AOK-Bericht

Sprechen will gelernt sein

Ob in der Pandemie die Sprachkompetenzen vieler Kinder gelitten haben, erörtert der aktuelle Heilmittelbericht der Krankenkasse AOK.

Obwohl die Kinder in Lockdown-Zeiten mehr vor dem Bildschirm saßen, hat dies keine gravierenden Auswirkungen auf die Sprachkompetenz.

© dpa/Annette Riedl

Obwohl die Kinder in Lockdown-Zeiten mehr vor dem Bildschirm saßen, hat dies keine gravierenden Auswirkungen auf die Sprachkompetenz.

Von Regine Warth

Kinder sind selten still, und das ist gut so. Denn Sprechen, so heißt es vom Deutschen Bundesverband für Logopädie, dient nicht nur der Kommunikation, sondern auch der sozialen Bindung. In den Hochzeiten der Pandemie, in denen Schulen, Kindergärten und Spielgruppen geschlossen waren, war die Befürchtung der Experten daher groß, dass sich die Sprachkompetenz vieler Kinder verschlechtert haben könnte. Nun gibt die Krankenkasse AOK Baden-Württemberg Entwarnung: „Offenbar hat die Sprachentwicklung von Kindern in der Pandemie-Zeit trotz der Einschränkungen keinen größeren Schaden genommen“, sagt Michael Ott, Fachexperte Heilmittel beim Landesverband der AOK.

Nach Erkenntnissen des Heilmittelberichts der AOK, der an diesem Mittwoch in Berlin vorgestellt wird, sind vor der Pandemie pro Quartal durchschnittlich 5,2 Prozent der in Baden-Württemberg 126 176 AOK-versicherten Kinder zwischen fünf und sieben Jahren sprachtherapeutisch behandelt worden. In der ersten Phase der Covid-19-Pandemie vom zweiten bis zum vierten Quartal 2020 waren es dagegen lediglich 4,9 Prozent. Das entspricht 6133 Kindern.

Doch die Sprachtherapien wurden nur aufgeschoben, nicht aufgehoben: Denn der Anteil stieg in den Folgequartalen langsam wieder an und erreichte im ersten Quartal 2021 den höchsten Wert von 6,3 Prozent – was etwa 8114 versicherten Kinder bei der AOK Baden-Württemberg entspricht. Auch hat jedes Kind in diesem Zeitraum kurzfristig öfter Sprachförderung erhalten als vor der Pandemie: So bekam jedes behandelte Kind im ersten Quartal 2021 durchschnittlich 10,9 Therapiesitzungen. Im Jahr zuvor waren es im Schnitt nur 9,9 Therapiesitzungen. „In der Regel handelt es sich um Störungen der Sprache vor Abschluss der Sprachentwicklung. So kann beispielsweise eine Schädigung der kognitiv-sprachlichen Funktionen mit nicht altersgemäß entwickeltem Wortschatz vorliegen“, sagt AOK-Heilmittelspezialistin Carina Kilcher. Doch dies kann eher als Nachholeffekt bezeichnet werden. Inzwischen deute alles auf eine Normalisierung im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie hin.

Die Zahlen spiegeln den bundesweiten Trend: Auch hier ist der Anteil der Kinder zwischen fünf und sieben Jahren, die sprachtherapeutische Unterstützung erhalten haben, während der ersten Pandemie-Phase gesunken: Wurden vor der ersten Welle pro Quartal durchschnittlich 5,5 Prozent der 791 000 bei der AOK versicherten Kindern zwischen fünf und sieben Jahren sprachtherapeutisch behandelt, waren es in der ersten Phase der Pandemie vom zweiten bis zum vierten Quartal 2020 nur 5,1 Prozent. Der Anteil stieg in den Folgequartalen langsam wieder an und erreichte im ersten Quartal 2021 den höchsten Wert von 6,5 Prozent.

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Erstellt:
24. Januar 2023, 16:42 Uhr
Aktualisiert:
24. Januar 2023, 16:46 Uhr

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