Kammermusik-Trio überzeugt

Zuhörer des Adventskonzerts im Klosterhof Großhöchberg lauschten den frühen Werken Beethovens

Ein voll besetzter Konzertsaal, eine gelungene Auswahl der Literatur: Dunja Robotti, Elena Graf und Arthur Balogh begeisterten mit frühen Werken Beethovens das Publikum im Klosterhof Großhöchberg.

Dunja Robotti, Elena Graf (vorne) und Arthur Balogh boten Beethovens Werke virtuos dar. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Dunja Robotti, Elena Graf (vorne) und Arthur Balogh boten Beethovens Werke virtuos dar. Foto: A. Becher

Von Christoph Rothfuß

SPIEGELBERG. Im adventlich verzauberten Großhöchberg konnte man am Sonntagnachmittag vorzügliche Kammermusik genießen: Im atmosphärisch geschmückten Dorfgemeinschaftshaus erlebte man ein Trio, das nicht nur aufgrund seiner Besetzung das besondere Etwas hatte. Klavier, Geige und Kontrabass mit einer Literaturauswahl abseits der viel begangenen Pfade, die Veranstalter hatten alles richtig gemacht – das Haus war voll.

Der programmatische Schwerpunkt lag auf dem frühen Trio Beethovens, welches keine Opuszahl bekommen hat, aber doch über den Bonner Meister so viel erzählt. Ursprünglich für Klavier, Flöte und Fagott komponiert, hatten es die drei Solisten für ihre Besetzung übernommen. Am Yamaha-Flügel hatte Dunja Robotti aus Brüssel Platz genommen, die das ganze Konzert über sehr souverän agierte und immer wieder ein Rückhalt für ihre beiden Streicherkollegen war. An der Geige glänzte Elena Graf aus Frankfurt am Main, ihres Zeichens 1. Konzertmeisterin des Staatsorchesters Stuttgart. Eine Marke war Arthur Balogh (ebenfalls Brüssel, Mitglied der Stuttgarter Philharmoniker), der seinen Kontrabass im Sitzen spielte und permanent einen dermaßen verschmitzten und charmanten Blickkontakt zu seinen Mitstreiterinnen aufrechterhielt, ohne je das Spielen und Gestalten der Musik zu vernachlässigen.

Früher Beethoven also: Eine herrisch auffahrende Geste, die sofort in eine heimelig-graziöse Stimmung umgebogen wird, eröffnete den Kopfsatz. Ein heiteres Treiben der motivischen Einfälle und Entwicklungen, filigrane Girlanden in Violine und Klavier. Das Trio bietet dies mit gekonntem Augenzwinkern, in der Durchführung eine in der Musikgeschichte so oft bemühte Quintfallsequenz, aber hier eine mit einer gehörigen Portion Überraschungseffekt. Im „Adagio“ hob ein inniger Zwiegesang zwischen Klavier und Bass an; ehrliche Versunkenheit und Kontemplation, gefolgt von einem emphatischen Aufschwung. Unerwartete Modulationen münden in einen Abschnitt der Stagnation, des Stillstands, der von hinten gehört, den Auftakt des abschließenden, vor Energie überquellenden Variationensatzes bildet. Das Thema geriert sich munter und sehr selbstbewusst ausschreitend, keck perlen Tonleitern, Läufe und Arpeggien. Eine ungebärdig und derb polternde Moll-Variation und die für Beethoven so typischen gegen den Strich bürstenden Akzente verleihen diesem Kehraus noch zusätzliche Farben. Graf, Robotti und Balogh hatten sichtlich ihren Spaß dabei, mit müheloser Leichtigkeit und routinierter Unaufgeregtheit boten sie alles dieses.

Jetzt hatte die Pianistin allein das Wort: Mit der 1. Ballade Opus 23 in g-Moll von Frédéric Chopin entführte sie das gebannte Publikum in eine Welt subtilen Schmerzes, stolzer Gefühlswallungen, polnischem Patriotismus und ganz viel Poesie. Und das alles verwob Dunja Robotti dermaßen dicht und organisch zu einem lyrischen Manifest, in ihrer Interpretation war kein einziger unmotivierter Ton zu finden, jedes Detail bedingt eine entsprechende Nuance und trägt so zum Gesamtbau bei. Sie bedient sich dabei eines Kniffes: Indem sie immer wieder viel Ruhe ins Geschehen bringt, wirken die dramatischen Passagen noch bedrohlicher. Wie im Schlussteil kraftlose Resignation und rasendes Brausen der blinden Verzweiflung collagenartig gegeneinander montiert sind, wird für immer ein großer Moment der Klaviergeschichte bleiben. Was konnte jetzt noch kommen? Eine absolute Rarität von Giovanni Bottesini. Gran Duo Concertante für Violine, Kontrabass und Klavier. Nach einer unbekümmert-sorglosen Einleitung bricht ein solcher ingrimmiger Virtuosen-Stolz hervor, dass einem Hören und Sehen vergeht. Hernach tritt man in mildere Gefilde ein, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass dieses Werk von der ersten bis zur letzten Note ein virtuoser Parforceritt ist, ein im besten Sinne des Wortes zirzensisches Kabinettstück. Das Trio scheint die Schwierigkeiten zu genießen, Arthur Balogh inszeniert einen unnachahmlich komischen Flageolett-Ländler. Des Weiteren zu finden: viel Opernschmelz, schelmische Versteckspiele, kokette Annäherungen. Die Musik atmet eine rhapsodische Großzügigkeit, Elena Graf brilliert mit einer irrwitzig behänden Kadenz. Viel Beifall vom begeisterten Publikum, das noch zu Speis und Trank in den Klosterhof eingeladen wurde.

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Erstellt:
4. Dezember 2018, 06:00 Uhr

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