentraum in Backnang.
Besondere Familienporträts im Hospiz aufgenommen
So kam sie dazu, ehrenamtlich für das Kinder- und Jugendhospiz zu fotografieren. Dabei sind viele intime und sehr besondere Familienporträts entstanden. „Das ist eine ganz andere Art der Fotografie“, berichtet Charlotte Obertreis, „weil es sehr schnell zu einer großen Offenheit kommt.“
Parallel dazu bekam sie mehr und mehr Auftragsarbeiten angeboten, darunter auch Familienfeiern wie Taufen oder Hochzeiten. „Das mache ich aber relativ wenig, weil der Aufwand sehr groß ist und der zeitliche Rahmen eng“, sagt sie. „Ich mag es, ohne Zeitdruck zu fotografieren.“
Denn Zeit hat sie momentan eher wenig zur Verfügung. Im vergangenen Jahr hat sie die Schule mit dem Abitur abgeschlossen. Seit November absolviert sie ein Freiwilliges Soziales Jahr am Kinder- und Jugendhospiz in Stuttgart. Eineinhalb Stunden pendelt sie täglich dorthin. In ihrer Freizeit spielt sie außerdem Cello und Klavier, zweimal in der Woche geht sie reiten. „Noch mehr passt aktuell nicht in meinem Zeitplan“, sagt sie. Bis auf die Fotografie selbstverständlich.
Am liebsten fotografiert Obertreis in der Natur
Am liebsten nimmt Charlotte Obertreis ihre Kamera nach wie vor mit in die Natur und sucht zwischen Bäumen und Wiesen nach den schönsten Motiven. Von dem Haus ihrer Eltern in Althütte-Waldenweiler sind es zu Fuß nur fünf Minuten in den Wald. „Dort bin ich in meinem Element“, sagt sie. Aber auch Tiere fotografiert sie noch immer gerne. „Unsere Katzen sind das schon gewohnt“, sagt sie. „Die kriegen dann immer Leckerlis und freuen sich sehr über die Bestechung.“

Charlotte Obertreis fotografiert mit einer Canon EOS R7. Foto: Dominik Obertreis
Die 20-Jährige nutzt eine Canon EOS R7, eine spiegellose Systemkamera. Diese bestückt sie meist mit einem ihrer beiden liebsten Objektive: eins mit 135-Millimeter- und eins mit 35-Millimeter-Brennweite, mit dem sie vor allem innen fotografiert. „Das macht wie das 135-Millimeter-Objektiv ein schönes Bokeh (Anm. d. Red.: Japanisch für Unschärfe), bietet aber die Möglichkeit, die Landschaft noch mehr ins Bild einzubeziehen“, erklärt sie. „98 Prozent meiner Bilder sind eigentlich Unschärfe.“
Ihre Fotos bearbeitet Charlotte Obertreis mit Adobe Photoshop. Eine Standardvorgehensweise hat sie dabei aber nicht. „Das ist bei mir eher Gefühlssache, ich gehe intuitiv vor.“ Das Ergebnis sind helle Bilder, die möglichst natürlich wirken sollen. „Ich muss aber auch sagen, dass ich ziemlich privilegiert bin“, fügt sie hinzu. „Mein Vater ist Fotoreporter, ich konnte von Anfang an von seinem Wissen und seiner Ausrüstung profitieren. Und meine Mutter ist Grafikdesignerin. Sie hat mir gezeigt, wie ich mit Photoshop umgehen kann. Ich musste mir nicht viel selbst erarbeiten.“
Blende-Wettbewerb: Bundesweit auf dem ersten Platz gelandet
Auf den Blende-Wettbewerb, an dem sich auch unsere Zeitung beteiligt, machte sie die Mutter einer Freundin aufmerksam. 2019 nahm sie zum ersten Mal daran teil – und belegte mit ihrem Foto „Glücklich ist, wer das Leben in Farben genießt“ prompt den ersten Platz beim bundesweiten Endausscheid. Das Bild zeigt ein sichtlich gut gelauntes kleines Mädchen, das mit vier bunten Luftballons in der Hand einen Feldweg entlangschreitet. Als Preis erhielt sie ein „richtiges tolles Objektiv, das mich bis heute begleitet“ und eine Seminarwoche auf Sylt. Das habe ihre Art zu fotografieren nochmals stark beeinflusst, sagt Charlotte Obertreis. „Davor wollte ich einfach nur schöne Bilder machen und Menschen damit glücklich machen. Beim Seminar habe ich gelernt, auch nach dem Warum zu fragen. Es hatte einen künstlerischen, fast schon poetischen Anspruch. Unsere erste Aufgabe lautete, das Nichts zu fotografieren.“
Durch die Teilnahme an dem Seminar qualifizierte sich die damals 17-Jährige für ein schulbegleitendes Stipendium der Akademie „WennHeldenReisen“, das zwei Jahre dauerte. Die anderen Kursteilnehmer, sagt sie, waren fast alle deutlich älter als sie. „Tendenziell über 50, eher über 70.“ Sie alle wurden von einem Coach begleitet und mussten regelmäßig Seminararbeiten abgeben. Auch dadurch habe sich ihre Fotografie noch einmal weiterentwickelt.
Freundliche Aufnahmen bei der Instagram-Übernahme
Beim Blende-Wettbewerb hat sie seither jedes Jahr teilgenommen. Und so gut wie immer einen der vorderen Plätze bei der Prämierung der BKZ belegt. Auch 2022 erreichte sie mit ihrem Bild „Tropfen voller Glück“ in der Kategorie Makrofotografie den zweiten Platz. Am schwersten falle ihr stets die Auswahl der Fotos, teilt sie mit. „Da frage ich mich immer: Welches dieser 150000 Bilder passt jetzt am besten?“
Ähnlich erging es Charlotte Obertreis nun mit der Instagram-Übernahme. „Leicht war es nicht, aber ich habe es geschafft, mich zu entscheiden“, sagt sie und lacht. Was die BKZ-Followerinnen und -Follower erwartet? Helle, freundliche Aufnahmen von Menschen und Tieren in der Natur mit besonderer Lichtstimmung – und natürlich ganz viel Unschärfe.
Die Aktion Bei unserer Aktion „Instagram-Übernahme“ stellen unsere Zeitungsfotografen sowie Preisträgerinnen und Preisträger des Blende-Wettbewerbs jeweils an einem Wochenende bis zu zehn ihrer liebsten Fotos aus der Region auf unserer Instagram-Seite @backnanger_kreiszeitung vor. An diesem Wochenende geht es mit den Bildern von Charlotte Obertreis weiter.