Drei Backnanger Projekte sollen zur IBA 2027 fertig sein

Bis sich die ehemaligen Industrieflächen im Backnanger Westen in ein neues, lebendiges Stadtquartier verwandelt haben, werden wohl noch Jahrzehnte vergehen. Inzwischen zeichnet sich aber ab, wie die ersten Schritte auf dem Weg dorthin aussehen sollen.

Die Internationale Bauausstellung im Visier: Baudezernent Stefan Setzer (links) und der Leiter des Stadtplanungsamtes Tobias Großmann vor der ehemaligen Lederfabrik Hodum. Das markante Backsteingebäude soll bis 2027 saniert werden.Fotos Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Internationale Bauausstellung im Visier: Baudezernent Stefan Setzer (links) und der Leiter des Stadtplanungsamtes Tobias Großmann vor der ehemaligen Lederfabrik Hodum. Das markante Backsteingebäude soll bis 2027 saniert werden.Fotos Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Insgesamt 17 Hektar groß ist das Gelände zwischen Friedrichstraße und Murrtalviadukt, das die Stadt Backnang zusammen mit den Eigentümern neu entwickeln möchte. Es umfasst unter anderem das Kaelble-Areal sowie mehrere ehemalige Gerbereien am Murrufer. Ein Konzept dafür liegt seit eineinhalb Jahren auf dem Tisch: Nach einem Wettbewerb mit mehr als 100 Teilnehmern aus aller Welt hatte damals ein Preisgericht den Entwurf der Büros Teleinternetcafé (Berlin) und Treibhaus (Hamburg) zum Sieger gekürt. Dieser sieht eine Mischung aus Wohnungen und Gewerbeflächen vor. Die alten Industriegebäude sollen dabei, wo immer es möglich ist, erhalten und mit neuem Leben erfüllt werden. In der Mitte des neuen Quartiers ist ein Park am Murrufer geplant.

„Dieser Entwurf ist unser Fundament“, sagt der Backnanger Baudezernent Stefan Setzer. Allerdings war von Anfang an klar, dass es mindestens 20 Jahre dauern wird, um ihn vollständig umzusetzen. Gleichzeitig herrscht jedoch Zeitdruck, denn das Quartier Backnang-West ist eines der Projekte für die Internationale Bauausstellung (IBA), die 2027 in der Region Stuttgart stattfindet. Wenn in viereinhalb Jahren Fachleute aus aller Welt nach Backnang pilgern, sollte man also mehr präsentieren können als nur Pläne und Visualisierungen. Zusammen mit den Grundstückseigentümern hat sich die Stadt deshalb auf drei sogenannte Initialprojekte geeinigt, die bis 2027 umgesetzt werden sollen.

Alte Lederfabrik Hodum könnte zum Vorzeigeobjekt werden

Eines davon ist die ehemalige Lederfabrik Hodum in der Eberhardstraße, direkt neben dem Restaurant Merlin. Das markante Backsteingebäude steht schon seit vielen Jahren leer und macht von außen einen verfallenen Eindruck. Untersuchungen durch einen Statiker haben allerdings gezeigt, dass die Bausubstanz besser ist als gedacht. Mit ein bisschen Fantasie und dem nötigen Kleingeld ließe sich aus der alten Fabrikhalle also etwas Interessantes machen. „Im Erdgeschoss können wir uns zum Beispiel ein Café vorstellen“, sagt Tobias Großmann, der das Stadtplanungsamt leitet. Die oberen Stockwerke könnten für Büros und Ateliers genutzt werden, auch möblierte Appartements für Geschäftsreisende und Monteure sind denkbar. Das Gebäude könnte laut Großmann dafür noch um ein oder zwei Geschosse aufgestockt werden.

Investitionen müssen wirtschaftlich sein

Eigentümer Marcus Püttmer zeigt sich offen für solche Ideen: „Das Gebäude hat einen gewissen Charme“, sagt der Geschäftsführer der Backnanger Firma Riva. Allerdings müsse sich die Investition am Ende auch wirtschaftlich lohnen. Püttmer rechnet mit Kosten von 10 bis 15 Millionen Euro. Und der Investor weiß aus Erfahrung: „Eine solche Sanierung ist meistens teurer als ein Neubau.“ Aus Sicht der Stadt wäre ein saniertes Hodum-Gebäude allerdings das perfekte Vorzeigeprojekt für die IBA 2027, auch wegen seiner exponierten Lage am Eingang zum künftigen Quartier.

Momentan versteckt sich die Murr noch hinter hohen Mauern. Künftig soll hier eine Uferpromenade verlaufen, die bei einem Hochwasser die Funktion eines Deichs übernimmt.

© Alexander Becher

Momentan versteckt sich die Murr noch hinter hohen Mauern. Künftig soll hier eine Uferpromenade verlaufen, die bei einem Hochwasser die Funktion eines Deichs übernimmt.

Aber auch am anderen Ende des Gebiets soll schon bald etwas passieren. Dort haben die Stadtplaner zwei Gebäude der ehemaligen Lederwerke Backnang (Leba) im Visier, nämlich ein altes Spinnereigebäude direkt am Murrufer und das sogenannte Kesselhaus, die frühere Heizzentrale der Fabrik. „Für diese beiden Objekte planen wir im nächsten Jahr ein Werkstattverfahren“, erklärt Tobias Großmann. In einem Wettbewerb sollen verschiedene Experten Vorschläge erarbeiten, wie eine neue Nutzung der alten Industriehallen aussehen könnte. „Ich kann mir hier zum Beispiel eine Mischnutzung vorstellen, bei der man Wohnen und Arbeiten in einem Haus zusammenbringt“, erklärt Baudezernent Setzer. Das letzte Wort hat aber auch hier ein privater Eigentümer.

Das dritte Starterprojekt will die Stadt dagegen selbst realisieren: die Parkaue am Murrufer. Die Idee, in der Mitte des künftigen Quartiers eine große Grünfläche am Fluss anzulegen, war einer der entscheidenden Pluspunkte des Siegerentwurfs. Allerdings steckt auch hier, wie so oft, der Teufel im Detail. Denn die Fläche gegenüber dem Juze, wo der Park entstehen soll, gehört zu großen Teilen der Firma Tesat. Das Unternehmen nutzt sie derzeit als Mitarbeiterparkplatz, sieht das Grundstück aber auch als Reserve für künftige Erweiterungen. „Wir können den Park deshalb nur bauen, wenn wir Tesat adäquate Ersatzflächen für die Stellplätze und bauliche Entwicklungsmöglichkeiten im Gebiet anbieten können“, weiß Tobias Großmann. Er hält das aber für machbar: „Daran arbeiten wir gerade.“

Ökologischer Hochwasserschutz statt hoher Mauern

Das zweite Problem, das noch gelöst werden muss, ist der Hochwasserschutz. Nach Plänen von 2015 wollte man die Murr eigentlich durch den Bau von Mauern und Spundwänden im Zaum halten, doch das passt nun nicht mehr zum neuen Konzept eines Quartiers am Fluss. „Wir wollen stattdessen einen ökologischen Hochwasserschutz umsetzen, bei dem der Fluss den Raum bekommt, den er braucht“, erklärt Tobias Großmann.

Die Funktion eines Deiches soll dabei ein erhöht liegender Fußweg übernehmen, die bepflanzte Böschung biete dann zusätzlichen Retentionsraum, der bei einem Hochwasser überschwemmt werden kann. „Auch für die Gewässerökologie ist das die bessere Variante“, erklärt Großmann. Einziger Nachteil: Für den neuen Hochwasserschutz muss noch mal ein Planfeststellungsverfahren gestartet werden, ein sehr aufwendiger Prozess, der nach Großmanns Einschätzung mindestens ein bis zwei Jahre dauert.

Trotzdem ist man im Rathaus zuversichtlich, dass Backnang bis 2027 etwas Vorzeigbares präsentieren kann. Noch deutlich früher, nämlich schon im Juni 2023, findet das erste von zwei sogenannten IBA-Festivals statt. Auch da möchte Backnang mitmachen und zumindest erste Visionen präsentieren, am liebsten an Ort und Stelle in einem entkernten Fabrikgebäude, das auf seine neue Nutzung wartet.

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Erstellt:
6. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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