Nicht nur Kunst unter der Haut

Serie: Gestochen scharf Neben dem ästhetischen Aspekt der Tattoos spielen vor allem Risiken und Hygiene eine wichtige Rolle

Allergische Reaktionen, Entzündungen, giftige Inhaltsstoffe: Oft wird beim Tätowieren viel über das passende Motiv nachgedacht, aber nur am Rande über die Risiken, die es mit sich bringt. Vor allem über Langzeitauswirkungen fehlt die Forschung.

Es sind nicht nur schöne Bilder auf der Haut, Tätowierungen können zudem unangenehme und hässliche Folgen haben. Foto: Fotolia/A. Zaitsev

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Es sind nicht nur schöne Bilder auf der Haut, Tätowierungen können zudem unangenehme und hässliche Folgen haben. Foto: Fotolia/A. Zaitsev

Von Sarah Schwellinger

BACKNANG. In einem Jahr sind es Federn, dann Anker und dann die Sterne: Ständig ändern sich Geschmäcker und Trends, auch wenn es um Tattoos geht. Da macht man sich lange Zeit Gedanken darüber, welches Motiv welche Körperstelle bis zum Lebensende zieren soll, aber nur selten denkt man darüber nach, welche gesundheitlichen Risiken damit verbunden sein können. Was ist eigentlich drin, in der Farbe? Wieso bleibt die Farbe in der Haut? Was tut man dem Körper damit an? Und welche Auswirkungen hat das in der Zukunft?

Beim Tätowieren werden die Nadeln zuerst in Farbe getaucht. Die werden dann mit einer Frequenz von bis zu 10000 Stichen pro Minute mittels einer Tätowiermaschine in die Haut gestochen. Die Nadeln bringen die Farbe in die Lederhaut, die sich nicht wie die darüber liegende erste Hautschicht ständig erneuert. Hier wird ein Teil der größtenteils unlöslichen Farbpigmente eingelagert, der andere Teil, sowie die Hilfs- und Konservierungsstoffe aus der Farbe, während der Heilung in den Körper abtransportiert und nach außen abgegeben.

Größtes Risiko sind hier wohl allergische Reaktionen, die nicht nur bei der ersten, sondern auch bei jedem weiteren Tattoo auftreten können. Die Tätowiermittelverordnung listet Inhaltsstoffe, die zur Herstellung der Farben verboten sind. Deshalb sollte man sich die Farbe vor dem Tätowieren ruhig einmal zeigen lassen. Trotzdem kann es vorkommen, dass sich in den Tattoo-Farben beispielsweise Nickelspuren befinden, die bei der Produktion unbemerkt hineingekommen sind. Die fand die Stiftung Warentest bei einem Test im Jahr 2014, bei dem zehn Farben auf ihre Inhaltsstoffe getestet wurden. Für ihre Produkte müssen Hersteller keine toxikologischen Berichte erstellen, so das Bundesinstitut für Risikoforschung: Nach dem Kosmetikrecht müssen bestimmte Inhaltsstoffe wie Farb- und Konservierungsmittel zugelassen werden. Doch die Farbe gilt nicht als Kosmetika, da sie nicht auf, sondern unter die Haut kommt.

Weiter verpflichtet die Tätowiermittelverordnung die Hersteller, dass neben den Bestandteilen auch ein Mindesthaltbarkeitsdatum, die Verwendungsdauer nach dem Öffnen und Name und Adresse der Firma auf den Flaschen angegeben werden. Bis zum Öffnen der Farbe trägt der Hersteller oder Importeur die Verantwortung, dass das Produkt die Gesundheit nicht gefährdet. Ist die Flasche offen, achtet der Tätowierer auf Haltbarkeit, Verwendungsdauer und den richtigen hygienischen Umgang mit der Farbe.

Ist die Farbe dann erst einmal unter die Haut gebracht, gilt Vorsicht und die richtige Pflege, denn: „Frische Tätowierungen sind vorübergehende, kleine Verletzungen. Wenn man damit Sport macht oder Schwimmen geht, setzt man sich Infektionsquellen aus“, erklärt Joachim Härle, Pressesprecher der AOK Ludwigsburg Rems-Murr. Auch Hepatitis oder HIV sind durchs Tätowieren schon übertragen worden. Vorsicht sei vor allem im Ausland geboten, wo nicht die gleichen Hygienestandards wie in Deutschland gelten. „Ein Gesundheitsrisiko besteht außerdem insofern, als beim Stechen nur der geringste Teil der Farbe wirklich in der Haut bleibt. Der Großteil wird sofort abtransportiert und kann sich in Lymphknoten oder im Körper sammeln.“

Welche Auswirkungen Tattoo-Pigmente langfristig auf den Körper haben, ist noch nicht umfassend erforscht. In einigen Farben sind Stoffe enthalten, die im Verdacht stehen Krebs auszulösen. Auch bei der Bestrahlung der Pigmente mit dem Laser oder UV-Licht können giftige Partikel freigesetzt werden.

„Entstehen aufgrund von Tattoos, Piercings oder medizinisch nicht notwendiger Schönheitsoperationen Krankheiten oder Verletzungen, sind die Krankenkassen sogar dazu verpflichtet, davon betroffene Patienten in angemessener Höhe an den Behandlungskosten zu beteiligen“, weiß Härle. Auch die Zahlung von Krankengeld könne in solchen Fällen entweder ganz oder teilweise versagt oder zurückgefordert werden.

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Erstellt:
18. August 2018, 06:00 Uhr

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