Die gebaute Geschichte Backnangs erleben
Im Chor der Stiftskirche zeigen der Fotograf Bernhard J. Lattner und der Bauhistoriker Klaus J. Loderer ab Sonntag eine Fotoausstellung zu bekannten und weniger bekannten Backnanger Baudenkmalen. Anlass dafür ist der Tag des offenen Denkmals am 8. September.
Backnang. Wer das Doppelwohnhaus in der Backnanger Staige 33, das Wohnstallhaus in der Besigheimer Straße 4 in Heiningen oder das gestelzte Einhaus mit Satteldach in der Kniebisstraße 13 in Mittelschöntal passiert, dem mag mitunter nicht bewusst sein, dass er soeben einem berührbaren Stück Backnanger Geschichte begegnet ist, das folgerichtig auch unter Denkmalschutz steht. Der breiten Öffentlichkeit sei gar nicht bekannt, bei welchen Gebäuden in der Stadt es sich um Denkmale handle, sagt Klaus J. Loderer. Der Bauhistoriker und Kulturjournalist hat es sich daher gemeinsam mit dem Fotografen und Verleger Bernhard J. Lattner zur Aufgabe gemacht, eine Bestandsaufnahme aller Kulturdenkmäler, die es in Backnang gibt, vorzunehmen. Auszüge aus ihrer Arbeit sind anlässlich des Tags des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September, im Rahmen einer Ausstellung im Chor der Stiftskirche zu besichtigen. „Wir zeigen Baudenkmale im Denkmal“, erklärt Lattner, denn selbstverständlich steht auch die Stiftskirche St. Pankratius selbst unter Denkmalschutz.
Es gehe ihnen darum, das Bewusstsein in der Bevölkerung für Baudenkmale zu schärfen und deren identitätsstiftende Wirkung aufzuzeigen, erklären die beiden Männer. „Das sind unsere Grundsätze“, betont Lattner. „Es geht darum, Baudenkmale als gebaute Geschichte zu erleben.“
Die Datengrundlage mit Leben füllen
Im vergangenen Herbst haben Loderer und Lattner ihre gemeinsame Arbeit an der Erfassung der Backnanger Denkmale begonnen, auch weil die bisherige Datengrundlage des Landesdenkmalamts recht dürftig war. „Es gibt eine sehr trockene Liste, in der gerade noch die Adresse und eine knappe Beschreibung stehen. Das sagt natürlich nicht viel aus“, erklärt Loderer. „Die Idee war daher, dass es etwas Fleisch bekommt.“ Der zweite wichtige Aspekt neben der Aufklärung der Öffentlichkeit bestehe insofern darin, Grundlagenarbeit zu betreiben. „Beim Landesdenkmalamt haben wir mit dem Projekt natürlich offene Türen eingerannt. Deshalb kommt auch der Landeskonservator Martin Hahn zur Eröffnung der Ausstellung“, so Loderer.
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Und diese Grundlagenarbeit hat es bei 160 Baudenkmalen, darunter sowohl Sakral- als auch Profanbauten, die sich teilweise in öffentlicher Hand und teils in Privatbesitz befinden, in sich. Zwar konnte Loderer, der die Texte zu dem Projekt verfasst, bei bekannten Denkmalen wie dem Postgebäude oder den Kirchen auf bestehendes Wissen zurückgreifen, allerdings gab es auch etliche Adressen, die selbst für die beiden Männer Neuland waren. Dazu zählen etwa zwei Sühnekreuze im Plattenwald und in der Weissacher Straße, die man auch nur finde, wenn man ihren Standort wisse. „Wir haben mit der Liste systematisch die ganze Stadt und vor allem auch die Teilorte abgegrast. Manche Gebäude standen davon schon gar nicht mehr“, erzählt Lattner. Dort, wo zusätzliche Recherche notwendig ist, wendet sich Loderer an das Baurechtsamt, das Stadtarchiv oder das Staatsarchiv Ludwigsburg. „In vielen Fällen spricht aber das Gebäude auch für sich und erzählt eine Geschichte“, ergänzt Lattner. Das gilt manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes: „Es gibt Städte, da steht an jedem Haus, von wem es gebaut wurde und wann. In Backnang gibt es aber leider nur wenige solcher Inschriften“, sagt Loderer und vermutet, dass dafür beim Wiederaufbau schlicht und ergreifend oftmals die Mittel fehlten. Ein seltener Ausreißer ist etwa das Wohnstallhaus in Mittelschöntal. Hier wurde der sogenannte Eckständer mit Angaben zum Bau beschnitzt.
Ein umfassendes Werk soll 2025 folgen
Während eine umfassende Publikation erst für kommendes Jahr vorgesehen ist, zeigt die Ausstellung in der Stiftskirche zunächst auf Bannern 13 Bauten samt Erläuterungen. Dazu zählen das älteste Backnanger Denkmal, der Stadtturm aus dem 13. Jahrhundert, und das jüngste, der Wasserturm von 1961. Zu sehen sind bekannte und weniger bekannte Denkmale. Einen begleitenden Bildband und einen Kalender mit Fotografien von Lattner gibt es bei der Ausstellung zu kaufen. „Ich fotografiere viel moderne Architektur, aber ich liebe auch die alte Architektur“, erklärt Lattner. Als Fotograf bewege er sich innerhalb des Spektrums von Architektur, Landschaft und Industriefotografie, die Herangehensweise sei dabei dieselbe: „Es geht um Form, um Linien und natürlich um Struktur“, so der Fotograf, der seine Publikationen im eigenen Verlag Edition Lattner veröffentlicht. „Man muss die Stärken und Schwächen des Gebäudes sehen und letztlich so umsetzen, dass es positiv rüberkommt. Das ist die Aufgabe.“
Historische Stadtturmführung, Backnang Es geht durch die verwinkelten Gassen der Innenstadt. Dabei lassen die beiden Stadtführerinnen Corinna Bäuerle (14 Uhr) und Judit Riedel-Orlai (16 Uhr) mit spannenden Geschichten die abwechslungsreiche und beeindruckende Geschichte der Fachwerkstadt Backnang aufleben. Die Führungen beginnen am Amtsgericht im Stiftshof. Es wird darauf hingewiesen, dass im Stadtturm viele Treppenstufen zu bewältigen sind, um den herrlichen Ausblick von oben zu genießen.
Kirche Sankt Agatha, Weissach im Tal Die ursprünglich romanische Chorturmkirche in Unterweissach wurde gegen Mitte des 15. Jahrhunderts im gotischen Stil umgestaltet, wovon heute noch Chor und Turmhelm zeugen. Das Gebäude ist von 14 bis 17 Uhr geöffnet, eine Denkmalführung findet um 14.30 Uhr und nach Bedarf statt, eine Turmbegehung ist um 15.30 Uhr vorgesehen.
Lambachpumpe, Auenwald-Ebersberg Die Pumpenmeister betreiben zwischen 13 und 16 Uhr die Maschine und erklären die Geschichte und Funktion der Anlage. Sie erinnern auch an den ständigen Streit zwischen den Gemeinden Lutzenberg und Däfern ums Trinkwasser, der erst in den 1960er-Jahren durch ein neues Versorgungssystem beendet wurde.