Ministerin hat jüdische Vorfahren
Prien will bei AfD-Kanzler auswandern – Häme von AfD-Mann Martin Hess
Bei einem AfD-Kanzler würde sie wohl auswandern, sagt Bundesbildungsministerin Karin Prien. Der Ludwigsburger AfD-Abgeordnete Martin Hess reagiert mit Häme.

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Karin Prien teilt Überlegungen zu einer Auswanderung, Martin Hess reagiert mit Häme.
Von Eberhard Wein und dpa
Die Ankündigung von Bundesbildungsministerin Karin Prien, unter einem AfD-Kanzler Deutschland verlassen zu wollen, hat bei der AfD zu hämischen Kommentaren geführt. Der Ludwigsburger AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess veröffentlichte auf den Plattformen Instagram und X eine Bildkachel mit der Aufforderung: „Frau Prien, packen Sie schon mal Ihre Koffer!“ Der hessische AfD-Landtagsabgeordnete Jochen K. Roos schrieb auf X: „Ich wünsche schon mal eine gute Reise, Frau Prien. Wir drücken bereits alle die Daumen!“
Die CDU-Politikerin, die jüdische Vorfahren hat, hatte im Podcast „Meine schwerste Entscheidung“ der Funke Mediengruppe erklärt: „Wenn die AfD den Bundeskanzler stellt, dann werde ich sicherlich vorher Deutschland verlassen. Das kann ich, glaube ich, heute so sagen. Das wäre nicht mehr mein Land.“
Schon heute gelinge es dem Staat nicht mehr, Jüdinnen und Juden jederzeit vor Angriffen auf offener Straße zu schützen. „Juden, die als Juden gelesen werden, also die durch Kippa, durch das Tragen eines Davidsterns erkennbar sind, werden auf offener Straße diskriminiert, werden angespuckt, werden angegriffen.“ Viele, die sie kenne, zögen sich zurück oder diskutierten, ob man in Deutschland weiter leben könne, sagte Prien.
„CDU hat Antisemitismus ins Land geholt“, sagt Hess
Hess, der auch stellvertretender Vorsitzender der AfD in Baden-Württemberg ist, kommentierte dazu, es sei die CDU gewesen, die „spätestens seit 2015 Antisemiten ins Land geholt“ habe. Die AfD sei die einzige Partei, die Juden in Deutschland vor diesem importierten Antisemitismus schützen wolle. Zahlreiche X-Nutzer reagierten darauf mit Empörung. Die AfD habe offenbar ein taktisches Verhältnis zum Schutz von Juden und erkenne Antisemitismus nur, wenn er als Vorwurf gegen Flüchtlinge gerichtet werden könne. „Die AfD will sich ihr Monopol auf Antisemitismus wohl nicht nehmen lassen“, schrieb einer.
Prien hatte in dem Podcast von einem privaten Treffen am vorangegangenen Wochenende erzählt. Dabei habe sie sich mit Jüdinnen und Juden unterhalten über die Frage, ob man jetzt überlege, sich ein finanzielles Polster auch im Ausland zu schaffen, sagte Prien. „Also es sind schon so Gedankenspiele, denen ich mich auch nicht vollständig verschließe.“ Allerdings sei USA und Israel momentan eher schwierige Zufluchtsorte. Dennoch würde sie sagen: „Am ehesten ist es immer noch Israel. Aber das ist natürlich ein großer Schritt.“
Prien mahnt zur Aufmerksamkeit
Auch wenn die politischen Institutionen derzeit klar Linie hielten, müsse man sehr genau beobachten, ob das so bleibe. Es sei bitter, dass man nur, weil man tatsächlich oder vermeintlich als Jüdin oder Jude angesehen werden könne, für Entscheidungen der israelischen Regierung in Haftung genommen werde. „Und das ist klassisch antisemitisch. Und diese Zuschreibungen haben zugenommen.“