3I/ATLAS
Interstellares Objekt könnte ältester bekannter Komet sein
Ein ungewöhnlicher Komet aus fernen Teilen der Milchstraße ist in unserem Sonnensystem aufgetaucht. Was Forscher über seine Herkunft und sein Alter herausgefunden haben.

© M. Hopkins/Otautahi-Oxford Team/dpa
Diese vom Ōtautahi-Oxford Team zur Verfügung gestellte Illustration zeigt eine Seitenansicht der Milchstraße und die geschätzten Umlaufbahnen unserer Sonne und des Kometen 3I/ATLAS. 3I/ATLAS ist mit roten gestrichelten Linien, die Sonne mit gelben gepunkteten Linien dargestellt.
Von Markus Brauer/dpa
Unser Sonnensystem hat einen seltenen und sehr alten Gast: Bei einem in der vergangenen Woche entdeckten interstellaren Objekt könnte es sich um den ältesten Kometen handeln, der jemals beobachtet worden ist. Forscher der britischen Universität Oxford gehen davon aus, dass er möglicherweise mehr als drei Milliarden Jahre älter ist als unser Sonnensystem.
Aus einer völlig anderen Region unserer Milchstraße
Dem Astronomen Matthew Hopkins könnte er über sieben Milliarden Jahre alt sein. Demnach ist der „wasserreiche Besucher“ mit der Bezeichnung 3I/ATLAS erst das vierte bekannte Objekt von außerhalb unseres Sonnensystems, das jemals in unserer kosmischen Nachbarschaft gesichtet wurde. Und das erste, das uns aus einer völlig anderen Region unserer Milchstraße erreicht hat.
Hopkins, der seine Annahmen auf einem Kongress der britischen Royal Astronomical Society vorstellt, betont: „Von den bisher bekannten Kometen lässt unsere statistische Methode darauf schließen, dass 3I/ATLAS sehr wahrscheinlich der älteste Komet ist, den wir je gesehen haben.“ Das Objekt sei erstmals am 1. Juli 2025 mit einem speziellen Teleskop in Chile entdeckt worden, als es etwa 670 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt war.
Astrophysiker und Co-Autor Chris Lintott unterstreicht: „Dies ist ein Objekt aus einem Teil der Galaxie, den wir noch nie aus der Nähe gesehen haben.“
Komet soll nahe der Mars-Umlaufbahn kommen
Eine Gefahr für die Erde ist das Objekt nicht. „Am sonnennächsten Punkt wird es in der Nähe der Mars-Umlaufbahn sein, also vollkommen sicher und weit weg“, erklärt Astronom Rainer Kresken, der für die europäische Raumfahrtbehörde Esa in Darmstadt im Planetary Defence Office arbeitet, nach den ersten Sichtungen.
Internstellare Objekte im Sonnensystem
Und noch ein weiteres interstellares Objekt fliegt nach Angaben der Europäischen Raumfahrtagentur ESA derzeit durch das Sonnensystem. Das Objekt, das aktuell den Namen A11pl3Z trägt, stelle keine Gefahr für die Erde dar und werde „tief durch das Sonnensystem fliegen und dabei knapp in die Umlaufbahn des Mars eindringen“, unterstreicht der Leiter der planetaren Verteidigungsabteilung der ESA, Richard Moissl.
A mysterious visitor from another star is getting close A giant interstellar object named #A11pl3Z is speeding toward our Sun from deep space. It’s not from our solar system, its strange path proves that. Around 20 km wide, it's far bigger than the earlier visitors like… pic.twitter.com/1mf5yHWdnU — Space Mechanics (@SpaceMechanicsY) July 2, 2025
Als interstellare Objekte (lateinisch: inter stellas – zwischen den Sternen) werden Himmelskörper bezeichnet, die nicht an einen Stern gebunden sind und Sternsysteme wie das unsere nur durchqueren. Sie befinden sich im interstellaren Raum und sind gravitativ nicht an einen Stern bzw. Braunen Zwerg gebunden.
Ein solcher Durchflug wurde bislang nur bei drei weiteren Objekten beobachtet: neben 3I/ATLAS noch 1I/’Oumuamua und 2I/Borisov. Beide waren deshalb so interessant für für die Astronomie, weil sie uns als Objekte von außerhalb ungewöhnlich nahegekommen sind.
Besucher aus dem Weltall
Oumuamua war der erste Besucher aus einem anderen Sonnensystem, der eindeutig als solcher identifiziert worden ist. Doch bei diesem immer noch rätselhaften Objekt handelte es sich nicht um einen Kometen.
Das zigarrenförmige, etwa 400 Meter lange Objekt war am 9. September 2017 in nur einem Viertel der Erdentfernung an der Sonne vorbeigeflogen und dabei auf bis zu 300 Grad Celsius erhitzt worden. Dadurch hätte er auftauen und möglicherweise sogar zerbrechen können, da Astronomen davon ausgehen, dass derartige Objekte zu einem erheblichen Anteil aus Eis bestehen.
Der Komet Borisov passierte in den Jahren 2019/2020 unser Sonnensystem. Seine hyperbolische Bahn bewies, dass es sich um einen Besucher von einem anderen Stern handelte.
Gebilde aus Eis, Staub und Gestein
Kometen – auch Schweifsterne genannt – sind kleine Himmelskörper, die nur wenige Kilometer Durchmesser haben. Sie ziehen einen leuchtenden Schweif aus flüssigem oder festen Material hinter sich her. Wie ihre größeren Vettern, die Asteroiden, sind sie Relikte aus der Zeit, als das Sonnensystem entstand.
Kometen bestehen aus Eis, Staub und Gestein. Der Kometenkern ist oft nur wenige Kilometer groß und wird von der Koma, einer nebeligen Hülle umgeben, die bis zu drei Millionen Kilometern messen kann. Der Schweif, den der Komet wie eine Mähne hinter sich herzieht, kann eine Länge von mehreren 100 Millionen Kilometern erreichen.
Eisreiche Brocken auf exzentrischen Bahnen
Anders als Asteroiden haben Kometen ihren Ursprung in den eisigen äußeren Gefilden des Sonnensystems wie dem Kuipergürtel. Wenn diese eisreichen Brocken dann auf ihren exzentrischen Bahnen bis ins innere Sonnensystem gelangen, heizt die Sonnenwärme sie auf.
Als Folge gasen Eise und andere flüchtige Komponenten aus und reißen Staubteilchen mit sich – es entsteht der typische Kometenschweif.
Bis zu 10.000 interstellare Objekte
Eine Untersuchung des Objekts wird vermutlich nicht möglich sein. Es bewege sich „erheblich schneller“ als die beiden anderen zuvor entdeckten interstellaren Objekte, konstatiert der Astronom der britischen University of Central Lancashire, Mark Norris.
Laut Norris gehen Modelle von bis zu 10.000 interstellaren Objekten aus, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Sonnensystem befinden. Diese Objekte lieferten einen seltenen Einblick in die Lebensbedingungen außerhalb des Sonnensystems. Würden auf ihnen etwa Aminosäuren entdeckt werden, wäre dies ein Hinweis auf die Möglichkeit von Leben.