Der Bändiger des Kabelsalats

Thomas Leuprecht hat ein Gehäuse für Mini-PCs entwickelt, das Geräte auch vor Dieben schützt – Auf Erfindermesse ausgezeichnet

Thomas Leuprecht hat in seinem Berufsalltag jede Menge Berührungspunkte mit Hard- und Software. Der Sulzbacher ist Netzwerkadministrator und betreut im Nebengewerbe zudem private Kunden. Schritt für Schritt tastet er sich dann aber auch an eine eigene Entwicklung heran – ein Gehäuse für die Schrumpfvariante des Computers, den Mini-PC, das hinter dem Bildschirm seinen Platz findet, die Kabel im Griff hat und gegen Diebstahl gesichert ist. Bei der Erfindermesse iENA wurde er nun ausgezeichnet.

Thomas Leuprecht (links) zeigt mit seinem Sohn Janne (rechts) den Unterschied: Der Bildschirm rechts ist mit seinem „Mini-PC Cable-Caddy“ ausgestattet und die Kabel sind im Gehäuse aufgeräumt – ganz anders als beim Monitor oben links mit dem üblichen Kabelsalat. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Thomas Leuprecht (links) zeigt mit seinem Sohn Janne (rechts) den Unterschied: Der Bildschirm rechts ist mit seinem „Mini-PC Cable-Caddy“ ausgestattet und die Kabel sind im Gehäuse aufgeräumt – ganz anders als beim Monitor oben links mit dem üblichen Kabelsalat. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

SULZBACH AN DER MURR. Eigentlich hat alles damit angefangen, dass Thomas Leuprecht im Alltag immer wieder auf das stieß, was man salopp als Kabelsalat bezeichnen könnte. Als erfahrener Netzwerkadministrator kämpft er damit nicht nur im beruflichen Umfeld, auch beim privaten Gang durch die Ausstellungsräume eines Möbelhauses oder in der Arztpraxis fällt ihm das übliche Chaos der Verbindungen zwischen Computer, Bildschirm und Steckdose sofort ins Auge. Als er sich selbst vor rund fünf Jahren einen Mini-PC anschafft, ihn platzsparend hinter dem Bildschirm anbringt, ist das nicht viel anders. Schließlich schaut er sich im Netz um, mit welchem Equipment Abhilfe geschaffen werden kann. Doch er findet nichts. Er kann kaum glauben, dass er der Einzige ist, der sich in der Richtung umtut, und es noch keine Lösung dazu gibt.

„Also hab ich angefangen zu tüfteln“, erzählt Thomas Leuprecht. Um nicht doch überrascht zu werden, gibt er parallel eine Marktanalyse in Auftrag, die aber zum selben Ergebnis kommt. „Die Überlegung war, eine einfache Konstruktion zu entwickeln, die günstig und mit möglichst vielen Geräten, sprich Mini-PCs und Bildschirmen, kompatibel ist.“ Der 54-Jährige experimentiert mit einem ersten Alurahmen und einer auf dem 3-D-Drucker hergestellten Einfassung. „Anfangs waren das noch zu viele Einzelteile, ich wollte eine Lösung, die für Profis genauso wie für Privatleute gut funktioniert.“ Hinzu kam, dass sich die Standardkonstruktion der Bildschirme verändert, was wiederum ein Montieren direkt auf dem Rücken nicht mehr erlaubt. Also befasst sich der Tüftler mit der Einpassung in eine Halterung am Monitorständer beziehungsweise einer Befestigung seines Gehäuses mit einem Klettband.

Um sich ein Stück weit abzusichern, meldet Thomas Leuprecht 2016 ein Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt in München an. Als die Entwicklung weiter reift, geht er später auch den nächsten Schritt und nimmt eine Patentanmeldung in Angriff. Ein langer Prozess, der ihm einiges an Vorarbeit abverlangt und bei dem auch ein Patentanwalt eingebunden werden muss, erläutert der Tüftler. „Das ist noch nicht abgeschlossen, ich warte noch darauf, dass mir das Patent erteilt wird.“ Doch der Prototyp seines ersten „Mini-PC Cable-Caddys“ ist fertig, ein Gehäuse aus pulverbeschichtetem Stahl mit Zubehör – Klettband, Kabelbinder, Schraubset – und universell montierbar. „Dann kam eine Anfrage von der Universität Wien. Sie haben 50 Stück für ihre Schulungsräume geordert“, sagt Thomas Leuprecht nicht ohne Stolz. Die Österreicher fanden die Entwicklung über seine Homepage, scheinbar waren auch sie auf der Suche nach einer guten Hardware- und Kabelorganisation.

Die Universität Wien ordert 50 Exemplare für die Schulungsräume

In seinem Kopf arbeitet es allerdings weiter, noch gibt es aus seiner Sicht Optimierungsbedarf. Nicht für jeden Monitorständer ist eine Halterung verfügbar, an der sein Gehäuse andocken kann, und er wünscht sich eine noch kompaktere, weniger ausladende Positionierung des Mini-PCs. Die entscheidende Eingebung kommt auf dem Zahnarztstuhl. „Da versucht man sich ja auch ein bisschen abzulenken, an etwas anderes zu denken“, erzählt der 54-Jährige mit einem Schmunzeln. Als er die Idee einer erweiterten Montageplatte mit angegliedertem Gehäuse hat, will er aber schnellstmöglich nach Hause.

Schließlich tragen auch die Mühen um die Patentanmeldung Früchte: Das Steinbeis-Transferzentrum meldet sich bei Thomas Leuprecht und bietet ihm an, sich beim Artur-Fischer-Erfinderpreis zu bewerben. „Ich meine, ich habe ja keine hochtechnische Entwicklung vorgelegt“, sagt er. Insofern rechnet er nicht mit einer Auszeichnung, will die Chance aber trotzdem nutzen. „Es war auch so, wie ich das erwartet hatte, aber ich wurde einfach als Bewerber gelistet.“ Die Belohnung folgt dann Ende Oktober/Anfang November, als der Sulzbacher die Chance bekommt, bei der iENA, der internationalen Fachmesse für Ideen, Erfindungen, Neuheiten, dabei zu sein. Am Gemeinschaftsstand des Artur-Fischer-Erfinderpreises präsentiert er mit über 20 weiteren Ausstellern seine Entwicklung. „Das war wirklich einmalig.“ Seine Frau, sein Sohn Janne sowie Freunde begleiten ihn nach Nürnberg. Zudem kommt, dass ein Jurorenteam sich alle rund 800 Erfindungen anschaut, kurz erklären lässt und bewertet. „Gefühlt hatte ich 30 Sekunden Zeit, meine Entwicklung zu erläutern, und dachte, da habe ich keine Chance.“ Doch Thomas Leuprecht wird für seinen „Mini-PC Cable-Caddy“ mit der Bronzemedaille ausgezeichnet. Was für ihn aber genau genommen noch wertvoller ist, sind die Gespräche mit den Fachleuten und Besuchern. „Der Caddy hat Anklang gefunden und ich hatte die Bestätigung, dass ich nicht am Markt vorbeientwickelt habe.“ Für ihn stehen drei zentrale Punkte im Zentrum: Mit dem Gehäuse lässt sich der Mini-PC platzsparend direkt am Bildschirm anbringen und das Gehäuse verfügt über genau so viel Luft, dass auch die Kabel dort sauber untergebracht werden können. „Im Betrieb, insbesondere in der Produktion, ist jede hinzugewonnene Fläche natürlich wertvoll“, sagt der Netzwerkadministrator. Ebenso Umzüge innerhalb des Unternehmens gestalteten sich durch die kompakte Organisation einfacher. Die Einfassung des Geräts verfügt zudem über eine Entnahmesicherung, sprich, die handliche Technik kann nicht einfach im Vorbeigehen in falsche Hände geraten. Der Sulzbacher bereut es jedenfalls nicht, an seiner Entwicklung drangeblieben zu sein und dabei auch durchaus Geld investiert zu haben – er schätzt an die 10000 Euro. Wenn es auch Höhen und Tiefen gab, sei es klasse gewesen, nun bei der Messe seine eigene Idee präsentieren zu haben.

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Erstellt:
16. November 2019, 16:00 Uhr

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