Klimawandel und Naturkatastrophen

Extremwetter treiben Versicherungskosten für Häuser nach oben

Hochwasser, Hagel, Hitze: Naturereignisse verursachen immer höhere Kosten. Die Versicherungsprämien bei Elementarschäden sind stark gestiegen und könnten ganz aus dem Ruder laufen.

Große Schäden gab es bei einem Hochwasser Anfang Juni vergangenen Jahres, wie hier in Schorndorf-Miedelsbach im Rems-Murr-Kreis.

© Gottfried Stoppel

Große Schäden gab es bei einem Hochwasser Anfang Juni vergangenen Jahres, wie hier in Schorndorf-Miedelsbach im Rems-Murr-Kreis.

Von Thomas Faltin

Gebäudeversicherungen werden immer teurer. Viele hundert Euro für ein Einfamilienhaus sind mittlerweile ganz normal, und die Preise steigen weiter – über die Jahresabrechnung auch für Mieter. Das hat zwei wesentliche Ursachen.

In den vergangenen Jahren war das vor allem die Inflation. „Der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Baupreisindex hat sich vom ersten Quartal 2020 bis zum ersten Quartal 2025 um 38,8 Prozent erhöht“, sagt Christopher Jag, Sprecher des Marktführers Sparkassenversicherung. Entsprechend sind die Versicherungssummen gestiegen.

Der Klimawandel ist der zweite Kostentreiber. 2024 war das Jahr mit der vierthöchsten Schadenssumme aller Zeiten. Vielen dürfte noch das große Hochwasser Ende Mai und Anfang Juni 2024 etwa im Rems-Murr-Kreis in schlechter Erinnerung sein. Allein dafür sind bei der SV-Versicherung 15 600 Schäden mit zusammen 233 Millionen Euro an Kosten eingereicht worden. Noch teurer waren nur die Unwetter 2021, der Orkan „Lothar“ 1999 und das Hagelereignis „Andreas“ 2013, das vor allem die Kreise Tübingen, Reutlingen und Esslingen getroffen hatte.

In den Jahren 2020 bis 2024 seien bei der SV die Gesamtschäden gegenüber der Vorperiode 2015 bis 2019 um rund 86 Prozent gestiegen, sagt der Versicherungssprecher Jag. Die kostspieligen Wetterereignisse häufen sich nicht zufällig. Die Wissenschaft ist sich längst einig, dass es künftig noch mehr Starkregen, Hagel oder Hitzeschäden geben wird.

Nach einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung, der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung und der Prognos AG ist bis 2050 mit einer Gesamtschadenssumme von 280 bis 900 Milliarden Euro für Deutschland zu rechnen – je nachdem, wie stark die Temperatur ansteigt und je nachdem, wie stark die Politik die Folgen des Klimawandels bekämpft. Zum Vergleich: In den Jahren 2000 bis 2021 lag die gesamte Schadenshöhe bei 145 Milliarden Euro, darunter allein 40,5 Milliarden Euro für die Sturzflut im Ahrtal 2021.

Was bedeutet dieser Trend für die Versicherung eines Hauses? Neben der Gebäudeversicherung für Schäden durch Sturm, Hagel und Feuer gibt es eine Elementarschadenversicherung, die auch nach Hochwasser, Starkregen oder Erdbeben eingreift. Diese zweite Versicherung haben 94 Prozent in Baden-Württemberg, weil sie bis in die 1990er Jahre Pflicht war. Deutschlandweit sind es aber nur 54 Prozent aller Gebäude.

Die ohnehin stark gestiegenen Prämien für Elementarschadenversicherungen könnten sich durch den Klimawandel in den nächsten zehn Jahren nochmals verdoppeln, warnt Kathrin Jarosch, die Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Das könnte bei einem Einfamilienhaus also ein niedriger dreistelliger Betrag zusätzlich sein. Aber jedes Gebäude wird je nach Lage und Größe anders berechnet.

Im Südwesten sei die Tendenz ähnlich, betont Christoph Jag. Schon heute mache die Prämie für die Elementarschadenversicherung im Schnitt ein Drittel der Versicherungskosten für ein Gebäude aus: „Angesichts des Klimawandels gehen wir davon aus, dass sich dieser Anteil auch in Zukunft überproportional zur Gesamtprämie entwickeln wird.“

Um die Kosten zu begrenzen, plädieren die Versicherer dafür, dass der Staat verstärkt Vorsorge betreibt, um Naturereignisse einzudämmen oder deren Schadenspotenzial zumindest zu verringern. Dazu gehöre etwa, so Jarosch, dass in hochwassergefährdeten Gebieten nicht mehr gebaut werden dürfe. Tatsächlich hat die Regierung vor einem Jahr ein Klimaanpassungsgesetz erlassen; viel passiert ist seither nicht. Vor allem in den Kommunen fehle Geld und Personal, um Maßnahmen umzusetzen, etwa einen Hitzeaktionsplan oder Vorkehrungen gegen Starkregen, kritisiert der Klimaforscher Raimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.

Jedem muss eine Versicherung angeboten werden

Von diesen Präventionsmaßnahmen macht die Versicherungswirtschaft auch abhängig, ob sie sich auf eine neue Pflichtversicherung einlassen will, die die schwarz-rote Bundesregierung laut ihrem Koalitionsvertrag einführen will. Künftig soll jedem Hausbesitzer – auch jenen, die schon eine Gebäudeversicherung haben – eine Elementarschadenversicherung angeboten werden. Wer sie aktiv abwählt, könnte nach einem Hochwasser nicht mehr auf staatliche Unterstützung hoffen.

Grundsätzlich gilt das als sinnvoll. Denn wer für Gebäude-, Elementarschaden- und Leitungswasserversicherung jährlich hohe dreistellige Beträge bezahlt, findet es ungerecht, wenn etwa bei einer Überflutung der Staat Schäden aus Steuermitteln begleicht, weil viele Hausbesitzer nicht versichert waren. Das war zuletzt häufig der Fall.

Allerdings wären manche Gebäude, etwa direkt an einem Fluss, nur extrem teuer zu versichern – oder eine Versicherung lehnt einen Vertrag gleich ab. Der Schutz solcher Häuser könnte nach dem neuen Modell erschwinglich bleiben, indem alle Versicherten etwas mehr bezahlen. Der GDV möchte daneben aber auch vom Staat die Zusicherung bekommen, dass dieser bei extremen Ereignissen doch finanziell etwas beisteuert „zur Stabilisierung des Marktes“.

Ob sich die Regierung darauf einlässt, ist offen. „Die Arbeiten zur Umsetzung der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag befinden sich noch in einem frühen Stadium“, lässt Anna-Lena Beckfeld, Sprecherin im Bundesjustizministerium, wissen.

Übrigens: Bedauern muss man die Versicherungen trotz der hohen zu bezahlenden Schadenssummen nicht. Die SV-Versicherung etwa hat 2024 ein „sehr gutes Geschäftsjahr“ hinter sich mit einem Gewinn von mehr als 100 Millionen Euro.

Die höchsten Schäden

BundesvergleichLaut einer Schadensauswertung des Recherchenetzwerkes Correctiv lag Baden-Württemberg auf Platz sieben aller Bundesländer, also im vorderen Mittelfeld. Der Durchschnittsschaden pro Wohngebäude in den Jahren 2002 bis 2022 betrug im Südwesten 6303 Euro. Am höchsten war der Schaden in Rheinland-Pfalz mit 10.683 Euro. Hintergrund dafür sind die extremen Zerstörungen im Ahrtal. Lokal lag dort der durchschnittliche Schaden pro Gebäude sogar bei mehr als 100.000 Euro.

SüdwestenDie höchsten Schadenssummen aller Versicherer in Baden-Württemberg ereigneten sich im genannten Zeitraum in den Jahren 2013, 2016 und 2021 mit jeweils gut 11.000 Euro Schaden pro Gebäude. 2013 war der Hagelsturm „Andreas“ die Ursache, 2016 sind viele Orte, etwa Braunsbach, von Starkregen betroffen gewesen, auch 2021 war Starkregen der Auslöser. fal

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Erstellt:
23. Juli 2025, 11:46 Uhr

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