Grünes Licht für schräge Brücke

Weil dem Gemeinderat der geplante Steg am Backnanger Bahnhof zu teuer war, wurden die Pläne abgespeckt. Der jetzt vorgelegte Entwurf ist zwar 1,3 Millionen Euro günstiger, die Ersparnis für die Stadt fällt allerdings viel geringer aus.

Schlichter Stahlsteg statt überdachter Holzbrücke: Der Backnanger Gemeinderat hat sich am Bahnhof für die Sparversion entschieden. Visualisierung: Büro sbp

Schlichter Stahlsteg statt überdachter Holzbrücke: Der Backnanger Gemeinderat hat sich am Bahnhof für die Sparversion entschieden. Visualisierung: Büro sbp

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Wer am Backnanger Bahnhof zu den hinteren Bahnsteigen kommen will, muss Treppen steigen. Für Reisende mit schwerem Gepäck ist das anstrengend, für Rollstuhlfahrer eine unüberwindbare Hürde. Ein barrierefreier Bahnhof steht auf der Wunschliste der Kommunalpolitik deshalb schon lange ganz oben. In zwei Jahren soll es endlich soweit sein: Dann soll die neue Stadtbrücke fertig sein, die den Bahnhofsvorplatz mit der Maubacher Höhe verbindet. Vier Aufzüge schaffen dann einen barrierefreien Zugang zu allen Bahnsteigen.

Dass der neue Steg dringend nötig ist, darüber herrscht im Gemeinderat Einigkeit, doch über die Frage, wie er aussehen soll und wie viel er kosten darf, wird nun schon ziemlich lange diskutiert. Im Mai 2019 hatte sich der Gemeinderat bereits einstimmig für eine verglaste Holzfachwerkkonstruktion entschieden. Für die Optik des Entwurfs gab es damals viel Lob. Doch die Kostenschätzung von rund 5,8 Millionen Euro brachte einige Stadträte wieder ins Grübeln. So forderte unter anderem die CDU als größte Fraktion, die Pläne abzuspecken, um Kosten zu sparen. Das hat die Verwaltung getan und dem Gemeinderat eine neue Planung vorgelegt: Anstelle der überdachten Holzbrücke ist nun ein schlichter Stahlsteg geplant. Die Kostenschätzung liegt jetzt bei 4,5 Millionen Euro. Noch 100000 Euro günstiger wäre es gewesen, wenn man auf einen der vier Aufzüge verzichtet hätte und den Höhenunterschied zum Büttenenfeld mit einer 70 Meter langen Rampe überwunden hätte. Diese Idee haben Verwaltung und Gemeinderat aber verworfen.

Somit ist der neue Entwurf rund 1,3 Millionen Euro günstiger als die Holzbrücke. Die Ersparnis für die Stadt fällt allerdings deutlich geringer aus, denn auch die Zuschüsse schrumpfen. Bei der Holzbrücke hatte die Stadt mit 2,5 Millionen Euro vom Land gerechnet, jetzt sind es laut Verwaltung nur noch 1,45 Millionen. Der städtische Haushalt wird lediglich um 280000 Euro entlastet. Wobei sich diese Summe sogar noch weiter reduzieren könnte, denn Andreas Stier, Leiter des Hochbauamts, hat die Stadträte schon einmal darauf vorbereitet, dass sie mit einer Preissteigerung von bis zu 15 Prozent rechnen müssen.

Definitiv günstiger ist die Stahlbrücke aber bei den Folgekosten: Weil die aufwendige Reinigung der Glasverkleidung wegfällt und sie außerdem langlebiger ist als die hölzerne Variante, reduzieren sich die Kosten für Abschreibungen und Unterhalt von 138000 auf 56000 Euro pro Jahr. Andreas Stier spricht deshalb von einer „sehr wirtschaftlichen Lösung“.

Für Radfahrer wird es in den Aufzügen eng.

Trotzdem ist auch dieser Entwurf nicht unumstritten. So störte sich CDU-Stadtrat Gerhard Ketterer daran, dass die Brücke eine Neigung von drei Prozent haben soll: „In Backnang gibt es schon genug Gefälle, wir sollten kein zusätzliches bauen“, sagte Ketterer. Den Ruf von Pisas schiefem Turm werde Backnang mit seiner schrägen Brücke wohl kaum bekommen, scherzte der Stadtrat. Baudezernent Stefan Setzer erklärte, durch das Gefälle könne man die Zahl der Treppenstufen reduzieren, dadurch spare man rund 100000 Euro. Er versicherte, die geringe Neigung der Brücke werde Passanten kaum auffallen.

Diskutiert wurde auch über die Aufzüge: Die sind mit zwei Metern Länge und 1,20 Meter Breite nicht gerade üppig dimensioniert. Vor allem für Radfahrer könnte es da ziemlich eng werden, wie Rolf Hettich (CDU) und Karl Scheib (Bürgerforum) anmahnten. Außerdem beschäftigte die Stadträte die Frage, was passiert, wenn ein Fahrstuhl defekt ist. Die CDU-Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert regte an, die Nutzer online auf Störungen hinzuweisen, damit diese nicht erst am Bahnhof feststellen, dass der Aufzug nicht funktioniert.

Letztlich gab der Gemeinderat bei einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen grünes Licht für den Neubau. Die Bauarbeiten sollen im nächsten Sommer beginnen. Die drei vorgefertigten Brückenelemente werden dann im Mai 2022 eingehoben, im November desselben Jahres soll die neue Stadtbrücke in Betrieb gehen. Bis dahin wird der vorhandene Steg noch begehbar bleiben, anschließend wird er abgerissen.

Der Brückenneubau ist auch deshalb so kompliziert und teuer, weil der Bahnbetrieb parallel weiterläuft. Allerdings müssen die Gleise mehrfach tageweise gesperrt werden. Diese Sperrpausen muss die Stadt bei der Bahn jeweils zwei Jahre vorher anmelden. Deshalb ist es wichtig, dass der Zeitplan für die Baustelle trotz der Änderungen an den Plänen eingehalten wird.

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Erstellt:
25. Juli 2020, 06:00 Uhr

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