Die Zukunft der Alten Vogtei in Backnang ist noch unklar

Seit Jahresbeginn ist das Hotel gegenüber dem historischen Rathaus in Backnang geschlossen. Pächter Fabio Gomez hat den Pachtvertrag zum Ende des vergangenen Jahres gekündigt. Als einen Grund nennt er unter anderem den Fachkräftemangel im Servicebereich.

Eigentümer Mario Gomez prüft derzeit alle Optionen. Die Alte Vogtei könnte als Hotel weiter betrieben oder verkauft werden. Der Ausgang ist derzeit ungewiss. Foto: Edgar Layher

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Eigentümer Mario Gomez prüft derzeit alle Optionen. Die Alte Vogtei könnte als Hotel weiter betrieben oder verkauft werden. Der Ausgang ist derzeit ungewiss. Foto: Edgar Layher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Es ist eine der besten Lagen im gesamten Backnanger Stadtgebiet: der Marktplatz gegenüber dem historischen Rathaus. Umrahmt von herrlichen Fachwerkhäusern steht dort das Hotel Alte Vogtei. Doch seit Jahresbeginn herrscht in dem ehrwürdigen Gebäude kein Betrieb mehr. Auf der Homepage heißt es vielmehr kurz und knapp: „Liebe Gäste, aufgrund von Umstrukturierungen ist der Hotelbetrieb derzeit geschlossen. Aktuell nehmen wir keine Anfragen/Buchungen entgegen. Ihr Team der Alten Vogtei.“

Seit der Schließung sind inzwischen mehr als dreieinhalb Monate vergangenen. Und so stellt sich die Frage, wie die Zukunft des imposanten Bauwerks aussieht. Der Cousin des Eigentümers Mario Gomez, Fabio Garzia Gomez, hat das Hotel gepachtet und als Mitgeschäftsführer der Okapi GmbH geleitet. Der Geschäftsmann nennt als einen der Gründe für die Schließung den Fachkräftemangel. Zuletzt habe er kein Personal mehr gefunden für den Service. Dabei hatte Gomez mehrfach auf die Entwicklungen am Markt reagiert. Früher war die Unterkunft mit insgesamt 13 Zimmern als Garni-Hotel geführt worden. Dabei hatte er großen Wert auf Qualität gelegt: „Unser Frühstück war zu 100 Prozent bio und regional, täglich frisch.“ Doch dann kam Corona. Das Frühstück wurde als Angebot gestrichen, die Gäste konnten seitdem nur noch übernachten. Der einzige Verpflegungsservice in der Pandemie: Die Zimmer wurden mit Kaffeemaschinen ausgestattet.

Pächter orientiert sich beruflich neu

Anfangs war dies laut Fabio Gomez auch kein Problem, da die Übernachtungsgäste zumindest während der Woche zu 95 Prozent Geschäftskunden waren. Die waren entweder mit dem Mindestangebot zufrieden oder frühstückten in einer der örtlichen Bäckereien. Das Hotel optimierte seine Auslastung zudem, indem die Geschäftsführung mit dem Hofgut Hagenbach kooperierte. Von dort wurden ganze Hochzeitsgesellschaften zur Übernachtung geschickt, das Brautpaar inklusive. So waren auch die Wochenenden laut Fabio Gomez nahezu immer sehr gut belegt. Doch als auch das Hofgut Hagenbach seinen Gastronomiebetrieb einstellen musste, endete auch diese Zusammenarbeit.

Parallel zu diesen Entwicklungen kam hinzu, dass sich der bisherige Pächter selbst auch beruflich umorientiert hatte. Fabio Gomez hat ursprünglich Tourismusmanagement studiert und war daher bestens vorbereitet auf den Job des Hotelmanagers. Inzwischen hat er sein zweites Studium im Fachbereich Sportmanagement abgeschlossen. So nutzte er die Pandemie und den zum 31. Dezember 2022 auslaufenden Pachtvertrag zu einer beruflichen Neuorientierung. Heute arbeitet er als Sportmanager in Stuttgart.

Fabio Gomez:„Das Hotel lief sehr gut, die Auslastung war bestens.“

Eigentümer Mario Gomez prüft unterdessen die Optionen, die ihm zur Verfügung stehen. Die Alte Vogtei könnte entweder erneut als Hotel verpachtet oder verkauft werden. Dass sich der Betrieb rentiert, davon ist der seitherige Pächter Fabio Gomez überzeugt: „Das Hotel lief sehr gut, die Auslastung war bestens. Und ich bin überzeugt davon, dass es auch jetzt nach der Coronapandemie wieder wirtschaftlich betrieben werden könnte.“

Die Backnanger Stadtverwaltung teilte gestern mit, dass vonseiten des Eigentümers bisher niemand auf die städtische Wirtschaftsförderung zugegangen ist. Auf Nachfrage teilte die Stadt mit: „Grundsätzlich ist ein Leerstand in der Innenstadt immer negativ in Bezug auf deren Attraktivität zu bewerten. Im vorliegenden Fall wäre ein Leerstand aber in besonderem Maße bedauerlich: erstens, weil die Immobilie in besonders prominenter Lage steht und zweitens, weil weiterhin Bedarf an Hotelbetten besteht, insbesondere auch im gehobenen Segment. Die Stadtverwaltung wird daher alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die Leerstandszeit auf einen möglichst kurzen Zeitraum begrenzt wird.“ Zunächst aber sei der Eigentümer aufgefordert, „sich um eine sinnvolle und stadtverträgliche Nutzung des Gebäudes zu kümmern“.

Wandel in der Hotelbranche

Unabhängig vom konkreten Fall stellt die Stadtverwaltung seit Jahren fest, dass die Hotelbranche insgesamt einem starken Wandel unterzogen ist. Die Gründe sind vielfältig und jede Betriebsaufgabe hat ihre spezifischen Ursachen. Diese sind etwa die fehlende Nachfolge, die starke Konzentration auf Hotelketten oder die mangelnde Bereitschaft von potenziellen Investoren, in Hotelimmobilien außerhalb der Toplagen in Großstädten zu investieren. In einer Pressemitteilung schreibt die Stadt: „Nach unserer Wahrnehmung gibt es aktuell tatsächlich zu wenig Übernachtungskapazitäten in Backnang, insbesondere im gehobenen Segment. Die Stadtverwaltung arbeitet schon seit Jahren an der Beseitigung dieser sehr unbefriedigenden Situation.“

Das Stadthaus wurde 1625 von Hofbaumeister Heinrich Schickhardt gebaut

Historie Das Stadthaus wurde im Jahr 1625 vom württembergischen Hofbaumeister Heinrich Schickhardt gebaut. Der ehemalige Fußballprofi und Nationalspieler Mario Gomez hat es 2007 gekauft und sanieren lassen.

Erste Pächter Vor 14 Jahren ist die Alte Vogtei mit großen Erwartungen wiedereröffnet worden. Sie sollte „eine neue kulinarische Hochburg“ in der Backnanger Innenstadt werden. Die damalige Pächterin Jasna Pavicic und ihr Küchenchef Rainer Behling wollten ihren Gästen gehobene gutbürgerliche Küche bieten. Frische regionale, deutsche und internationale Küche versprachen sie den Besuchern. 70 Plätze im Lokal plus 40 Plätze im renovierten Gewölbekeller standen zur Verfügung. Im Sommer war zudem eine Bewirtschaftung im Freien angedacht. Jasna Pavicic hatte sich als Serviceleiterin und Geschäftsführerin des Anno Domini und des Oscar’s in Esslingen einen Namen gemacht. Rainer Behling war als Koch weit gereist und hatte in Topadressen wie dem Schwarzen Bock in Wiesbaden und dem Breidenbacher Hof in Düsseldorf gearbeitet.

Erster Wechsel Nach einem verheißungsvollen Start wurde das Restaurant bereits im Juli 2010 geschlossen, lediglich der Hotelbetrieb ging weiter. Schon seit April trat das Kleinaspacher Hotel Sonnenhof als Pächter auf. Geschäftsführerin war Katrin Boysen-Ferber. Später übernahm Gastronom Nick Fruth das Zepter. Er weitete den Gastronomiebereich zwei Jahre lang sogar auf dem Platz vor der Alten Vogtei aus. Die Außenbewirtschaftung bestand aus mehreren ebenen Terrassen mit Sitzplätzen für 30 bis 35 Gäste. Doch auch Fruths Engagement war nicht von Dauer. Als er Ende des Jahres 2017 den „Markgrafen“ im Bürgerhaus übernahm, folgte ihm Fabio Gomez als Pächter der Alten Vogtei. Nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs wurden in den Hotelzimmern auch Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet untergebracht.

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Erstellt:
18. April 2023, 06:00 Uhr

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