Studie zum Schienenkorridor stößt auf Skepsis

Kreisräte beklagen, dass die Federführung im Ostalbkreis liegt – Murr- und Remsbahn werden unter die Lupe genommen

Die Murrbahn stellt die kürzeste Verbindung von Stuttgart nach Nürnberg dar. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Murrbahn stellt die kürzeste Verbindung von Stuttgart nach Nürnberg dar. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Der Landkreis ist Mitglied der Interessengemeinschaft Schienenkorridor Stuttgart-Nürnberg, die sich 2013 gegründet hat. Ihr Ziel ist es, den Nah- und Fernverkehr auf der Rems- und der Murrbahn zu stärken. Nachdem der Bund den Ausbau der Murrbahn im vergangenen Jahr in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 aufgenommen hat, kommt der Interessengemeinschaft neue Bedeutung zu: Sie sieht die bisherigen Planungsüberlegungen in Berlin nämlich als unzureichend an. Zwar ist die Kosten-Nutzen-Analyse positiv ausgefallen. Doch liegt dabei der Einsatz von Neigetechnik zugrunde. Und die ist ziemlich umstritten, weil sie teuer und störungsanfällig ist.

Der Ausbau der Strecke für diese Zugvariante würde die Reisezeit zwischen Stuttgart und Nürnberg um vier bis sechs Minuten verkürzen. Damit wollen sich die IG-Beteiligten aber nicht zufrieden geben – nicht nur, weil sie der Neigetechnik skeptisch gegenüberstehen, sondern auch, weil es ihrer Ansicht nach auch um einen besseren Anschluss in Richtung Berlin gehen muss. Sie verweisen auf die neue attraktive Schnellfahrstrecke Nürnberg-Erfurt-Berlin. Um diese aber angemessen nutzen zu können, müssen Reisende aus Richtung Stuttgart 40 Minuten Umsteigezeit in Kauf nehmen.

Deshalb hat die IG eine eigene Studie in Auftrag gegeben. Sie soll zeigen, welche Infrastruktur nötig wäre, um zum gewünschten Angebot zu kommen. Zudem soll eine betriebs- und volkswirtschaftliche Analyse vorgenommen werden, die das Fahrgastpotenzial mit berücksichtigt, wobei beide Linien – Murr- und Remsbahn – gleichermaßen betrachtet werden sollen, auch jenseits der umstrittenen Neigetechnik. Die Studie kostet 200000 Euro, der Anteil für den Rems-Murr-Kreis beläuft sich auf 50000 Euro.

Etliche Kreisräte sehen das Vorhaben jedoch kritisch, wie sich gestern im Umwelt- und Verkehrsausschuss zeigte. Ulrike Sturm (Grüne) beanstandete, dass ausgerechnet der Ostalbkreis die Federführung hat, der nur von der Remsbahn, nicht aber von der Murrbahn durchfahren wird: „Ich kann mir vorstellen, was rauskommt.“ Dass nämlich am Ende nicht die Murrbahn ertüchtigt wird, sondern die Remsbahn. Die Federführung müsse entweder beim Verkehrsministerium oder beim Rems-Murr-Kreis liegen.

Auch Markus Dannenmann (Freie Wähler) bemerkte, dass die Partner des Korridors bis hin zum Kreis Ansbach unterschiedliche Interessen verfolgen. Zudem bemängelte er die Kosten: Im Grunde, so sein Standpunkt, müsste so eine Studie Sache der Bahn sein. Auch Willy Härtner (Grüne) mahnte eine objektive Untersuchung an: Die Strecke übers Murrtal sei immerhin die kürzeste von Stuttgart nach Nürnberg, deshalb müsse diese auch im Fokus stehen.

Klaus Riedel (SPD) fand das inhaltliche Ziel der Studie in Ordnung. Aber auch er merkte an: „Das ist doch Arbeit der Bahn.“ Zudem sprach er den Zeithorizont an und mokierte sich über die „Gutachteritis“: Im nächsten Jahrzehnt, so befürchtet er, werde gar nichts Greifbares passieren. Christoph Jäger (CDU), gleichfalls kein Freund von zu vielen Studien, hält die Analyse in diesem Fall allerdings für sinnvoll – und selbst wenn in den nächsten zehn Jahren nichts geschieht, sei man dann immerhin um diese Studie weiter. „Seltsam“ fand allerdings auch er die Federführung, hier solle der Landkreis den Hebel noch mal ansetzen.

Landrat Richard Sigel versichert: „Wir denken in beiden Schienen“

Während Gudrun Wilhelm (FDP/FW) auf den Güterverkehr aufmerksam machte, den man auch im Blick behalten müsse, konstatierte Landrat Richard Sigel: „Wir denken in beiden Schienen.“ Verkehrsdezernent Peter Zaar wies unterdessen darauf hin, dass lediglich die Geschäftsstelle der IG im Landratsamt des Ostalbkreises angesiedelt sei – „das heißt nicht Federführung“. Zugleich gab er zu bedenken, dass die schnellste Verbindung von Waiblingen nach Berlin über Frankfurt führe. Dennoch brach er eine Lanze für die Interessengemeinschaft, weil es in Deutschland kaum eine Region ohne so eine Einrichtung gibt, die ihre Interessen gebündelt vertritt. „Wir wollen die beste Lösung erarbeiten“, versicherte er – und unterstrich nochmals, dass die Neigetechnik zu kurz gesprungen sei. Sigel setzte dann einen Schlusspunkt: „Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.“

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Erstellt:
9. April 2019, 06:00 Uhr

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