Großes Interesse an „Lernbrücken“

Schwache Schüler können in den letzten beiden Wochen der Sommerferien freiwillig an Lern- und Förderkursen teilnehmen. Im Raum Backnang wurde das 980 Schülern empfohlen, immerhin 457 Schüler haben sich angemeldet.

Anfang Mai war erstmals nach der sieben Wochen langen Schulschließung wieder Unterricht vor Ort möglich, wenngleich zum Teil nur in „halben Klassen“ und in bestimmten Fächern, so wie im abgebildeten Fall bei der 10b in der Schickhardt-Realschule Backnang. Die Wissenslücken, die während der Coronazeit entstanden sind, sollen nun mithilfe der Lernbrücken wieder geschlossen werden. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Anfang Mai war erstmals nach der sieben Wochen langen Schulschließung wieder Unterricht vor Ort möglich, wenngleich zum Teil nur in „halben Klassen“ und in bestimmten Fächern, so wie im abgebildeten Fall bei der 10b in der Schickhardt-Realschule Backnang. Die Wissenslücken, die während der Coronazeit entstanden sind, sollen nun mithilfe der Lernbrücken wieder geschlossen werden. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Im laufenden Schuljahr gibt es wegen Corona keine Sitzenbleiber. Gleichzeitig existieren – ebenfalls wegen Corona – bei einigen Schülern besonders große Lernlücken. Das Kultusministerium hat auf diese vertrackte Situation mit einem besonderen Angebot reagiert und bietet in den letzten beiden Wochen der Sommerferien freiwillige Lern- und Förderkurse an. Diese „Lernbrücken“ sollen den Schülern ermöglichen, Stoff aufzuholen, Lerninhalte zu wiederholen und gezielt an Lernschwierigkeiten zu arbeiten. Im Rems-Murr-Kreis haben die Lehrer etwa 3000 Schüler aufgelistet, für die solche Lernbrücken sinnvoll wären, 1733 und somit mehr als die Hälfte davon nehmen das Angebot auch wahr, zudem 58 Schüler, die überhaupt nicht vorgeschlagen waren. Im Raum Backnang wurden 980 Schüler vorgeschlagen, immerhin 457 Schüler möchten die Hilfe nutzen. Die Leiterin des Staatlichen Schulamts Backnang, Sabine Hagenmüller-Gehring, hatte in den vergangenen Tagen alle Hände voll zu tun, die Organisation des Hilfsangebots zu managen. Nun zeigt sie sich glücklich, vor allem auch darüber, dass die Lehrkräfte mitgezogen haben.

42 Lernbrücken an fast jedem Schulstandort im Raum Backnang

Im Raum Backnang sollen insgesamt 42 Lernbrücken stattfinden, 22 in Grundschulen, 18 in Real- und Gemeinschaftsschulen und jeweils eine Lernbrücke in einem sonderpädagogischen Bildung- und Beratungszentrum (Pestalozzischule) sowie in einer gemischten Form (Grundschule und weiterführende Schule). Die jeweiligen Lernbrücken werden sich aus maximal 16 Teilnehmern zusammensetzen. Wobei Hagenmüller-Gehring erklärt, dass auch einer Gruppe einmal 17 Teilnehmer vorläufig zugeordnet werden: „Vermutlich kommen sowieso nicht alle. Kinder können krank werden oder doch noch Ferienreisen machen.“ In den meisten Lernbrücken sind aktuell 10 bis 13 Schüler vorgesehen. Die Lernbrücken finden in nahezu allen Schulen statt. Ausnahmen sind jene, bei denen es zu wenige Anmeldungen gab. So werden die Grundschüler von Maubach und der Talschule zusammengefasst, in einer wurden nur vier Schüler gemeldet, in der anderen nur neun Schüler. Die Meldezahlen fallen in den jeweiligen Gemeinden sehr unterschiedlich aus. So haben in Kirchberg an der Murr die Eltern von 21 Kindern Interesse bekundet, in Burgstetten ist nur ein Kind gemeldet. Zusammengelegt werden auch die Lernbrücken von Sechselberg, Unterbrüden und Lippoldsweiler, sie finden in Unterbrüden statt.

Die Lernbrücken sind nötig, weil die Schüler nach den Schulschließungen während der Krise auf das Lernen zu Hause angewiesen waren. Dies hat vor allem bei leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern zu Lernlücken geführt. Für das Förderangebot nimmt das Kultusministerium Ressourcen im Wert von rund 13 Millionen Euro in die Hand.

Lernlücken gibt es vor allem deshalb, weil die Eltern ihre Kinder trotz aller Anstrengungen nicht ebenbürtig unterstützen konnten wie ausgebildete Lehrer. So war das heimische Lernen für manche Schüler mit großen Schwierigkeiten verbunden; sie konnten in dieser Phase nicht die Lernfortschritte erzielen, die sie im regulären Unterricht erreicht hätten. Zum Teil fehlten den Kindern auch die technischen Möglichkeiten, Ausstattungen und Fertigkeiten.

Kultusministerin Susanne Eisenmann ist zuversichtlich, dass die Schüler den Unterrichtsstoff in diesem Sommer aufgrund der intensiven Förderkurse nachholen und dann „zuversichtlich und gut vorbereitet in das neue Schuljahr starten können“. Sabine Hagenmüller-Gehring jedoch gibt zu bedenken, dass die Lernlücken auch im kommenden Schuljahr vorhanden sind: „Wir müssen die Kinder auch im nächsten Schuljahr begleiten.“

Für welche Schüler die Förderung in Form von Lernbrücken pädagogisch angezeigt ist, haben die jeweiligen Klassenlehrkräfte in Abstimmung mit den Fachlehrkräften entschieden. Auswahlkriterien waren dabei Leistungsdefizite, die bereits vor der Schulschließung bestanden (Notenbild), schlechte oder keine Erreichbarkeit während der Schulschließung, erkennbare Defizite im Fernlern- und Präsenzunterricht sowie eine erkennbare Gefahr des Wiederholens im Folgeschuljahr. Alle Eltern wurden angeschrieben und über das Angebot informiert. Anfang dieser Woche wurden die Antwortbriefe ausgewertet, die Gruppen zusammengestellt und das Lehrpersonal dafür benannt. Geleitet werden die Förderkurse von erfahrenen Pädagogen, vorzugsweise von Lehrern, die die Schüler kennen oder im nächsten Schuljahr unterrichten werden. Ihr Einsatz erfolgt auf freiwilliger Basis. Hagenmüller-Gehring ist dankbar und froh, dass so viele Lehrer ihre Bereitschaft zur Mithilfe erklärt haben. „Das Engagement ist beeindruckend. Für fast alle Lernbrücken konnten bereits Pädagogen gefunden werden.“

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Zwei Wochen lang täglich drei Stunden

Im Raum Backnang/Weissacher Tal/Murrgemeinden wurde 980 Kindern empfohlen, an den Lernbrücken teilzunehmen. Angemeldet haben sich insgesamt 457 Kinder, wobei 10 Kinder sich zusätzlich freiwillig angemeldet haben. Derzeit sind 42 Lernbrücken vorgesehen.

Betreut werden die Schüler laut aktuellem Stand von 62 Lehrkräften. Diese erhalten eine finanzielle Aufwandsentschädigung in Höhe von 40 Euro je Stunde. Der größte Teil, nämlich 50 Lehrer, stammt aus der jeweiligen Schule. Ein besonderes Angebot richtet sich an Lehramtsbewerber, die bereits ein Einstellungsangebot zum kommenden Schuljahr 2020/2021 erhalten haben. Sie können für den Unterricht in den Lernbrücken ausnahmsweise bereits zum 31. August in den Schuldienst des Landes eintreten. Neun solche Referendare arbeiten im Raum Backnang an den Lernbrücken mit. Ebenso können Pensionäre oder pädagogische Assistenten einen Kurs übernehmen, im Raum Backnang ist dies dreimal der Fall.

Das Programm richtet sich schwerpunktmäßig an Schüler der Grundschulen, der Sekundarstufe I der weiterführenden Schulen, der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, der Berufsfachschulen, Berufskollegs sowie beruflichen Gymnasien, die durch das Fernlernen nur punktuell oder gar nicht erreicht werden konnten.

Die Kurse finden in den beiden letzten Ferienwochen statt. Die intensiven Lernsequenzen umfassen drei Stunden pro Tag; inhaltlich gegliedert in die Förderbereiche Deutsch, Mathematik und „Schwerpunktförderung“.

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Erstellt:
24. Juli 2020, 06:00 Uhr

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