Kriegsdienstverweigerung
Wehrpflicht: Wie lange dauert der Zivildienst?
Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, doch die Diskussion um ein „Gesellschaftsjahr“ läuft. Aber wie lang müsste man bei allgemeiner Wiedereinführung oder Losverfahren als „Zivi“ dienen?

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Die Mitarbeit bei der Essensausgabe und anderen Aufgaben im Seniorenheim war eine klassische Tätigkeit für „Zivis“.
Von Michael Maier
Die Wehrpflicht in Deutschland ist seit 2011 ausgesetzt, aber die Diskussion um eine Wiedereinführung – möglicherweise per Losverfahren – oder gar eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen ist wieder aufgeflammt.
Besonders die Grünen haben nun Vorschläge in Richtung „Gesellschaftsjahr“ eingebracht, obwohl es im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit dafür gibt und auch das Zwangsarbeitsverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) einem solchen Dienst absolut entgegen stehen würde.
Verfassungsrechtlich sind Zwangsverpflichtungen nur im Rahmen von Landesverteidigung oder extremen Katastrophenfällen zulässig – was sogar der sogenannten „Ewigkeitsgarantie“ im Grundgesetz unterliegen könnte.
Mehrzahl der Rekruten würde verweigern
Aber wie lange würde der Zivildienst eigentlich dauern, falls der Wehrdienst (für Männer) tatsächlich wieder eingeführt wird? Schließlich haben deutlich mehr als die Hälfte der in Frage kommenden jungen Männern laut Umfragen die Absicht, aus Gewissensgründen zu verweigern – und damit ein vom Grundgesetz garantiertes Recht in Anspruch zu nehmen.
Sechs Monate Zivildienst seit 2011
Im Jahr 2011, kurz vor der Aussetzung der Wehrpflicht, wurde der Zivildienst auf sechs Monate reduziert, um ihn an die Dauer des Wehrdiensts anzugleichen. Diese Regelung würde zunächst wieder gelten, falls die Wehrpflicht erneut aufleben sollte, denn aktuell ist sie nicht abgeschafft, sondern liegt rechtlich gesehen nur auf Eis.
Zivildienst-Dauer in der Geschichte der BRD
Die Dauer des Zivildiensts war nicht immer gleich, sondern wurde im Lauf der Zeit in Relation zur Dauer des Wehrdiensts immer wieder angepasst.
In den ersten Jahren nach Einführung des Zivildienstes in Deutschland war die Dauer noch deutlich länger als der Wehrdienst. Dies sollte politisch den vermeintlich „erschwerten“ Bedingungen beim Bund Rechnung tragen.
Im Lauf der Zeit wurde die Dauer des Zivildienstes dann etwas an die des Wehrdiensts angenähert, blieb aber trotzdem länger.
Nach der Jahrtausendwende dauerte der Zivildienst in der Regel neun Monate, der Wehrdienst sechs Monate. Erst ganz am Schluss wurde gesetzlich eine Angleichung beschlossen.
Wehrdienst- und Zivildienst-Dauer in der BRD (Auswahl)
- Gründung der Bundeswehr: Wehrdienst 12 Monate (ab 1956)
- Frühe Jahre der BRD: Wehrdienst 18 Monate (ab 1962), Zivi 20-24 Monate
- 1980er/1990er: Bundeswehr 15 Monate, Zivi: 18 Monate
- Stand 1998/99: BW 10 Monate, Zivi 13 Monate
- Bis 2010: Wehrdienst 6 Monate, Zivi 9 Monate
- 2011 (kurz vor Aussetzung): Bund 6 Monate, Zivi 6 Monate
Es gab jedoch auch Sonderfälle, in denen sich die Dauer des Zivildienstes verlängern konnte: Wer den Zivildienst in Teilzeit ableistete, musste entsprechend länger dienen. Und bei Pflichtverletzungen konnte die Dienstzeit ebenfalls verlängert werden.
„Ersatzdienst darf Wehrdienst nicht übersteigen“
Aber warum wurden überhaupt Unterschiede zwischen Wehrdienern und Zivis gemacht, obwohl das Grundgesetz ausdrücklich das Gegenteil sagt? „Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen“, heißt es dort schließlich in Artikel 12 (2).
Die Antwort liegt darin, dass die Karlsruher Juristen schon in den frühen Jahren der BRD ein Urteil gefällt hatten, in dem die unterschiedliche Dauer mit der Möglichkeit von Wehrübungen begründet wurde, die Zivis natürlich nicht zu leisten hatten.
„Sonderurlaub“ für Reserveoffiziere
Übersehen wurde dabei geflissentlich, dass in der Praxis kaum jemand zu solchen Übungen einberufen wurde – und wenn, dann nur mit großzügigem Lohnersatz aus der Bundeskasse. Reserveoffiziere meldeten sich allerdings relativ gerne an und nahmen das manchmal als eine Art „Sonderurlaub“ mit.
Erklären lassen sich solche durchaus schon damals als unfair empfundenen Verhältnisse nur mit dem jahrzehntelangen Kalten Krieg zwischen Ost und West und einer vermeintlichen Staatsräson. Vorstellungen von einer allgemeinen „Dienstpflicht für das Vaterland“ scheinen nun an die damalige Logik anzuknüpfen. Heutige Richter könnten allerdings anders urteilen als die damaligen Generationen, die teilweise noch in der NS-Tradition standen.