Doku-Serie über NS-Verbrecher
Klaus Barbie: „Der Schlächter von Lyon“ im Narkostaat
Klaus Barbie war einer von Hitlers brutalsten Schergen. In Bolivien tauchte er unter – und mischte im Drogenhandel mit. Davon berichtet die Dokuserie „Das Nazi-Kartell“.

© Sky/Peter McFarren
Der bolivianische Militärausweis von Klaus Barbie alias Klaus Altmann.
Von Theresa Schäfer
Für „Scarface“ hätte sein Vater eigentlich Tantiemen bekommen müssen, scherzt der Sohn von Roberto Suárez. Der galt als der „Kokainkönig“ von Bolivien – und der Film mit Al Pacino aus dem Jahr 1983 über einen Drogenboss hätte aus seinem Leben abgeschrieben sein können. Suárez, der im Jahr 2000 starb, führte den größten Drogenhandel des südamerikanischen Landes – und arbeitete dabei eng zusammen mit einem der brutalsten und berüchtigtsten Männer aus Hitlers nationalsozialistischem Terrorregime: Klaus Barbie.
„Das Nazi-Kartell“ bei Sky/Wow
Eine dreiteilige Dokumentation, die am Donnerstag, 15. Mai, bei Sky und seinem Streamingdienst Wow startet, dröselt diese Verbindungen auf. „Das Nazi-Kartell“ basiert unter anderem auf den Recherchen des Investigativjournalisten Christian Bergmann und lässt viele Zeitzeugen ausführlich zu Wort kommen: Ermittler der US-amerikanischen Drogenbehörde DEA, Menschen aus der Suárez-Familie, bolivianische Oppositionspolitikerinnen – und Beate Klarsfeld, die berühmte „Nazi-Jägerin“, inzwischen 86 Jahre alt. Zusammen mit ihrem Mann Serge spürte sie in den 1970er Jahren Barbies Versteck in Bolivien auf.
Über Umwege setzte sich Barbie Anfang der 1950er Jahre nach Südamerika ab. Der „Schlächter von Lyon“ hatte als Gestapo-Chef in Frankreich ungezählte Grausamkeiten zu verantworten, ordnete Folter und Ermordung von Résistance-Kämpfern an, war für Tausende von Deportationen verantwortlich. Schon 1947 wurde er in Frankreich in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Doch in Bolivien fühlte sich Barbie schon bald sehr sicher: Unter dem Pseudonym „Klaus Altmann“ bewegte sich der Rheinländer schließlich auch in politischen Kreisen. Vor ein paar Jahren fanden Historiker heraus, dass „Altmann“ in den 1960er Jahren aus seinem südamerikanischen Zufluchtsort auch für den deutschen Bundesnachrichtendienst arbeitete. Deckname: „Adler“. Wer dieser „Altmann“ wirklich war, wollte beim BND offenbar niemand so genau wissen.
Von der Militärjunta musste Barbie die Auslieferung nicht fürchten
Beim Drogenboss Roberto Suárez war „Klaus Altmann“ oft zu Gast – obwohl Suárez’ Sohn und Schwiegersohn beteuern, ihr Vater habe nicht gewusst, wer da an seinem Tisch saß. Barbie und Suárez hatten ein gemeinsames Interesse: Dass Bolivien keine stabile Demokratie entwickeln sollte. Unter der Militärdiktatur von General Luis García Meza durfte Suárez schalten und walten im Narkostaat – und Klaus Barbie konnte sich sicher sein, dass dieses Regime ihn nicht nach Europa ausliefern würde.
Schon Anfang der 1970er Jahre hatte Klarsfeld den „Schlächter von Lyon“ aufgespürt. Aber erst 1983 lieferte eine demokratische Regierung Klaus Barbie nach Frankreich aus. 1987 wurde er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er starb 1991 im Gefängnis. Ende der 1980er Jahre wanderte auch Roberto Suárez hinter Gitter. Seine Strafe musste er nur zur Hälfte absitzen. Den Rest seines Lebens verbrachte er im bolivianischen Tiefland – als Rinderzüchter.
„Das Nazi-Kartell“
Sky/Wow„Das Nazi-Kartell” (Regie: Justin Webster) ist ab dem 15. Mai bei Sky und auf dem Streamingdienst Wow abrufbar und startet am gleichen Tag um 21 Uhr auf Sky Documentaries.
YoutubeDie komplette erste Folge der Doku-Serie ist bereits jetzt auf Youtube kostenlos verfügbar.