Sich erinnern und Neugier wecken

Verein „Kreatives Sulzbach an der Murr“ nimmt Kunstausstellung zum Anlass, neue Heimatstube im Schloss Lautereck zu eröffnen

Josef-Georg Müllers Augen leuchten. Man sieht dem ersten Vorsitzenden des Vereins „Kreatives Sulzbach an der Murr“ an, dass die neu gestaltete Heimatstube im Gewölbekeller des Schloss Lautereck etwas Besonderes sein muss. Die Künstler haben am Wochenende in deren Räumlichkeiten ihre kreativen Arbeiten ausgestellt und dies gleichzeitig mit der Eröffnung des neuen Raumes verbunden.

Josef-Georg Müller ist einer von 27 kreativen Köpfen und Vorsitzender des Vereins „Kreatives Sulzbach an der Murr“. Stolz ist er auf die neu eingerichtete Heimatstube im Schloss Lautereck. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Josef-Georg Müller ist einer von 27 kreativen Köpfen und Vorsitzender des Vereins „Kreatives Sulzbach an der Murr“. Stolz ist er auf die neu eingerichtete Heimatstube im Schloss Lautereck. Fotos: A. Becher

Von Yvonne Weirauch

SULZBACH AN DER MURR. In großen Lettern prangt es kunstvoll kreiert über dem Gewölbekellereingang: Heimatstube. Die Tür ist weit geöffnet. Ins Auge des Betrachters fällt sofort ein großes Schild auf dem „Zum Freibad“ steht und eine Schultafel. Steigt man die wenigen Stufen hinab, fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt.

„Der Raum ist nicht sehr groß, aber wir haben hier im Moment alles so zusammengetragen, wie es vorhanden ist“, erklärt Josef-Georg Müller. Während im ersten Stock seine Künstlerkollegen den Besuchern das eine oder andere malerische Werk der Ausstellung erläutern, erzählt Müller, wie es zu der kleinen, aber feinen Heimatstube kam: „Das Thema gibt es schon seit 50 Jahren“, holt der Kunstliebhaber aus. Schon Altbürgermeister Willy Ehnis hatte gemeinsam mit einem Zahnarzt die Idee, ein Heimatmuseum einzurichten. Aber wie es eben so ist – dazu kam es nicht. „Erst 2011 bei dem Jahrhunderthochwasser, von dem auch Sulzbach betroffen war, und viele Exponate im Dreschschuppen im Wasser standen, kam ich mit Bürgermeister Dieter Zahn ins Gespräch. Ich wollte den Gedanken eines Heimatmuseums weiterführen“, gibt Müller zu. 2014 sei klar gewesen, dass sich ein Verein gründen müsse, um an dieser Idee zu arbeiten – „Kreatives Sulzbach an der Murr“ wurde ins Leben gerufen.

„In der Heimatstube wird nun gezeigt, was die Gemeinde damals gekauft hat“, so der erste Vorsitzende. Vieles müsse er noch „nachrecherchieren“, um es dann dem Besucher „noch greifbarer vor Augen zu führen“. Vieles sei ihm aber auch schon gelungen. So wie beispielsweise ein Text über die Löwen-Apotheke: „Schon seit dem Jahr 1793 besitzt Sulzbach eine Apotheke. Der Apotheker Johann Alexander Dietrich aus Löwenstein kaufte am 23. September 1791 das Gebäude der heutigen Löwen-Apotheke. Der untere Stock war im Besitz des Bäckers Jakob Helmle, um 500 Gulden erwarb ihn Dietrich“ – so der Anfang des Textes, der über das medizinische Wesen in Sulzbach informiert. Auf einer Abstellfläche stehen Gläser, beschriftet mit dem Namen, der das früher darin enthaltene Medikament beschreibt. Ein altes Waffeleisen steht auf einem Sparherd in der Ecke. Im hinteren Bereich sind zwei Nähmaschinen aufgestellt: eine der Familie Wilhelm Böhringer – Schneidergeselle bei der Schneiderei Birk und eine des Geschäftshauses Kummer, wie ein Schild an den jeweiligen Exponaten beschreibt. An der Wand lehnt ein restauriertes Freibadschild: „Waldfreibad – seit 1972 geschlossen“ ist als Hinweis angebracht. Eine „einzigartige Arbeit damals“, schwärmt Müller. Als er versucht habe, das Schild mit einem Kehrwisch abzustauben, habe er gleich gemerkt, dass „die Farbe abbröckelt“. Müller: „Da habe ich sofort damit aufgehört“, sagt er lachend und verweist auf die getreue Detailarbeit: „Hier sind Personen im Wasser, die kaum mehr zu erkennen sind, oder Badegäste am Beckenrand.“

Von der Schultafel und den dazugehörigen Utensilien aus Bartenbach zeigten sich vor allem die jüngeren Besucher fasziniert. „Meine Enkelin geht in die erste Klasse und begeisterte sich für diese Rechenhilfen mit Kugeln oder Würfeln“, berichtet Müller. Dem 66-Jährigen merkt man seine Leidenschaft für Kunst und Kreativität an. Ebenso wie seinen 26 Mitstreitern im Verein. Rund drei Wochen habe es gedauert, bis die Heimat-stube so eingerichtet war, wie sie jetzt der Besucher sehen kann. „Wir haben etwa 400 Arbeitsstunden investiert. Aber das hat sich gelohnt“, sagt Müller. Seine Vereinskollegen und er sind froh, dass sie jetzt mit der Heimatstube in Sulzbach einen Beitrag dazu leisten können, etwas „Geschichtliches im Ort“ zu haben. Erinnerungen sollen bei den älteren Besuchern wach gekitzelt, ebenso wie die Neugier bei den Jüngeren geweckt werden. „Die Vergangenheit ist allgegenwärtig, die Gegenwart meist viel zu schnell vorbei“, so Müller: „Ich denke, mit dieser Heimatstube und seinen Ausstellungsstücken zeigen wir eine große Verbundenheit zur Gemeinde.“

Diese Dauer-Ausstellung wird an mehreren Terminen im Jahr für die Bevölkerung zugänglich sein. Wie die Öffnungszeiten festgelegt werden, will der Verein in den kommenden Wochen mitteilen. Geplant ist zudem, hin und wieder eine Vorführung oder einen Workshop zu veranstalten.

Das damalige Schild des Waldfreibads, das 1972 geschlossen wurde, und Schulutensilien aus Bar-tenbach sind unter anderem in der Heimatstube zu bestaunen.

© Pressefotografie Alexander Beche

Das damalige Schild des Waldfreibads, das 1972 geschlossen wurde, und Schulutensilien aus Bar-tenbach sind unter anderem in der Heimatstube zu bestaunen.

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Erstellt:
22. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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Achtung: Diese Aufnahme stammt nicht aus Bartenbach, sondern ist ein Symbolfoto. Jene Fotos, die am Mittwoch im Sulzbacher Teilort aufgenommen worden sind, wurden bisher nirgendwo veröffentlicht. Sie werden erst noch von Experten überprüft. Quelle: FVA Baden-Württemberg
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