So wird der Aspacher Wein zu Sekt

Bei vielen Deutschen gehört ein guter Sekt dazu, wenn sie den Rutsch ins neue Jahr feiern. Wie die Kohlensäure in den Wein gelangt, erklärt Joachim Schöffler von der Weingärtnergenossenschaft Aspach. Die Aspacher Wengerter transportieren ihren Wein dafür sogar extra in die Pfalz.

Joachim Schöffler demonstriert, wie er den Korken der Sektflasche mit einem Säbel herausspringen lassen könnte. Oft macht er das aus Showzwecken für Kunden. Dann springe der Korken teilweise 10 bis 15 Meter weit. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Joachim Schöffler demonstriert, wie er den Korken der Sektflasche mit einem Säbel herausspringen lassen könnte. Oft macht er das aus Showzwecken für Kunden. Dann springe der Korken teilweise 10 bis 15 Meter weit. Fotos: Alexander Becher

Von Anja La Roche

Aspach. Damit die Leute fröhlich und beschwipst ins neue Jahr kommen, dürfen ein, zwei Gläschen Sekt zum Anstoßen nicht fehlen. Die Deutschen trinken weltweit am meisten Schaumwein: Etwa vier Liter pro Kopf sollen sie sich durchschnittlich im Jahr genehmigen. „Meiner Meinung nach gibt es jeden Tag einen Anlass, um Sekt zu trinken“, findet auch Joachim Schöffler, der mit einem einladenden Lächeln in der Vinothek der Weingärtnergenossenschaft (WG) Aspach steht. Kein Wunder, immerhin ist er für das Marketing und den Vertrieb der Produkte zuständig.

Aber schnell ist klar, dass da nicht nur sein Beruf aus ihm spricht. „Sekt ist mein Lieblingsthema“, bekennt sich Schöffler sichtlich begeistert. Wein findet er selbstverständlich auch genial, aber „Sekt setzt dem noch einen drauf.“ Nicht umsonst würden die Leute ihn vor allem zu besonderen Anlässen trinken. Schöffler ist also ein idealer Gesprächspartner, um kurz vor Silvester mehr über das prickelnde Getränk in Erfahrung zu bringen.

Junge und gesunde Trauben müssen es für den Sekt sein

Wie zu vermuten, beginnt die Reise zu dem beliebten Drink im Weinberg. Für die Herstellung von Sekt bevorzugen die Winzer besonders junge und gesunde Trauben mit wenig Süße. Die Ernte beginnt also etwas früher als die für den Wein. Die Wengerter der WG Aspach achten bei der Handlese sorgsam darauf, überreife oder gar angefaulte Trauben auszusortieren, die für die Herstellung von Wein wiederum geeignet wären.

Aus der sorgfältigen Lese stellen die Winzer den Sektgrundwein her. Den transportiert die Genossenschaft in eine Sektkellerei in die Pfalz, genauer zur Kellerei des Wein- und Sektguts Schreier in Großkarlbach. Die Aspacher könnten dort von dem Erfahrungsschatz der Sektkellermeister profitieren, erklärt Schöffler, sodass ihr Grundwein nach bestem Wissen veredelt werden könne. „Die machen das mit ganz viel Liebe für uns.“ Die Profis aus der Pfalz probieren dafür zunächst den Grundwein, in welchem keinerlei faulige Aromen enthalten sein dürfen. Besteht dieser den Test, geht es ans Eingemachte.

Sekthefe und Zucker kommen hinzu

„Brüder, kommt schnell, ich trinke die Sterne“, soll der Mönch Dom Pérignon vor mehr als 300 Jahren gerufen haben, als er das perlende Getränk entdeckte. Damit diese Sterne, also die Kohlensäure, in den Wein der Aspacher Wengerter gelangen, wenden die Pfälzer die sogenannte Flaschengärung an. „Wir haben die hochwertigste Form der Sektherstellung“, erklärt Schöffler. Denn die zweite Gärung, welche die Kohlensäure in den Wein bringt, finde in jeder Flasche einzeln statt, und nicht wie bei billigeren Verfahren in einem riesigen Tank.

Dabei reichert der Kellermeister den Grundwein mit Sekthefe und Zucker an und verschließt die Flasche anschließend mit einem Kronkorken. „Das ist eine Kunst, das kann nicht jeder“, beschwört Schöffler, denn es sei schwierig, das ideale Mengenverhältnis zu treffen.

In den folgenden Wochen, in welchen der Sekt im Keller ruht, vergärt die Hefe den Zucker zu Alkohol und Kohlensäure. Damit der so entstandene Sekt reift und seine Aromen entfalten kann, lagern die Flaschen zirka neun Monate in der Sektkellerei. Für die Flaschengärung ist dabei laut Schöffler wichtig, dass im Keller eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. „Deswegen funktioniert das in der Pfalz am Besten“, sagt er.

Der Sekt nach der Gärung ist trüb wie Hefebier

Nach den neun Monaten ist der Schaumwein fast fertig. Es fehlt allerdings noch ein zentraler Schritt. „Sekt ist trüb wie ein Hefebier“, verrät Schöffler. Um ihn zu klären, gebe es die billige Methode der Filtration, oder, wie bei den Produkten der WG Aspach üblich, die aufwendigere Methode mit dem sogenannten Rüttelpult. Dabei werden die Flaschen schräg und mit dem Kopf voraus in die dafür vorgesehenen Öffnungen eines Holzkonstrukts gestellt. „Ein- bis zweimal am Tag werden die Flaschen um ein Drittel gedreht“, erklärt Joachim Schöffler. Durch die abgestimmten Drehfolgen sinkt die Hefe mit der Zeit nach unten und sammelt sich an der Flaschenöffnung.

Im sogenannten Rüttelpult werden die Sektflaschen – normalerweise noch ohne Etikett – täglich gedreht. Dadurch sammelt sich die Hefe in der tiefer gelegenen Flaschenöffnung.

© Alexander Becher

Im sogenannten Rüttelpult werden die Sektflaschen – normalerweise noch ohne Etikett – täglich gedreht. Dadurch sammelt sich die Hefe in der tiefer gelegenen Flaschenöffnung.

Nach zirka zwei Wochen kommen die Flaschen in ein Kältebad, wodurch die Hefe gefriert. Entfernt der Kellermeister danach den Kronkorken, ploppt die gefrorene Hefe durch den Überdruck heraus; dieser Vorgang wird im Fachjargon als „Degorgieren“ bezeichnet.

Der Sekt ist nun theoretisch fertig, allerdings sei er nach der zweiten Gärung komplett trocken, wie Schöffler erklärt, denn der Zucker hat sich ja in Alkohol und Kohlensäure verwandelt. Daher fügen die Hersteller dem Flascheninhalt noch ein Gemisch aus Most, Wein und/oder Zucker hinzu, bezeichnet als Fruchtdosage. Die Süße der Dosage bestimmt, ob der Schaumwein als trockene oder süße Variante auf den Markt kommt. Die Skala beginnt bei „brut nature“ mit weniger als drei Gramm Restzucker pro Liter und endet bei „mild“ mit mehr als 50 Gramm. Verschlossen wird der Sekt mit einem Naturkorken und einer Agraffe, einer zusätzlichen Verschlusskappe.

Billigsekt, das kann nichts sein

So kommen also die vielen kleinen Bläschen in den Sekt. So, oder eben auch durch die günstigere Tankgärung. Diese Methode ermöglicht den Verkauf von Sekt für beispielsweise nur 2,40 Euro pro Flasche. Diesen Preis vor Augen rümpft der Vertriebler der WG Aspach die Nase. „Da kann sich jeder selber ausrechnen, was in der Flasche ist“, sagt er. Immerhin müsse in Deutschland jeder, der eine Sektflasche kauft, 1,02 Euro an den Staat zahlen – die sogenannte Schaumweinsteuer. Und die Flasche, der Korken und das Etikett kosten die Hersteller auch noch Geld, gibt Schöffler zu bedenken. Ein so günstiger Sekt, „das kann nix sein“, findet er.

Nach oben geht der Preis natürlich auch. Es gebe sogar Kellermeister, die bei der Gärung darauf schwören, klassische Musik zu spielen. In der Vinothek in Kleinaspach geht es da moderater zu. Ein 24-monatiger Pinot Rosé kostet beispielsweise 10,95 Euro. Insgesamt sieben Sorten haben die Winzer derzeit im Angebot.

Joachim Schöffler freut sich bereits auf sein Glas voller Sterne, mit dem er auf das neue Jahr anstoßen wird. Der Sektliebhaber weiß auch schon, dass dieser brut (französisch für „herb“) sein soll – also, wie es empfohlen wird eine Stufe tiefer als sein bevorzugter Wein, den er trocken trinkt. Wenn er den Sekt auch noch rechtzeitig kühl stellt, kann er sicher sein: Der Start ins neue Jahr wird ein prickelnder sein.

Es ist nicht alles Sekt, was schäumt

Schaumwein Der Oberbegriff für schäumende Weine mit Perlenbildung, die einen Mindestdruck von drei bar haben, lautet „Schaumwein“.

Sekt „Sekt“ ist Schaumwein, dessen Kohlensäure bei der Gärung entsteht und mindestens 3,5 bar Innendruck erzeugt.

Perlwein Weniger Druck hat „Perlwein“, auch „Secco“ genannt. Bei ihm darf die Kohlensäure künstlich zugesetzt werden. Wer auf Alkohol verzichtet, erhält in der Vinothek Aspach übrigens alkoholfreien Secco.

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Erstellt:
30. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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