Durch den Wald und über Felder

Die ganze Familie Eckstein macht sich regelmäßig mit dem Fahrrad auf den Weg – egal ob es nach Murrhardt geht oder sogar nach Stuttgart. Sie teilen Erfahrungen und geben Tipps für den Radausflug.

Radfahrerfamilie Eckstein: Katrin, Noah, Alexander und Nick Eckstein (von links). Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Radfahrerfamilie Eckstein: Katrin, Noah, Alexander und Nick Eckstein (von links). Foto: J. Fiedler

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Wenn an einem Sonntagnachmittag die Natur lockt, dann kann es sein, dass Familie Eckstein die Strecke Backnang–Murrhardt unter die Räder nimmt. Der elfjährige Nick sagt das so, dass man den Eindruck hat, diese ihm bekannte Strecke sei für ihn noch nicht langweilig geworden. Sein größerer Bruder Noah (14) stimmt dem zu, wobei er sich zusätzlich einen Schlenker über die Heppseen vorstellen kann. Die ganze Familie ist mit guten Fahrrädern ausgestattet, und so kann es sofort losgehen. Die Ecksteins wohnen am Nordrand der Stadt, und so sind sie im Handumdrehen auf dem Weg. Durch den Plattenwald oder über den Seehofweg geht es Richtung Strümpfelbach. Eingangs dieses Backnanger Ortsteils geht die Straße hinunter nach Zell. Gern fährt Katrin Eckstein (48) voran. „Denn sonst bin ich die Letzte“, sagt sie. Ihr Ehemann Alexander (48) scheut sich, die Gruppe anzuführen, denn er ist dann leicht zu schnell.

Wo und in welche Richtung abgebogen werden muss, ist im Grunde nicht zu verfehlen, denn der Radweg ist gut ausgeschildert. Noah ist der Weg so vertraut, dass er ihn auch allein finden würde. Ob dann in Murrhardt ein Ziel angesteuert werden muss, um die Motivation der beiden Söhne aufrechtzuerhalten? Zum Beispiel Eis essen gehen? Für Nick wäre das eine erfreuliche Dreingabe, aber es muss nicht sein. Wenn je die Stimmung kippen sollte, Katrin Eckstein hat für alle Fälle ein paar Kekse dabei. Auch die Versorgung mit Flüssigem ist für keinen der Radfahrer ein Problem. An jedem Fahrrad befindet sich ein Getränkehalter, sodass jeder seine eigene Trinkflasche mitnehmen kann. Und sollte wider Erwarten ein Regenschauer die Radler überraschen? Auch in dieser Hinsicht ist vorgesorgt. Alle Ecksteins haben eine wasserabweisende leichte Jacke dabei.

Egal ob mit oder ohne Navi: Die Familie ist immer motiviert.

15 Kilometer sind es nach Murrhardt. Bei gemütlicher Fahrt in einer Stunde zu bewältigen. Ohnehin kann man auf dem beliebten Weg bei gutem Wetter keine Höchstgeschwindigkeit fahren, da nicht nur viele andere Radfahrer, sondern auch viele Fußgänger unterwegs sind. Und was, wenn plötzlich einem Fahrradreifen die Luft ausgeht? Auch hier ist vorgesorgt. Vater Alexander Eckstein hat das notwendige Equipment immer dabei und würde dann die Sache in die Hand nehmen. Aber auch Noah traut sich zu, einen Platten an seinem Fahrrad zu reparieren.

Die Strecke nach Murrhardt ist den Ecksteins bekannt. Aber wie steht es mit anderen Zielen? Navi oder Fahrradkarte? Alexander Eckstein benutzt beides. Anhand der Karte verschafft er sich vor der Fahrt Orientierung. Unterwegs ist dann das Navi zuständig. Wobei sie nur mit Navi auch schon Wundersames erlebt haben.

Alexander Eckstein hat für seine Firma mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg ein Lastenfahrrad angeschafft. Alle so geförderten Lastenfahrradbesitzer wurden daraufhin von Verkehrsminister Winfried Hermann nach Stuttgart eingeladen. Katrin Eckstein und Nick nahmen ihr Fahrrad mit in die S-Bahn. Alexander Eckstein und Sohn Noah wollten die Landeshauptstadt per Rad erreichen. Unter Anleitung des Navis. In Erbstetten wurden sie – sie staunten das erste Mal – am Freibad vorbei in den Wald geleitet. Ein anderes Mal fanden sie sich an einem Feldrand wieder. Das vor ihnen liegende Feld sollten sie nun laut Navi durchqueren. In Fellbach-Schmiden wurden sie auf einen Stäffelesweg geleitet. Und der Weg machte seinem Namen alle Ehre. Beide Radfahrer standen schließlich vor einer Treppenflucht. Mit einigen Umwegen kamen die Unermüdlichen dann aber doch noch glücklich in Stuttgart an.

Dass die Söhne Noah und Nick so ohne Weiteres mitfahren, kommt freilich nicht von ungefähr. Im Kinderfahrradanhänger schnupperten sie zum ersten Mal Fahrtluft. Schnell gab’s das erste eigene Rad. Beide Söhne haben den Kindergarten Waldheim besucht, vielleicht einen Kilometer von der Haustür der Ecksteins entfernt. Die Strecke wurde mit dem Fahrrad zurückgelegt. „Selbst bei Regen“, wie sich Katrin Eckstein erinnert. Als Noah und Nick dann in die Plaisirschule gingen, musste das Fahrrad zu Hause stehen bleiben. Denn Grundschüler dürfen nicht mit dem Fahrrad zur Schule kommen. Erst in der 4. Klasse gibt es dann die Fahrradprüfung. Zu dieser muss man freilich mit dem eigenen Gefährt anrücken. Aber man darf dieses nicht fahren, man muss es bis zur Schule schieben. Aber diese Finessen deutscher Schulbürokratie konnten die beiden Jungradler in ihrer Motivation nicht erschüttern. Wenn die beiden Bewegung brauchen, dann nehmen sie das Fahrrad.

Ganz entscheidend auch das Vorbild der Eltern. Katrin und Alexander Eckstein sind in der eigenen Jugend viel mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Es gab noch nicht so eine Auswahl wie heute, sagt Alexander Eckstein. Tourenbike, Mountainbike, E-Bike und so weiter. Wenn man eine Dreigang-Sachs-Nabenschaltung hatte, konnte man sich schon glücklich schätzen. Wobei die heutige Vielfalt natürlich auch sein Gutes hat: Alexander Eckstein hat ein Sommer- und ein Winterfahrrad. Das Winterfahrrad hat Spikes-Reifen. Sollte eines Tages die Strecke nach Murrhardt für die Familie nicht mehr attraktiv sein, so hat Katrin Eckstein einen neuen Vorschlag: Man kombiniert S-Bahn und Fahrrad, fährt zum Beispiel bis Waiblingen und radelt zurück. Mal sehen, was die nächste Fahrradsaison bringt.

Tipps zur Planung der eigenen Radtour

Was bei der Planung einer Fahrradtour beachtet werden sollte:

Voraussetzungen: Ein Fahrrad, das Lust macht, damit zu fahren. Bremse und Licht sollte funktionieren. Die Reifen aufgepumpt sein.

Planung: Gegen das heute allseits übliche Navi ist nichts einzuwenden. Aber Grundkenntnisse zur Geografie der eigenen Heimat sind von Nutzen. Anders gesagt: Wer von Backnang aus nach Westen startet, wird vermutlich nicht in Murrhardt ankommen.

Motivation: War das Fahrradfahren bisher nicht üblich, wird es sicherlich einiges an Überzeugungsarbeit kosten, nun Partner oder sogar die ganze Familie dazu zu bewegen. Vielleicht muss man Ziele mit anderen Aktivitäten (zum Beispiel baden gehen) kombinieren.

Strecke: Hier gilt es genau abzuwägen: Was kann ich meinen Kindern zumuten? Muss ein für die Kinder interessantes Ziel auf der Strecke liegen? Wenn die ersten Erfahrungen gesammelt sind, kann man sich ja langsam steigern. Vor allem: Ist auf der Strecke eine Steigung zu bewältigen (was bei Backnang und seiner Umgebung fast nicht zu vermeiden ist)? Kinder unbedingt darauf vorbereiten!

Ausrüstung: Alles, was bei Laune hält: Getränke, Snacks. Und unabdingbar bei unsicherem Wetter: Regenkleidung. Dazu: Fahrradflickzeug und notwendiges Handwerkszeug. Letzteres gibt es vielfach als Kombinationswerkzeug. Da heute die verschiedensten Ventile verbaut werden, ist es auch wichtig, die richtige Fahrradpumpe oder entsprechende Adapter dabei zu haben. Auch Stürze können vorkommen. Hier kann man mit etwas Verbandszeug vorsorgen.

Längere Touren mit Übernachtung: geeignete, sicher haltende Packtaschen. Einen Koffer auf dem Gepäckträger zu balancieren, dürfte fehlschlagen. Und vor allem bei einer Fahrt mit der ganzen Familie: Jeder nimmt nur das Nötigste mit.

Sicherheit: Nur mit Helm ist das Fahrradfahren auch wirklich chic.

Tourenvorschlag: Backnang –Großaspach– Kleinaspach–Altersberg–Allmersbach–Rietenau–Strümpfelbach–Backnang:

Man verlässt Backnang über die Aspacher Straße. Durch Großaspach. Von der Hauptstraße in die Jahnstraße Richtung Rietenau. Vor dem Ortsteil Hohrot links Richtung Fautenhau abbiegen. In Allmersbach über die Rietenauer/Kleinaspacher Straße nach Kleinaspach. Ortseingangs in Kleinaspach am Wohnmobilparkplatz nach rechts auf Wanderweg nach Einöd. Durch Einöd über Rohrgasse und Ortsstraße weiter nach Altersberg. Im Ort von der Quellenstraße nach rechts in Bergstraße. An Steinhausen und Vordervöhrenberg vorbei. Wo es rechts nach Vordervöhrenberg geht nach links fahren, etwa 500 Meter bis zum Waldspielplatz. Weiter nach Allmersbach. In Rietenau von der Thaddäus-Troll-Straße nach links in die Trinkgasse. Vom Fleckenäckerweg nach rechts in Erlenhau Richtung Großaspach. An der Reitanlage Wellerhof nach links auf Größeweg Richtung Strümpfelbach. Bundesstraße überqueren. Über Kelteracker und Hebammenweg auf Salzstraße Richtung Backnang. Am Waldfriedhof vorbei erreicht man über den Seehofweg Backnang. Zirka 30 Kilometer.

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Erstellt:
18. Februar 2021, 11:30 Uhr

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