Neues Backnanger Jahrbuch vorgestellt

Im 30. Backnanger Jahrbuch geht der Blick aber über Backnang hinaus: Es geht unter anderem um die Gemeindereform vor 50 Jahren und es gibt Luftaufnahmen aus den 1960er-Jahren.

Das tragische Schicksal des Gastarbeiters Franciszek Gacek, dem im April 2022 ein Gedenkstein gewidmet wurde, ist auch ein Thema im Backnanger Jahrbuch.Archivfoto: Armin Fechter

Das tragische Schicksal des Gastarbeiters Franciszek Gacek, dem im April 2022 ein Gedenkstein gewidmet wurde, ist auch ein Thema im Backnanger Jahrbuch.Archivfoto: Armin Fechter

Von Klaus Loderer

Backnang. „Es geht nicht um eine lokale Nabelschau, die Beiträge weisen vielmehr weit über Backnang hinaus“, rückte Professor Gerhard Fritz das neue Backnanger Jahrbuch in einen größeren Rahmen. Der 30. Band wurde am Montagabend im Technikforum vorgestellt. Ulrich Olpp, Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins Backnang, begrüßte dort im Rahmen des 231. Altstadtstammtischs mehr als 80 interessierte Gäste.

„Jeder einzelne Band ist für unsere Stadtgeschichte Gold wert“, hob Oberbürgermeister Maximilian Friedrich die Bedeutung des Backnanger Jahrbuchs hervor. „Mit der 30. Ausgabe des Backnanger Jahrbuchs wird wieder einmal eine große Lücke im Wissen um unsere bewegte Geschichte geschlossen.“ Besonders lobte das Stadtoberhaupt die Autoren und Autorinnen des Bands: „Es wurde in unendlicher Kleinarbeit Wissenswertes über die Geschichte der Stadt Backnang zusammengetragen und alles in einem wunderschönen Buch zusammengefasst.“ Besonders die Beiträge zum Thema Wasser faszinierten ihn, berichtet Friedrich. Der Band widme sich auch der vor 50 Jahren durchgeführten Gemeindereform, in der Backnang durch Eingemeindungen stark angewachsen sei, so Friedrich, aber gleichzeitig habe man mit der Auflösung des „traditionsreichen und unvergessenen“ Altkreises Backnang auf den Sitz des Landratsamts verzichten müssen.

Beiträge zum Bahnhof wie auch zum Schicksal Franciszek Gaceks

Für die redaktionelle Betreuung dankte Friedrich den beiden Herausgebern Gerhard Fritz und Stadtarchivar Bernhard Trefz. Diese stellten im Anschluss den Band und die einzelnen Beiträge vor. „Zu einem Spaziergang beim Eschelhof sollte man künftig das Backnanger Jahrbuch mitnehmen“, darin werde nämlich die Rolle des Sees erklärt, meinte Gerhard Fritz augenzwinkernd. Vom Theologen Christoph Friedrich Schott aus Erbstetten gehe der Reigen der Beiträge über den alten Backnanger Bahnhof bis zum tragischen Schicksal des polnischen Zwangsarbeiters Franciszek Gacek. Wieder habe Andreas Kozlik die Jahreschronik verfasst. Die anwesenden Autoren wurden vom Publikum mit Beifall bedacht.

Einige der Autoren des neuen Backnanger Jahrbuchs (von links): Klaus Loderer, Gerhard Fritz, Bernhard Trefz, Andreas Kozlik, Martin Pfender und Walter Schieber. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Einige der Autoren des neuen Backnanger Jahrbuchs (von links): Klaus Loderer, Gerhard Fritz, Bernhard Trefz, Andreas Kozlik, Martin Pfender und Walter Schieber. Foto: Alexander Becher

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Bernhard Trefz im Rahmen eines Vortrags eine Sammlung von Ende der 1960er-Jahre entstandenen Luftbildern von Backnang vor. Der Luftbildfotograf Erich Tschöpe hatte die Fotos 1968 aufgenommen. „Es ging damals wohl darum, zu zeigen, wie modern Backnang gerade wurde“, erläuterte der Stadtarchivar, „Backnang gab sich modern.“ Er wies darauf hin, dass die Fotos wohl bewusst so gemacht wurden, um die Neubauten in Szene zu setzen. So fallen zwischen den Giebelhäusern die damals gerade entstandenen Flachdachneubauten auf, die ganz bewusst nicht an die vorhandenen Bauten angepasst wurden. Trefz konnte sich spitzer Bemerkungen über diese „Klötze“ nicht enthalten.

Markant demonstrierte er das am Beispiel des Bereichs um das Totenkirchle. Wie die Gebäude der 1950er-Jahre noch dezent eingepasst seien, zeigte Trefz mit einem Luftbild der Tausschule, deren Umgebung vor allem durch die Häuser der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Backnang gekommenen Heimatvertriebenen geprägt gewesen sei. Zahlreiche auf den Fotos zu sehende Gebäude existieren heute nicht mehr.

Das wurde am Schlachthof deutlich, erkennbar auf einem Foto als Jugendstilkomplex. Ein großer Gaskessel überragte noch die Stadtwerke. Bei einigen Gebäuden ging Trefz etwas ausführlicher auf die Geschichte ein. Gelegentlich flocht er auch Erinnerungen an seine eigene Jugendzeit ein. Viele heute dicht bebaute Viertel waren damals noch grün. Direkt an die Matthäuskirche schlossen sich Felder an.

Neue Gewerbe und Industrie verdrängten das Grün aus der Stadt

Zu den von oben fotografierten Vierteln gehörte auch das damals noch recht neue Gewerbegebiet um die Industriestraße. Trefz erläuterte: „In den 60er-Jahren sollte die Industrie in Backnang breiter angelegt werden, damit bei Krisen in einem Bereich die Stadt nicht so stark getroffen werden sollte. Im Bereich der Industriestraße wurden neue Gewerbe angesiedelt.“ Die Fotos zeigten Firmen wie die Holzwarenfabrik Schiller, Farben-Klenk und das Postgelände. Auch die Spritnase sah damals noch ganz anders aus und lag in einem spitzen Winkel zwischen der Bundesstraße und der Stuttgarter Straße. Noch ganz bescheiden sah man die inzwischen zu einem riesigen Komplex angewachsene Gewerbeschule. „Die Stadt hat sich seither dramatisch verändert“, resümierte Trefz. Aber die Entwicklung war insgesamt doch zum Guten.

Backnanger Jahrbuch Der 30. Band des Backnanger Jahrbuchs ist bereits erhältlich, unter anderem bei der Backnanger Kreiszeitung in der Postgasse 7, 71522 Backnang.

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Erstellt:
30. November 2022, 11:30 Uhr

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