Vom Wohnmobil direkt auf die Skipiste

Auch im Winter kann man Campingurlaub machen. Das ist zwar deutlich weniger beliebt, hat aber seine Vorteile: Schlafen direkt an der Piste, meist preisgünstiger und flexibler. Aber es gibt auch den ein oder anderen Haken – Wassertanks, die einfrieren, Schnee, der das Mobil einschneit.

Immer wieder musste Familie Neidhardt aus Backnang beim Wintercamping Schneeschippen und Eiszapfen entfernen. Fotos: privat

Immer wieder musste Familie Neidhardt aus Backnang beim Wintercamping Schneeschippen und Eiszapfen entfernen. Fotos: privat

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. Denkt man an Wohnwagen, Campingplatz und Reisemobile, haben viele Menschen wohl warme Temperaturen und den Sommerurlaub im Kopf. Aber auch im Winter startet so mancher mit dem Campingmobil in den Urlaub – auch bei Minusgraden und Schnee. „Viele denken immer, dass es im Wohnmobil dann nicht warm ist. Aber wenn man die Heizung anmacht, wird es schnell warm“, erzählt Thomas Neidhardt. Seit 2021 verleiht der Backnanger Unternehmer unter dem Namen Gocamplife Wohnmobile. Im Winter seien diese zwar deutlich weniger gefragt, aber er selbst geht seit seiner Jugend regelmäßig zum Wintercampen.

Mittlerweile geht der Familienvater mit seiner Frau, den zwei Kindern und dem Hund zum Skifahren. „Wir gehen eigentlich immer zu Campingplätzen oder Stellplätzen, die direkt an der Piste sind“, erzählt Neidhardt. So sei der Weg kurz und man könne mittags schnell nach dem Hund schauen. Kalt werde es in den Reisemobilen nicht, räumt er mit den Vorurteilen auf, je nach Infrastruktur auf den Campingplätzen könne man die Gasflaschen, die oft zum Heizen genutzt werden, nach drei bis vier Tagen einfach austauschen. „Manche haben auch schon eine Gasleitung. Da muss man das Fahrzeug nur noch anschließen“, sagt Neidhardt.

In vielen Skigebieten gibt es Stellplätze direkt am Lift, schnell ist man auf der Piste.

In vielen Skigebieten gibt es Stellplätze direkt am Lift, schnell ist man auf der Piste.

Der Winter bringt aber auch seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich. Neidhardt erinnert sich an Skiurlaube, in denen sie morgens ein gutes Stück eingeschneit waren und erst mal Schnee schippen mussten. Auch könne es, je nach Art des Reisemobils, auch dazu kommen, dass Wasser- oder Abwassertank einfrieren. „Aber selbst das ist eigentlich kein größeres Problem. Man kann einfach einen Eimer drunterstellen. Und irgendwann taut das auch wieder auf“, sagt Neidhardt. Außerdem verbringe man beim Wintercamping – auch im Skiurlaub – mehr Zeit im Reisemobil, in dem der Platz natürlich begrenzt ist. „Ich würde beim Wintercamping die größeren Modelle empfehlen. Da gibt es dann eher noch Rückzugsmöglichkeiten und man kann sich besser im Raum verteilen.“

Die Wahl des Campingplatzes macht im Winter sehr viel aus

Je nach Wahl des Campingplatzes sei das aber auch kein Problem. „Es gibt auch Campingplätze mit Bar, manchmal auch mit Schwimmbad und Wellnessbereich“, sagt Neidhardt. Die Wahl des Platzes sei auch dann wichtig, wenn man mit mehreren Personen oder länger Skifahren geht, so gebe es auf manchen Plätzen Trockenräume, in denen die nasse Skikleidung und die Skischuhe trocknen können. „Zum Teil geht das aber auch in der Dusche des Wohnmobils.“ Zur Vorbereitung des Wintercampings gehört aber nicht nur die Campingplatzwahl, sondern auch das richtige Equipment. So seien gute Winterreifen und Schneeketten wichtig, damit die teils schweren Gefährte mit den Straßenbedingungen zurechtkommen. Auch eine Schneeschippe nimmt Neidhardt mit sowie eine Verkleidung für das Führerhaus, damit dort nicht zu viel Wärme verloren geht.

Neidhardt schätzt besonders die Flexibilität, die der Urlaub im Wohnmobil mit sich bringt, zum anderen aber auch den Preis. „Wenn man als Familie in der Skisaison ein Hotel direkt am Skilift bucht, ist das deutlich teurer – selbst wenn noch Ausleihgebühren dazukommen.“ Trotzdem seien viele Menschen bei den Buchungen im Winter zurückhaltend.

Ausgeliehen werden auch bei João Santos, der den Reisemobilverleih „Mr. Dm“ in Backnang betreibt und selbst umgebaute Kastenwagen zum Ausleihen anbietet, die Fahrzeuge im Winter weniger. „Und es ist ein ganz anderes Klientel als im Sommer“, erzählt er. Während im Sommer vor allem Familien mit Kindern zur Kundschaft gehören, sehe das im Winter etwas anders aus. Statt zum Strand gehe es für die meisten zum Skifahren. „Zum Teil kann man mit den Kastenwagen direkt am Lift parken. Dann steht man in der Früh auf und kann eigentlich direkt auf die Piste“, sagt Santos, der auch schon selbst mit seinen Campern in die winterlichen Berge gefahren ist. Im Winter gehe es vielen seiner Kundinnen und Kunden darum, sich auch mal etwas außerhalb der eigenen Komfortzone zu begeben und das Abenteuer zu wagen.

Absolute Ruhe und nur wenige Touristen in der Wintersaison

So erzählt er zum Beispiel auch von Stammkunden, die vor allem im Herbst und Winter alle paar Wochen mit dem Campingvan zum Klettern fahren. Frieren müsse man für gewöhnlich aber auch im Schnee nicht, erklärt der Fachmann. Alle Kastenwagen seien fürs Wintercamping geeignet. Mit einer Standheizung bleibe es auch bei Minusgraden warm, die Fahrzeuge seien isoliert und gerade im Schlafbereich verfilzt.

Aber nicht nur Skifahrer leihen sich die Wohnmobile im Winter aus. Nico Morgenroth aus Weinsberg war mit seiner Freundin und einem weiteren befreundeten Paar über Silvester mit zwei von Santos Fahrzeugen in Schweden. Für die vier jungen Reisenden war es das erste Mal Wintercamping. „Das ist schon was ganz anderes“, sagt Morgenroth. „Im Sommer ist dort die Hölle los, aber im Winter ist man ganz allein. Man hat eine absolute Ruhe“, berichtet der 21-Jährige.

Gute Vorbereitung und warme Klamotten

Die befreundeten Paare waren angeln, wandern und einfach in der Natur unterwegs. „Mit den richtigen Klamotten kein Problem“, sagt Morgenroth, auch wenn es in den nördlicheren Lagen durchaus Schnee gab. Außerdem haben sich die Urlauber gut vorbereitet. Mit dabei war ein Dreibeingrill, mit dem sie nicht nur gekocht haben, sondern auch ein kleines Lagerfeuer zum Aufwärmen gemacht haben, außerdem im Gepäck war ein Pavillon und ein Heizpilz.

Und nachts habe die Standheizung gut eingeheizt. Das habe aber auch so seine Nachteile, wenn man nicht aufmerksam ist. „Einmal haben wir die Standheizung zu lange laufen lassen, dann war die Batterie leer“, sagt der 21-Jährige. Aber da sie mit zwei Reisemobilen unterwegs waren, konnten sie das Fahrzeug überbrücken.

Neben der absoluten Ruhe in der Wildnis Schwedens – die Freunde haben Campingplätze gemieden und sich kleine Wohnmobilstellflächen gesucht – gab es aber auch das ein oder andere Abenteuer. „Einmal sind wir mit dem Fahrzeug stecken geblieben“, erzählt Morgenroth. Er würde sofort wieder Wintercampen gehen und das auch weiterempfehlen, „wenn man so einen Urlaub sucht“.

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Erstellt:
7. März 2023, 06:00 Uhr

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