Die Arbeiten am Becken in Oppenweiler nehmen Fahrt auf

Mit dem zweiten Bauabschnitt haben die eigentlichen Arbeiten am Hochwasserrückhaltebecken Oppenweiler jetzt erst so richtig begonnen. Die Kosten sind zuletzt um eine Million Euro auf aktuell 9,2 Millionen Euro gestiegen. Das gesamte Rückhaltebecken kostet etwa 29 Millionen Euro.

Sobald die Spundwände ins Erdreich getrieben sind, kann die Baugrube für das Durchlaufbecken ausgehoben werden. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Sobald die Spundwände ins Erdreich getrieben sind, kann die Baugrube für das Durchlaufbecken ausgehoben werden. Fotos: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Oppenweiler. Viele Jahre lang hat sich nichts getan beim Hochwasserrückhaltebecken Oppenweiler, obwohl es nach dem Hochwasser von 2011 der erklärte politische Wille war, ein solches schnell zu bauen. Jetzt aber hat das Projekt so richtig Fahrt aufgenommen. Der erste Bauabschnitt, bei dem es in erster Linie um die Verlegung des Rad- und Wirtschaftswegs weg von der Murr hin zur Bahntrasse ging, ist bereits erledigt. Die Maßnahme war eher unscheinbar und wurde von vielen überhaupt nicht im Zusammenhang mit dem Beckenneubau gesehen. Doch jetzt beginnt der zweite Bauabschnitt, der Bau des sogenannten Durchlassbauwerks, und damit für alle sichtbar das (technische) Herzstück des Beckens.

Etliche Vorarbeiten waren zu erledigen

Der Auftrag für diesen Bauabschnitt war Ende des vergangenen Jahres an das Unternehmen Leonhard Weiss mit Sitz in Göppingen vergeben worden. Allerdings mussten vor dem eigentlichen Baustart am Durchlassbauwerk etliche Vorarbeiten erledigt werden, da in dem Areal mehrere Versorgungsleitungen verlegt waren. Für alle sichtbar zum Beispiel eine 20-KV-Stromleitung, deren Masten inmitten der potenziellen Aufstaufläche stehen. Der Netzbetreiber Syna musste die Stromkabel verlegen und hat bei dieser Gelegenheit die Trassen am Rand des künftigen Beckens in die Erde verlegt. Nun stehen nur noch die sechs Masten der einstigen Mittelspannungsleitung und auch die sollen bald abgebaut werden.

Aktuell werden unter anderem die Spundwände für die Baugrube eingerammt.

© Alexander Becher

Aktuell werden unter anderem die Spundwände für die Baugrube eingerammt.

Ebenfalls aus dem Areal wegverlegt wurden verschiedene Wasserleitungen. So gibt es eine Trasse, mittels der die Nord-Ost-Wasserversorgung (NOW) das Frischwasser von den Reichenbacher Quellen ins NOW-Wasserwerk nach Burgstetten fördert. Aber auch die gemeindeeigenen Wasserleitungen sind von den Umlegungen betroffen. So wurde die Straße durch Reichenbach großflächig aufgerissen. Zudem mussten die Telefonleitungen aus dem Bereich der Baugrube verlegt werden. Aktuell sind einige Trassen nur provisorisch angelegt. Wenn in zwei Jahren das Durchlassbauwerk einmal fertig ist, dann werden die Leitungen endgültig über das neu entstandene Bauwerk über die Murr geführt.

Die Baugrube soll 90 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu sechs Meter tief werden

Weitere Themen

Jetzt aber, nachdem das Baufeld von all diesen störenden Leitungen befreit ist, geht es mit den Bauarbeiten so richtig los. Das ist nicht zu übersehen. Seit etwa zwei Wochen wuselt es an allen Ecken und Enden auf der Baustelle. Ein Dutzend Bagger, Raupen und Rammen arbeitet auf dem großflächigen Gebiet verteilt. Große Stapel von Spundwänden und vielerlei Material liegen für den Einbau bereit. Richtung Oppenweiler wurde der wertvolle Oberboden bereits zu Dämmen aufgeschoben, er soll später wiederverwendet werden. Aktuell werden die riesigen Spundwände eingerammt. Sie dienen der Absicherung der Baugrube, die 90 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu sechs Meter tief werden soll.

So glücklich die Verantwortlichen über den Baustart sind, so unglücklich sind sie übers Wetter. Der Regen der vergangenen Wochen hat den Untergrund mehr als gesättigt. Die eingesetzten Baumaschinen haben schwer mit diesem Untergrund zu kämpfen, die Wege und Straßen sind stark verschmutzt. Oppenweilers Bürgermeister Bernhard Bühler, der derzeit auch der Vorsitzende des Wasserverbands Murrtal ist, sagte dieser Tage beim Vor-Ort-Termin: „Das ist heute gefühlt der erste regenfreie Tag in diesem Jahr.“ Michael Postenrieder vom Ingenieurbüro Winkler und Partner (IWP) stimmt ihm lachend zu. Und trotz des schwierigen Starts rechnet er damit, dass die Baugrube Mitte April fertig ist. Ohnehin zeigt sich Postenrieder sehr zuversichtlich, was die Fertigstellung angeht: „Wir liegen im Zeitplan. Laut Planung soll der gesamte Bauabschnitt bis Mitte 2026 fertig sein, aber die Firma Leonhard Weiss will es sogar schneller schaffen.“

Mehrkosten wegen Preissteigerungen und Planänderungen

Weniger zufrieden zeigt sich Wasserverbandsvorsitzender Bühler über die jüngsten Preissteigerungen. Die Baukosten für den zweiten Bauabschnitt mussten um eine Million Euro nach oben korrigiert werden, sie belaufen sich aktuell auf 9,2 Millionen Euro. Alle vier Bauabschnitte zusammen verschlingen gar 29 Millionen Euro und damit sieben Millionen Euro mehr als ursprünglich berechnet. Wobei Bühler relativiert, dass die erste Kostenberechnung auf den Planfeststellungsbeschluss zurückgeht, der aus dem Jahr 2016 stammt. Seither mussten Preissteigerungen eingerechnet werden, „es gab aber auch manch eine Planänderung und Plankonkretisierung“.

Im Jahr 2025 soll an allen drei Bauabschnitten geschafft werden

Zeitplan Die Bauabschnitte drei und vier werden in diesem Jahr noch ausgeschrieben. Beim Bauabschnitt drei handelt es sich um das sogenannte Schlauchwehr, das die Rüflensmühle mit Wasser versorgt. Der vierte Bauabschnitt ist der eigentliche Damm. Jeweils zwei Monate nach der Veröffentlichung der Ausschreibung sollen die Arbeiten auch vergeben werden. Wenn alles nach Plan läuft, wird 2025 an allen drei Bauabschnitten parallel gearbeitet. Bernhard Bühler bezeichnet 2025 als „Hauptarbeitsjahr“.

Fassungsvermögen Das Becken Oppenweiler ist das größte der insgesamt sieben geplanten Becken des Wasserverbands Murrtal, es fasst alleine 850000 Kubikmeter. Die anderen Becken entstehen in Murrhardt (Gaab und Mahd), Sulzbach an der Murr (Fischbachtal und Haselbachtal) und Backnang (Seehau und Brunnenwiesen). Im Bau ist bislang nur Oppenweiler, für drei Becken gibt es schon konkretere Planungen und für den Rest nur vage Vorplanungen.

Baustraßen Laut der Beschilderung der Firma Leonhard Weiss fahren die schweren Baufahrzeuge über die Talstraße zur der Baustelle und wenn möglich auch wieder darüber zurück. Denkbar ist auch, dass leere Fahrzeuge über die Brücke bei der Rüflensmühle fahren. Diese Brücke ist Privateigentum und war bis vor zwei Jahren für 60 Tonnen ausgelegt. Nun haben die Verantwortlichen die Tragkraft prophylaktisch auf 30 Tonnen halbiert. Somit hätten leere Baufahrzeuge kein Problem, diese Auffahrt auf die B14 zu nehmen; sie wiegen maximal fünf Tonnen.

Unmut Es wundert nicht, dass die Reichenbacher nicht sehr glücklich sind über die Baumaßnahmen. Schließlich tummeln sich auf der einzigen Straße, die den Weiler mit Oppenweiler verbindet, jede Menge Baufahrzeuge. Ein Durchkommen ist oft mit Wartezeiten verbunden. Die Straße quer übers Tal zur Rüflensmühle existiert nicht mehr. Ärgerlich auch, dass Wasser-, Strom- und Telefonleitungen gestört waren. Doch Bürgermeister Bernhard Bühler stellt klar: „Das geht halt nicht anders.“ Zudem seien die Störungen meist rechtzeitig angekündigt gewesen. Für richtig Ärger sorgt indes der Radweg, der wegen der Baustelle durch den Ort führt. In Hochphasen haben Anwohner 1000 Radler pro Tag gezählt. Wegen der beengten Ausfahrten sei es schon oft zu heiklen Situationen gekommen.

Zum Artikel

Erstellt:
17. Februar 2024, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Wie viel Potenzial hat die Wasserkraft der Murr?

Energiewende vor der Haustür (7) Das Kraftwerk Rüflensmühle in Oppenweiler steht aktuell still, soll aber künftig 70 Kilowatt Leistung erbringen. Die Layhersche Mühle in Backnang ist ebenso außer Betrieb, da der Mühlkanal wegen der Arbeiten am Hochwasserschutz stillgelegt ist.

Stadt & Kreis

Unklare Zukunft der Kläranlage in Oppenweiler

Die Kläranlage in Oppenweiler ist in die Jahre gekommen. Zudem läuft die Einleitungsgenehmigung in die Murr im kommenden Jahr aus. Höchste Zeit also, sich darüber Gedanken zu machen, wie es weitergeht. Ein Ingenieurbüro soll nun die Alternativen prüfen.