Die Städtische Wohnbau darf nicht zum Bauträger werden

Ein CDU-Antrag im Backnanger Gemeinderat scheitert an rechtlichen Vorgaben. Der Bau von Sozialwohnungen hat weiterhin Priorität.

Ein größeres Projekt steht in den kommenden Jahren auf dem Aurelis-Areal an, wenn dieses nicht mehr zur Flüchtlingsunterbringung gebraucht wird. Archivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ein größeres Projekt steht in den kommenden Jahren auf dem Aurelis-Areal an, wenn dieses nicht mehr zur Flüchtlingsunterbringung gebraucht wird. Archivfoto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Die Städtische Wohnbau Backnang GmbH gibt es bereits seit 1979, heute hat das Unternehmen, das zu 100 Prozent der Stadt gehört, rund 300 Wohnungen im Bestand. Rund ein Drittel davon sind geförderte Sozialwohnungen, die zu einem vergünstigten Preis an Haushalte mit geringem Einkommen vermietet werden.

In den vergangenen fünf Jahren hat die Städtische Wohnbau nach Angaben ihres Geschäftsführers Alexander Zipf, der auch Stadtkämmerer ist, rund 60 bezahlbare Wohnungen neu gebaut, unter anderem auf dem ehemaligen Krankenhausareal und in der Mühlstraße. Dieser Wohnraum wird auch dringend benötigt, denn viele Menschen können sich die marktüblichen Mieten in Backnang nicht mehr leisten.

Finanziell gesehen sind diese Projekte für die Städtische Wohnbau allerdings kein gutes Geschäft. Denn der Bau von Sozialwohnungen wird zwar vom Land Baden-Württemberg mit bis zu 1000 Euro pro Quadratmeter gefördert, doch das gleicht die geringere Miete, die um ein Drittel unter dem ortsüblichen Tarif liegen muss, nicht vollständig aus. „Es bleibt immer eine Finanzierungslücke“, erklärt Alexander Zipf. Die muss regelmäßig durch Kapitaleinlagen aus dem städtischen Haushalt ausgeglichen werden. Zuletzt hatte der Gemeinderat dem Tochterunternehmen im Dezember eine Finanzspritze von 1,2 Millionen Euro bewilligt. Um die Stadtkasse zu entlasten, hatte die CDU-Fraktion im Gemeinderat nun eine Idee: Die Städtische Wohnbau solle sich künftig auch als Bauträger engagieren und Eigentumswohnungen bauen und verkaufen. Mit den Gewinnen aus dem Immobiliengeschäft ließe sich dann der soziale Wohnungsbau quersubventionieren. Als Vorbild dient etwa die Kreisbaugruppe, die seit jeher nicht nur Miet-, sondern auch Eigentumswohnungen erstellt.

Für die Städtische Wohnbau kommt dieses Geschäftsmodell aber nicht mehr infrage, wie Alexander Zipf nun im Gemeinderat erläuterte. Denn bereits im Jahr 2006 sei das kommunale Wirtschaftsrecht geändert worden. Seitdem sei eine wirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde außerhalb ihrer Kernaufgaben nur noch dann zulässig, „wenn der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann“. Lediglich kommunale Unternehmen, die bereits vor 2006 als Bauträger aktiv waren, dürfen dies auch weiterhin tun. Abgesehen davon wäre eine Bauträgertätigkeit aus Sicht von Alexander Zipf zum jetzigen Zeitpunkt aber auch nicht sinnvoll. „Die Rahmenbedingungen für Bauträger sind momentan sehr schlecht“, weiß der Geschäftsführer. Aufgrund der stark gestiegenen Zinsen und Baupreise hätten selbst etablierte Wohnbauunternehmen mittlerweile große Probleme, noch Gewinne zu erzielen.

Geschäftsführer Zipf hofft auf mehr Geld vom Land

Die Städtische Wohnbau will ihre begrenzten Kapazitäten – das Unternehmen beschäftigt nur fünf Personen – deshalb lieber auf die Verwaltung ihres Bestands und den Bau neuer Mietwohnungen konzentrieren. Laut Alexander Zipf ist derzeit ein weiteres Mehrfamilienhaus mit sieben Wohneinheiten in der Mühlstraße geplant. Ein größeres Projekt steht in den kommenden Jahren auch auf dem sogenannten Aurelis-Areal an der Maubacher Straße an. Dieses Gelände wird derzeit allerdings noch für andere Zwecke benötigt: Die Stadt plant dort eine Containerunterkunft für Geflüchtete. Außerdem wird ein Teil des Grundstücks als Ausweichparkplatz genutzt, solange das Parkhaus beim Gesundheitszentrum in der Karl-Krische-Straße neu gebaut wird. Auch diese Projekte werden sich aber nur realisieren lassen, wenn die Stadt ihrem Tochterunternehmen finanziell unter die Arme greift.

Im Gemeinderat gab es dafür in der Vergangenheit stets breite Unterstützung, auch Oberbürgermeister Maximilian Friedrich macht sich dafür stark, den Wohnungsbestand des kommunalen Unternehmens weiter zu erhöhen, um auf den wachsenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum reagieren zu können. „Wohnen ist schließlich das Grundrecht schlechthin“, sagte der OB.

Alexander Zipf hofft aber auch auf mehr Geld vom Land: „Wegen der enormen Preissteigerungen im Baubereich wird es immer schwieriger, kostendeckend zu arbeiten. Ich hoffe, dass das Land darauf reagiert und seine Förderkulisse entsprechend anpasst.“

Diskutiert wurde im Gemeinderat auch darüber, wer in einer städtischen Wohnung leben darf. Stadträtin Ulrike Sturm (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, wer einmal eine vergünstigte Wohnung bezogen habe, könne diese auch dann noch nutzen, wenn sich die finanziellen Verhältnisse längst verbessert hätten. Alexander Zipf bestätigte zwar, dass man niemanden zum Auszug zwingen könne. Dies seien aber Einzelfälle, ein größeres Problem sieht er darin nicht.

Zum Artikel

Erstellt:
16. Mai 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Gesellinnen und Gesellen im Rems-Murr-Kreis werden ausgezeichnet

In dieser Woche hat die Lossprechungsfeier der Kreishandwerkerschaft Rems-Murr stattgefunden. In der Barbara-Künkelin-Halle in Schorndorf sind bei dieser Gelegenheit auch die Auszeichnungen an die besten Junghandwerkerinnen und Junghandwerker verliehen worden.

Stadt & Kreis

Das Bildhafte der Kinderkreuzwege spricht Kinder im Herzen an

Viele Kirchengemeinden im Raum Backnang organisieren Kinderkreuzwege und versuchen so, die Leidensgeschichte Jesu auf kindgerechte Art und Weise zu vermitteln. Der Schwerpunkt der Verkündigung liegt dabei nicht auf der grausamen Passion, sondern auf der frohen Osterbotschaft.

Stadt & Kreis

Osterräuchern des Angelsportvereins Althütte

Forellen im Rauch: Seit 30 Jahren räuchert Ralf Wurst die unterschiedlichsten Fische. Beim Osterräuchern des Angelsportvereins Althütte sind es jedes Jahr einige Hundert Forellen. Wie es der 49-jährige Vereinsvorsitzende macht, erläutert er Schritt für Schritt.