Sinkende Zahlen: Impfungen sollen gezielter angeboten werden

dpa/lsw Stuttgart. Nach dem Ansturm auf die begehrten Impftermine bricht die Nachfrage nun ein. Dem Gesundheitsminister macht das mit Blick auf die Delta-Variante Sorgen. Wie wollen Land und Verbände Tempo in die Impfkampagne bringen?

Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für Soziales und Integration in Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für Soziales und Integration in Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Die lahmende Impfbereitschaft und die Ausbreitung der Delta-Variante machen Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) Sorgen. „Gerade in der Gruppe der jungen Erwachsenen registrieren wir derzeit vermehrt Ansteckungen und zugleich eine Zurückhaltung gegenüber den Impfungen“, sagte der Minister am Freitag anlässlich eines digitalen Impfgipfels in Stuttgart. In den vergangenen drei Wochen sei die Zahl der Erstimpfungen in den Impfzentren nach Ministeriumsangaben um 70 Prozent eingebrochen. „Noch Mitte April haben wir auf dem ersten Impfgipfel über den großen Mangel und eine gerechte Verteilung des Impfstoffes diskutiert“, sagte Lucha. „Nun haben wir eine komplett andere Situation.“

Wenn die Menschen nicht in die Impfzentren kommen, sollen die Spritzen nun zu den Menschen gebracht werden - so lässt sich das Ergebnis des Spitzentreffens von unter anderem Vertretern von Kommunen, Ärzte-, Industrie- und Handwerksverbänden zusammenfassen. „Wir machen den Weg zur Impfung überall im Land so einfach wie möglich“, kündigte Lucha an. „Ob eine Impfung im Fußballstadion, mobile Impfteams auf Markt- und Supermarktplätzen oder Impfungen ohne Termin in den Zentren – alle Initiativen sind willkommen“, erklärte der Minister. Infoteams mit Sprachmittlern in Fußgängerzonen und eine landesweite Aktionswoche im Juli sollen die Impfquote im Südwesten weiter erhöhen.

Lucha drohte in diesem Zusammenhang auch erneut mehr Druck an: Eine Impfung sei zwar freiwillig, sagte er. Aber ungeimpfte Erwachsene müssten bei steigenden Fallzahlen künftig mit einer erneuten Ausweitung der Testpflicht rechnen.

Zuletzt hatte der Heidelberger Virologe Hans-Georg Kräusslich der Landesregierung geraten, mit Angeboten verstärkt in soziale Brennpunkte zu gehen. „Man kann sich schon vorstellen, dass dort die Bereitschaft weniger ausgeprägt ist und der Aufwand zu groß scheint. Auch die Obdachlosenheime werden nicht ganz so leicht erreicht“, sagte der ärztliche Direktor des Uniklinikums Heidelberg den „Badischen Neuesten Nachrichten“ (Freitag).

Lucha appellierte an Ungeimpfte, sich noch vor den Sommerferien die Spritze setzen zu lassen. „Derzeit macht uns vor allem die Verbreitung der Delta-Variante Sorgen. Perspektivisch werden auch in
Baden-Württemberg die Fallzahlen und die Inzidenz weiter steigen.“

In Baden-Württemberg gelten nach Angaben des Sozialministeriums 45 Prozent der Bevölkerung als vollständig geimpft (Stand Freitag). 58 Prozent haben bisher eine Impfung erhalten. Aus Sicht des Robert Koch-Instituts sollten im Kampf gegen die Delta-Variante mindestens 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der Menschen ab 60 Jahren vollständig geimpft sein.

Allerdings werden laut Ministerium derzeit in den Impfzentren weniger als 5000 Erstimpfungen pro Tag verabreicht. Ein Einbruch um 70 Prozent innerhalb von drei Wochen. Um die erwünschten Quoten zu erreichen, müssten pro Woche in Impfzentren, bei Betriebsimpfungen und durch die Ärzte im Schnitt 230 000 Menschen geimpft werden.

© dpa-infocom, dpa:210716-99-409806/3

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Erstellt:
16. Juli 2021, 15:27 Uhr

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