Die Realschule am Bize ist Erasmus-Schule

Austausch mit Schulen in ganz Europa: Seit vergangenem Jahr ist die Realschule am Bildungszentrum Weissacher Tal als Erasmus-Schule anerkannt. Ende April dieses Jahres konnten die ersten Schülerinnen und Schüler an einem Austausch teilnehmen. Geht es nach Erasmus-Koordinator Benjamin Seiz, sollen noch viele Projekte folgen.

Alina Grasmik und Katrin Schramm (von links) zeigen auf der Landkarte, wohin sie mit Lehrer Benjamin Seiz gereist sind.Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Alina Grasmik und Katrin Schramm (von links) zeigen auf der Landkarte, wohin sie mit Lehrer Benjamin Seiz gereist sind.Foto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Ausgerechnet am Tag der Abreise wird gestreikt. Am Freitag, 21. April, fallen Zugfahrten und Flüge in ganz Deutschland reihenweise aus – mehrere Stunden lang scheint es daher, als wäre der erste Erasmus-Austausch der Realschule des Bildungszentrums Weissacher Tal (Bize) zum Scheitern verurteilt. Aber dann kann doch noch ein Bus organisiert werden; um 2 Uhr nachts startet die Fahrt zum Münchner Flughafen – von dort heben die Flugzeuge zum Glück noch ab. „Hätten wir keinen Zwischenstopp in München gehabt, sondern einen Direktflug von Stuttgart nach Porto gebucht, dann wären wir wohl nicht mehr angekommen“, erinnert sich Lehrer Benjamin Seiz zweieinhalb Wochen später. Er hat die 16 Siebtklässlerinnen und Siebtklässler der Bize-Realschule nicht nur mit seiner Kollegin Silke Battista nach Portugal begleitet, sondern den Austausch erst ermöglicht.

Seit vergangenem Frühjahr ist die Realschule am Bize offiziell Erasmus-Schule. Jürgen Wörner, der Vorgänger des jetzigen Realschulrektors Christian Zeller, hatte Seiz – sozusagen als seine letzte Amtshandlung – einen Flyer über das Erasmus-Programm für Schulen ins Fach gelegt, bevor er sich in die Rente verabschiedete. „Und da hat er den Richtigen erwischt“, freut sich Seiz. „Ich reise total gerne.“ Im Auftrag seiner vorherigen Schule, der Anne-Frank-Schule in Stuttgart-Möhringen, war er auch schon mit einer Gruppe Schülerinnen und Schüler unterwegs gewesen. „Zweimal war ich mit 14-Jährigen in Indien“, berichtet der 35-jährige Englisch- und Geschichtslehrer. Die Anne-Frank-Schule war gerade erst zur Erasmus-Schule geworden, als Seiz ans Bize wechselte. „Daher kannte ich das schon.“

Auch mehrere Lehrkräfte waren bereits auf Seminaren im Ausland

Im Mai 2022 akkreditierte er die Realschule für das Austauschprogramm, das zudem auch Lehrkräfte zu Seminaren ins Ausland schickt. Dafür musste er eine Bewerbung mit ersten Projektvorschlägen einreichen, danach konnte er das dazu passende Budget beantragen. „Ich war optimistisch und habe angegeben, dass zwölf Lehrer an Erasmus-Seminaren teilnehmen werden und ich mit 15 Schülern verreise – 16 sind es am Ende geworden“, sagt er. Auch mit der Schätzung der Anzahl der Lehrkräfte lag er richtig. Sie sind mittlerweile schon zu Seminaren nach Dublin, Galway, Reykjavik, Helsinki und Lissabon gereist – auf Kosten von Erasmus.

Dass das Austauschprogramm der Bize-Realschule allein fürs erste Jahr 36.000 Euro zur Verfügung gestellt hat, findet Seiz „Wahnsinn“. Für die Reise nach Portugal mussten die Schülerinnen und Schüler nur 150 Euro pro Kopf zuzahlen. Die Förderung läuft insgesamt fünf Jahre. 2027 muss ein neuer Antrag gestellt werden, um weitere fünf Jahre von den Mitteln zu profitieren. Geprüft wird dann, ob die selbst gesetzten Schulentwicklungsziele erreicht worden sind und ob das zu Anfang angegebene Budget realistisch war. Seiz ist optimistisch, dass das kein Problem sein wird.

Auf Englisch kommunizierten die Jugendlichen mit ihren Gastgebern

Zumal der erste Austausch nach Portugal nun schon so gut lief. Die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe sieben konnten sich um die Reise bewerben, 16 wollten mit. Von 21. bis 26. April waren die Schüler bei Gastfamilien untergebracht, deren Kinder die Mittelschule von Canelas in Vila Nova de Gaia, ungefähr 15 Kilometer südlich von Porto im Nordwesten Portugals, besuchen. „Sie haben uns sehr gut aufgenommen“, berichtet die zwölfjährige Realschülerin Alina Grasmik. „Wir waren mit unseren Gastfamilien bowlen und am Strand, haben Volleyball gespielt und eine Garagenparty gefeiert.“ Auf Englisch kommunizierten die Jugendlichen mit ihren Gastgeberinnen und Gastgebern. „Dadurch haben sich meine Sprachkenntnisse verbessert“, sagt Katrin Schramm (13). Seiz pflichtet ihr bei: „Als Englischlehrer bin ich überzeugt davon, dass man bei solchen Reisen deutlich mehr mitnimmt als in einem normalen Englischunterricht in einem Halbjahr.“

Der Spaß kommt bei dem Austausch nicht zu kurz: Gemeinsam unternehmen die portugiesischen und deutschen Schülerinnen und Schüler einen Ausflug zum Strand.Foto: Benjamin Seiz

© Benjamin Seiz

Der Spaß kommt bei dem Austausch nicht zu kurz: Gemeinsam unternehmen die portugiesischen und deutschen Schülerinnen und Schüler einen Ausflug zum Strand.Foto: Benjamin Seiz

Der Austausch bestand aber natürlich nicht nur aus Freizeit. An zwei Tagen waren die Schülerinnen und Schüler an der Schule in Vila Nova de Gaia. Dort nahmen sie an Workshops teil, die ihre portugiesische Partnerklasse organisiert hatte. „Auch wenn es gerade den Anschein erweckt: Der Austausch ist eigentlich nur ein Teil des Programms“, erklärt Seiz. Bei Erasmus gehe es nicht nur um die Verbesserung von Sprachkenntnissen. Hinter jeder Reise stehe ein übergeordnetes Projekt. Dieses könne bei Bedarf auch digital umgesetzt werden.

Im September dürfen die Neuntklässler nach Dänemark reisen

Das Projekt, das die Zusammenarbeit mit der Mittelschule von Canelas in Vila Nova de Gaia begründete, heißt „Do it green“. Es geht um Nachhaltigkeit, vor allem im Bezug auf die Ressource Wasser. Die Bize-Gruppe hatte dafür in einer eigens gegründeten AG schon kurze Videos vorbereitet, die zeigen, wie man Wasser sparen kann – etwa beim Duschen oder beim Zähneputzen. Wenn die portugiesische Schulklasse im Oktober nach Weissach im Tal kommen, soll das Thema weiter vertieft werden.

Danach ist für die Siebtklässlerinnen und Siebtklässler das Erasmus-Projekt vorerst abgeschlossen. Weitere Reisen sind aber bereits in Planung. Im September dürfen die Neuntklässlerinnen und Neuntklässler für ein Kunstprojekt nach Dänemark, im April 2024 soll wieder eine siebte Klasse verreisen; dann geht es in die Nähe von Rom. Diesen Juli wird Seiz schon einmal dorthin fliegen, um sich die Schule anzusehen und mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort das gemeinsame Projekt zu besprechen. Das Ganze zu organisieren sei schon ein „ziemlicher Aufwand“, doch der Lehrer ist überzeugt davon, dass dieser sich sehr lohnt. Für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte, die durch das Programm erfahren können, wie Schule in anderen Ländern Europas funktioniert. Und auch die Jugendlichen sind begeistert. Würde sich die Möglichkeit bieten, würden sie auf jeden Fall noch einmal an einem Erasmus-Projekt teilnehmen, sagen Alina Grasmik und Katrin Schramm.

Das Programm Erasmus+Schule

Programm Seit 2014 fördert Erasmus+ persönliche Begegnungen, digitalen Austausch und gemeinsame Projekte für Schulen, Vorschulen und Kitas aus ganz Europa. Ziel ist es, die Menschen in Europa zu vernetzen. 33Staaten nehmen an dem Programm teil.

Budget Bis 2027 werden zwölf Millionen Auslandsaufenthalte als Fortbildungen und Hospitationen sowie als Schüleraustausch oder -praktika gefördert. 26 Milliarden Euro wurden Erasmus+ vom EU-Parlament dafür bewilligt. Davon sind rund 3,3 Milliarden
Euro für den Schulsektor vorgesehen.

Organisation In Deutschland unterstützt die Nationale Agentur Erasmus+Schulbildung im Pädagogischen Austauschdienst die Träger bei der Beantragung von Mitteln.

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Erstellt:
11. Mai 2023, 16:00 Uhr

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