Tante Frida und die Streuobstwiesen

Erlebniswege in der Region: Seit diesem Jahr kann man die Gegend in und um Weissach mithilfe der kostenfreien App-Plattform „Actionbound“ erkunden. Geeignet sind die beiden Rundwege besonders für Familien mit Kindern.

Im Bauerngarten am Heimatmuseum in Unterweissach gilt es einige Aufgaben zu lösen. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Im Bauerngarten am Heimatmuseum in Unterweissach gilt es einige Aufgaben zu lösen. Fotos: J. Fiedler

Von Simone Schneider-Seebeck

WEISSACH IM TAL. Streuobstwiesen sind ein fester Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Aber wer, außer vielleicht einem Obstwiesenbesitzer, kennt sich wirklich damit aus? Viel Wissenswertes zum Thema bietet der Rundweg „Der Streuobstwiese auf der Spur“ um Weissach, der sich gemütlich in etwas über einer Stunde erwandern lässt – sofern man nicht mit kletterbegeisterten Kindern unterwegs ist, die sich zwischendurch auf dem Spielplatz austoben möchten. Los geht es am Friedensplatz am Brüdenbach, etwas unterhalb der Brüdener Straße gelegen. Das Handy gezückt, die App Actionbound geöffnet und los geht es mit der ersten Information. Wie nett, die freundliche Stimme lädt als Erstes zu einer kleinen Vesperpause auf der bunten Friedensbank ein. Schnell noch das Quiz beantwortet – hurra, 100 Punkte! – und weiter geht es zur nächsten Station. Informationen, Bilder, zwischendurch ein Quiz oder eine Aufgabe, damit führt der Bound den wissbegierigen Wanderer (oder eher Spaziergänger) durch die Landschaft. Verlaufen kann man sich dank der Kompassnadel nicht, die einen den richtigen Weg entlangführt. Auch wenn dieser etwas unerwartet plötzlich durch eine Hecke und auf eine ansteigende Wiese führt. Keine festen Wege, sondern querfeldein, wie abenteuerlich! Allerdings geht beim Stück bergauf unter praller Sonne doch recht schnell die Puste aus, besser, man hält sich links im Schatten der Hecke.

Unterwegs auf freier Flur erfährt man nicht nur etwas über Streuobstwiesen, sondern auch über Weissacher Besonderheiten, beispielsweise die Hochzich- ond Kendleswies. Zur Hochzeit und/oder Geburt eines Kindes pflanzt das glückliche Braut- oder Elternpaar hier einen Obstbaum. Zweimal vertreten ist Weissachs Bürgermeister Ian Schölzl. Ob allerdings der Zustand der Bäume auf der großen Wiese etwas über den Zustand der hier verewigten Ehepaare etwas aussagt, ist nicht bekannt. Auf dem höchsten Punkt der Wanderung angekommen, geht es recht entspannt ein Stück Feldweg entlang bis zu einem am Waldrand gelegenen Spielplatz. Eine Familie grillt, die Kinder klettern und toben. Im Schatten der riesigen Forche lässt es sich an einem sonnigen Tag gut aushalten. Dann geht es auf dem Rundweg weiter, wieder zurück zum Friedensplatz, allerdings nicht, ohne sich vorher kräftig zu blamieren. Wie, auf einer Streuobstwiese werden nicht nur Äpfel und Birnen gepflanzt?

Für jede erledigte Aufgabe werden Punkte vergeben.

Nicht nur Rätselfragen laden zum Mitspielen ein, auch verschiedene Aufgaben erwarten den Nutzer. Beispielsweise ist ein Vogelhäuschen zu suchen und zu fotografieren oder man darf sich selbst dabei aufnehmen, wie man einen Vogel nachmacht. Für jede erledigte Aufgabe gibt es wie auch für die Rätsel oder gefundenen Orte Punkte. Ganz zum Schluss kann man seine Ergebnisse hochladen und sieht, wie man im Vergleich zu anderen Nutzern abgeschnitten hat. Dieses Mal hat es leider nicht für einen Platz unter den ersten fünf gereicht.

Besser läuft es dagegen beim Rundweg mit Tante Frida – die übrigens tatsächlich gelebt hat. Sie nimmt die Wanderer mit auf eine Reise in ihre Kindheit, die etwa 100 Jahre zurückliegt. Entstanden ist diese historische Führung in Zusammenarbeit mit der Ortsbücherei Weissach im Tal. Die Idee dahinter war, den Weissacher Grundschülern auf eine andere Art ihren Heimatort (in der 3. und 4. Klasse ist das ein Thema) nahezubringen und nebenher auch ihre Medienkompetenz zu schulen, wie Regina Döttling von der Weissacher Bücherei erläutert. Historische Grundlage ist die Geschichte „Tante Frida erzählt“ von Margarete Ebinger in Band 5 der Buchreihe „Geschichte und Geschichten aus dem Weissacher Tal“. Der Bound ist ein Baustein eines Gesamtkonzepts, das Kindern von Kindergarten- bis Grundschulalter Medienkompetenz vermitteln und Interesse an Natur und Heimat wecken möchte.

Tante Fridas Garten ist voller Kräuter und Heilpflanzen.

Los geht es beim Heimatmuseum in Unterweissach, einst das Haus, in dem Frida gelebt hat. Man erfährt unterwegs einiges über Kindheit in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts. So etwa, dass man ganz selbstverständlich daheim mithelfen musste und deshalb oft erst abends nach Haus-, Garten- oder Feldarbeit die Schularbeiten erledigt werden konnten. Im Mai und Juni hieß es Bienen hüten. Das Bienenhaus steht heute immer noch inmitten eines prächtig blühenden Bauerngartens voller Kräuter und Heilpflanzen. Und die haben zum Teil recht eigenwillige Namen, die es herauszufinden gilt.

Kleine Anekdoten führen durch das Dorf, so geht es etwa um das Schlittenfahren oder Fridas Freundin, die Notarstochter. Ob bei ihr auf dem Dachboden wohl tatsächlich eine Hexe ihren Unterschlupf hat? Vorbei geht es an den schönen alten Fachwerkhäusern im Ortskern, auch manch Kurioses gilt es zu finden. Etwa ein für heutige Menschen eher ungewöhnliches stilles Örtchen. Tante Fridas Spuren führen weiter über zwei Brücken, zu einem außergewöhnlich gestalteten Brunnen, zum Zusammenfluss von Brüdenbach und – nein, das wird nicht verraten, denn diese Frage gehört zum Quiz. Wissenswertes rund um das Leben vor 100 Jahren runden die kurzweilige Tour durch den Ort ab. Manchmal muss man zwar ein wenig suchen, bis der richtige Weg gefunden ist, doch geklappt hat es am Schluss immer. Zudem besteht bei den Bounds auch die Möglichkeit, eine Station zu überspringen, damit man nicht stecken bleibt.

Dieses Mal hat es geklappt, Platz vier wurde erreicht, welch ein Erfolgserlebnis! Da schmecken die beiden Kugeln Eis auf dem Mäuerchen am Brüdenbach gleich noch einmal so gut.

Allzu bekannt sind die Bounds noch nicht, wie sich beim Blick auf die Statistik am Ende der beiden Wege zeigt. Empfehlenswert sind die beiden App-geführten Rundwege aber allemal. Aus einem für Kinder langweiligen Spaziergang wird mithilfe der abwechslungsreichen Aufgaben und Infos in der App eine spannende kleine Wissensreise durch die Heimat.

Nicole (links) und Anita aus Lippoldsweiler informieren sich über die Hochzeitswiese.

© Jörg Fiedler

Nicole (links) und Anita aus Lippoldsweiler informieren sich über die Hochzeitswiese.

Nur ein Weg ist barrierefrei

Startpunkt: Die Startkoordinaten werden in der App angegeben. Los geht es zur Streuobstwiesentour auf dem Weissacher Friedensplatz am Brüdenbach, erreichbar über die Brüdener Straße zwischen Unterweissach und Unterbrüden. Wer mit Tante Frida eine Tour machen möchte, beginnt beim Weissacher Heimatmuseum. Direkt an den Startpunkten gibt es keine Parkmöglichkeiten, innerorts oder am Ortsrand ist das Parken jedoch an einigen ausgewiesenen Stellen möglich.

Schwierigkeitsgrad: Die Streuobstwiesentour ist etwa 2 Kilometer lang, der Rundweg mit Tante Frieda in Unterweissach etwa 1,5 Kilometer. Beide Wege sind für Familien mit Kindern gut geeignet. Der Rundweg mit Tante Frida richtet sich speziell an Kinder der 3. und 4. Klasse.

Barrierefreiheit: Der Streuobstwiesenweg ist nicht barrierefrei, da es an einer Stelle bergauf durch eine Wiese geht. Auf Tante Fridas Spuren wandelt man barrierefrei.

Infrastruktur: Entlang der Streuobstwiesenroute sind Bänke vorhanden, etwa auf halber Strecke findet sich ein Waldspielplatz mit Grillplatz und mobilem WC. Beim zweiten Bound gibt es unterwegs ebenfalls Sitzgelegenheiten.

Mehr Informationen zur App und den Routen gibt es unter:

www.actionbound.com

https://bit.ly/3yzXaXZ

Zum Artikel

Erstellt:
25. Mai 2021, 11:30 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Neue Stadtinfo in Backnang soll den Tourismus fördern

Die Stadt Backnang will rund 1,2 Millionen Euro in die ehemalige Adler-Apotheke gegenüber dem historischen Rathaus investieren. In einem Jahr soll dort eine moderne Anlaufstelle für Besucher der Stadt eröffnen.

Stadt & Kreis

Die Kleinsten in Bewegung bringen

Die bereits im Jahr 2019 beschlossene Einführung des sogenannten Bewegungspasses soll nun auch im Rems-Murr-Kreis endlich durchstarten. Kerngedanke des Projekts ist es, in den Kindertageseinrichtungen im Kreis die Freude an gesunder Bewegung zu fördern.