Spiegelberger Eiskeller: Ein Naturschatz für den Naturschutz

Der einzige erhaltene Spiegelberger Eiskeller ist heute ein Winterquartier für Fledermäuse.

Die überlieferte Lokalgeschichte besagt, dass der Keller bei Bombenalarm als Luftschutzbunker diente. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die überlieferte Lokalgeschichte besagt, dass der Keller bei Bombenalarm als Luftschutzbunker diente. Fotos: Alexander Becher

Von Heidrun Gehrke

Spiegelberg. Abgesehen vom Tag des Schwäbischen Waldes, an dem das Gewölbe geöffnet ist, schlummert die konstant kühle, feuchte Höhle in Privatbesitz von Familie Schaible vor sich hin. Ein geschichtsträchtiger Ort: Einst wurden in dem Eiskeller am Ortsrand Eisblöcke gestapelt, um Getränke und Speisen zu kühlen. Heute ist er vor allem biologisch interessant. Zwischen den Ritzen der Steine überwintern bis zu vier seltene und streng geschützte Fledermausarten.

Durch ein türloses Steinportal gelangt man hinein in Spiegelbergs letzten verbliebenen Eiskeller. Die Wände sind leicht feucht. Der Boden ist von Steinplatten bedeckt. Am Ende des Gewölbes angekommen, steht man im Erdreich: Man blickt auf Schichten von buntem Mergel und Sandstein, ein repräsentativer Querschnitt durch die Geologie des Schwäbischen Waldes. Der Keller verrät eine lange Geschichte. Einst gab es drei Eiskeller im Ort. Die Eisgrube in den Herrschaftswiesen und der Keller der ehemaligen Gaststätte „Stern“ seien, so sagt Manfred Schaible, im Zuge von Straßen- und Wohnungsbauprojekten schon vor Jahrzehnten zugeschüttet worden.

Der Spiegelberger Eiskeller befindet sich in Privatbesitz

Der einzige erhaltene Keller ist in Privatbesitz von Christiane und Manfred Schaible. Sie machen ihn einmal jährlich, wenn beim Schwäbischen Waldtag das Bahnhöfle der MSGB-Gartenbahn liebevoll bewirtet wird, der Öffentlichkeit zugänglich. Ansonsten schlummert die konstant kühle, feuchte Höhle vor sich hin. Besuch erhält sie einzig regelmäßig von fliegenden und nachtaktiven Gästen. Denn das abgelegene Gewölbe haben mehrere Fledermausarten zu ihrem Winterquartier erkoren. Im langjährigen Mittel überwintern rund sieben Tiere bei Temperaturen zwischen minus zwei Grad und fünf Grad plus. Unter meterhohen Schichten von Erde, Grünzeug, Steinen und Wurzeln ist es für die fliegenden Säuger kühl genug und ganzjährig feucht.

Einmal im Jahr öffnet Manfred Schaible das türlose Steinportal des Eiskellers.

© Alexander Becher

Einmal im Jahr öffnet Manfred Schaible das türlose Steinportal des Eiskellers.

1981 sind Schaibles in Spiegelberg sesshaft geworden, der damals einsturzgefährdete Eiskeller gehörte zum Grundstück dazu, das Schaibles bei einem örtlichen Landwirt zunächst gepachtet hatten. 1983 sind Grundstück und Gewölbe in Schaibles Besitz übergegangen – in „verheerendem Zustand“, wie Manfred Schaible sich erinnert. „Man erzählt sich, dass eine für Löwenstein bestimmte Sprengbombe aufgrund einer Ladehemmung in Spiegelberg eingeschlagen hat“, gibt Manfred Schaible die überlieferte Lokalgeschichte wieder. Bei Bombenalarm habe der Keller als Luftschutzbunker gedient. Seitdem hatte der Zahn der Zeit am Gemäuer genagt. Schaible berichtet, dass er ihn in einem unschönen, maroden Zustand vom Vorbesitzer übernommen habe. Das Gestein war abgesackt und an der Stelle flach. „Der ganze Keller musste von Grund auf renoviert werden, er hätte jederzeit einstürzen können.“

Das rief das Landratsamt auf den Plan. Bei der Untersuchung des Kellerzustands seien sie in vielen Ritzen auf streng geschützte Fledermäuse gestoßen. Der wertvolle Fund bewahrte den Keller vor dem Schicksal seiner Vorgänger. Die ersten Meter des Gewölbes konnten komplett abgetragen und aufgemauert werden, die Flügelmauern wurden neu aufgesetzt. So wurde er erhalten und ist heute für Biologen und die Ökologie interessant. Bernd Kunz, Fledermausexperte der Nabu-Gruppe Künzelsau, führt Buch über das Fledermaushabitat, mit erstaunlichen Erkenntnissen.

Geschützte Fledermausarten haben im Eiskeller überwintert

So haben nach Auskunft von Manfred Schaible mehrere geschützte Fledermausarten hier überwintert, darunter auch die sehr seltene Brandtfledermaus, die sich aufgrund ihrer Größe frei an geeigneten Wänden festhängt. Beim letzten Besuch im Februar nach einem Jahr Coronapause konnten zehn Fransenfledermäuse und ein Braunes Langohr entdeckt werden. Zu den regelmäßigen Besuchern zählen auch zwei Große Mausohren.

Dank des Ehepaars Schaible darf aber im vorderen Teil auch die frühere Funktion als ehemalige Kältemaschine weiterleben: Schaibles lagern dort für private Festle temporär Getränke und auch Gartengeräte, um das charmante Bahnhöfle und die gepflegte Anlage der Gartenbahn in Schuss zu halten.

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Erstellt:
24. Juni 2022, 06:00 Uhr

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