IBA-Planung in Backnang lässt noch viel Spielraum zu

Der Ausschuss Technik und Umwelt empfiehlt dem Gemeinderat die Zustimmung zum Rahmenplan für das IBA-Gelände Backnang-West. Ein Grundstückstausch zwischen Tesat, Aldi und den Stadtwerken bietet neue Möglichkeiten.

So könnte ein Gewerbehof im Teilquartier Wohnfabrik aussehen. Die Herausforderung dabei ist, viel Bestand zu erhalten und so weiterzuentwickeln, dass Gewerbe, Arbeiten vor Ort und Wohnen nebeneinander funktionieren. Visualisierung: Teleinternetcafé

So könnte ein Gewerbehof im Teilquartier Wohnfabrik aussehen. Die Herausforderung dabei ist, viel Bestand zu erhalten und so weiterzuentwickeln, dass Gewerbe, Arbeiten vor Ort und Wohnen nebeneinander funktionieren. Visualisierung: Teleinternetcafé

Von Matthias Nothstein

Backnang. Mehr als drei Stunden lang war das IBA-Projekt Backnang-West Thema im Backnanger Ausschuss für Technik und Umwelt. Am Ende ist eine einstimmige Empfehlung an den Gemeinderat herausgekommen. Diese lautet: Die Stadträte sollen den Rahmenplan des Hamburger Büros Teleinternetcafé als städtebauliches Entwicklungskonzept beschließen.

Rahmenplan? Was bedeutet das? Rollen bald schon die Bagger? Wie sehen die konkreten Pläne aus? Bevor solche Fragen auftauchten, traten Erster Bürgermeister Stefan Setzer und Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann gewaltig auf die Bremse. Beide erklärten wortreich, es handele sich bei einem Rahmenplan nur um eine planerische Vorstufe und Willensbekundung und nicht um einen rechtsverbindlichen Plan, der automatisch zu Baugenehmigungen führen wird. Setzer: „Der Rahmenplan bildet die Grundlage, um in den nächsten Monaten oder Jahren weiter über dieses Gebiet diskutieren zu können. Aber wir diskutieren dann nicht mehr im luftleeren Raum, sondern auf einer fachlich fundierten Basis.“ Trotzdem bleibt Gestaltungsspielraum: „Was heute gilt, muss möglicherweise im Jahr 2030 nicht mehr unbedingt gelten. Diese Flexibilität wollen wir uns behalten.“ Sein Appell an die Ausschussmitglieder vor der Präsentation: „Stören Sie sich bitte nicht an jeder Geschosshöhe, die eingezeichnet ist, das sind nur städtebauliche Absichtserklärungen, ein Rahmen, den Sie in den nächsten Jahren ausfüllen sollen.“

Die Planungen sind nicht das Ende des Prozesses und nicht rechtsbindend

Auch Großmann erläuterte: „Der Rahmenplan ist nicht das Ende des Prozesses, sondern nur eine Wegmarke und nicht rechtsbindend.“ Er enthält zum Beispiel keine endgültigen Aussagen über Geschossanzahl oder -höhen, „das regeln erst die Bebauungspläne, die daraus resultieren“.

Seit die Entscheidung des städtebaulichen Wettbewerbs vor bald drei Jahren gefallen ist, ist einiges passiert. So wurde mit den Eigentümern ein sehr konstruktiver Entwicklungsprozess begonnen. Großmann spricht von Leitplanken wenn er die Themen auflistet: Erschließung, Mobilitätskonzeption, Hochwasserschutz. Alles sei unheimlich komplex und erfordere einen langen Atem, zumal vieles optimiert werden soll. So bedeutet ökologischer Hochwasserschutz zum Beispiel die Abkehr von dem, was in der Vergangenheit in Backnang realisiert wurde. Statt Mauern und Dämme soll eine Murraue entstehen. Das Gesamtkonzept des IBA-Areals soll stufenweise umgesetzt werden. Aber auch wenn sich jetzt schon einzelne Entwicklungen abzeichnen, so wird zum Zeitpunkt der Internationalen Bauausstellung 2027 noch wenig zu sehen sein. Setzer: „Es handelt sich um eine langfristige Entwicklung. Die IBA stößt das nur an. Ich möchte die Erwartungshaltung für 2027 dämpfen. Sie laufen dann nicht durch einen neuen Stadtteil.“

Marius Gantert von Teleinternetcafé stellte die konkretisierten Überlegungen für die drei Teilquartiere Citycampus, Wohnfabrik und Stadtwerk sowie die Parkaue vor. Nach den sehr detaillierten Ausführungen erläuterte Großmann für jedes Quartier einzeln, welche nächsten Schritte anstehen. So soll eine Machbarkeitsstudie für ein Parkhaus an der Ecke Schöntaler Straße/Friedrichstraße für mehr Klarheit sorgen. Für das Hodum-Projekt hingegen könne recht schnell ein Baubeschluss gefasst werden, da hierzu keine Bebauungsplanänderung nötig sei. Zudem kündigte Großmann vertiefende Bodenuntersuchungen für all jene Bereiche an, die nicht im Hochwassergebiet liegen. Sie seien die Basis für künftige Bebauungspläne.

Änderungen beim Stadtwerk

Die größten Neuigkeiten gab es fürs Quartier Stadtwerk. Aufgrund einer anvisierten Grundstücksrochade von Aldi, Tesat und den Stadtwerken in der Schlachthofstraße könnten mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Die Stadtwerke sollten ihre Flächen neu ordnen und kompakter und effizienter werden. Auf der Fläche des Hauptgebäudes der Stadtwerke könnte Aldi neu bauen und Tesat dafür das Aldi-Areal erhalten. Setzer: „Es ist uns wichtig, dass Tesat in räumlicher Nähe zum heutigen Standort künftige Entwicklungsmöglichkeiten hat.“ Möglich würde das durch die beschriebene Rochade. Dazu braucht es laut Setzer noch die Zustimmung des Stadtwerke-Aufsichtsrats und von Aldi und Tesat.

Weitere Themen

Im Quartier Wohnfabrik soll künftig ein stärkeres Nebeneinander von Gewerbe und Wohnen stattfinden. Wichtig ist laut Gantert, geeignete Puffer zu finden, die dieses Nebeneinander ermöglichen. Das Gebäude Fabrikstraße 45 soll zum Starterprojekt werden und Rückschlüsse für die weitere Planung ermöglichen.

Gantert ermutigte, die Projekte jetzt anzupacken, die bereits möglich sind, etwa das Hodum-Projekt und besonders die Parkhäuser, die außerhalb der Hochwasserzone liegen. Sie sind wichtig, weil nur durch sie die Flächen für weitere Entwicklung frei werden. „Diese ersten Maßnahmen sind nötig, um eine katalysatorische Wirkung entfalten zu können. Sie können die anderen Maßnahmen in Gang bringen.“

Braucht es ein weiteres Parkhaus?

Drei der wichtigsten Eigentümer des Gebiets konnten in der Ausschusssitzung ihre Erwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen vortragen. Marcus Püttmer nutzte dies ausführlich. Er lobte den gut gelungenen Siegerentwurf. Kleinigkeiten monierte er. So forderte er etwa ein weiteres Parkhaus im City-Campus für künftige Mieter. „Wer die vergangenen Jahre die Backnanger Kreiszeitung gelesen hat und meinen Vater kennt, weiß, wo die Visionen meines Vaters lagen: weiter, schneller und vor allem höher. Jetzt ist ein zwölfstöckiges Gebäude geplant. Ich tue mir schwer, das als Hochpunkt wahrzunehmen. Will man hier tatsächlich eine Landmarke setzen oder eher ein Landmärkle?“

Gerne würde Püttmer sein Hodum-Projekt umsetzen, da er zu dem Gebäude eine besondere Beziehung hat. „Ich habe schon immer davon geträumt, hier Loft-Wohnungen zu bauen.“ Er gab aber wirtschaftliche Risiken zu bedenken. „Dämmung, Fenster, Schadstoffe im Boden. Solch ein Bau wird nicht wirtschaftlich sein.“ Auch Wolfgang Kaess rechnete spitz für sein Projekt Fabrikstraße 45. „Die zentrale Frage lautet: Wird das Konzept mit der heterogenen Mischung funktionieren?“ Um wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, möchte er auf das Gebäude zwei Wohnetagen draufsatteln und einen Anbau mit sechs oder sieben Stockwerken errichten. Maximilian Räuchle sagte im Hinblick auf den IBA-Zeitplan: „Ich habe gelernt, bei dem Projekt nicht in Jahren zu denken, sondern in Dekaden.“

Die Ausschussmitglieder waren größtenteils mit der Vorstellung zufrieden. Willy Härtner (Grüne) kritisierte, dass kein Wort zum Thema Energieversorgung gefallen war. Setzer dazu: „Wir haben das Thema bewusst herausgelassen, weil wir Sie schon einmal informiert hatten.“ Und Großmann erklärte: „Das wäre ein zu großes Paket gewesen, neben all den anderen Informationen.“ Rolf Hettich (CDU) indes wandte sich direkt an Püttmer: „Ein Hochhaus mit etwa 50 Meter Höhe, das sieht man schon.“ Er lobte die Planung für die Radwege und prophezeite: „Die werden gut genutzt werden.“ Kritik kam von Heinz Franke (SPD), nicht wegen der Planung, sondern wegen des Informationsflusses. Dass Aldi auf die Fläche der Stadtwerke umziehen solle, höre er in dieser dezidierten Form zum ersten Mal.

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Erstellt:
19. März 2024, 06:00 Uhr

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