Backnang lenkt bei B-14-Knoten ein

Der Anschluss Backnang-Süd wird nun doch so gebaut, wie es das Regierungspräsidium vorgeschlagen hat. Die Stadt zieht ihre Pläne wegen mangelnder Erfolgsaussicht zähneknirschend zurück, um jahrelangen Stillstand zu verhindern.

An der Spritnase staut es sich heute schon oft. Ob der künftige Anschluss Backnang-Süd wohl ausreichend leistungsfähig ist? Foto: Tobias Sellmaier

An der Spritnase staut es sich heute schon oft. Ob der künftige Anschluss Backnang-Süd wohl ausreichend leistungsfähig ist? Foto: Tobias Sellmaier

Von Matthias Nothstein

Backnang. Gehofft, gekämpft und doch verloren – diesen Spruch kennt man aus Traueranzeigen. Er passt auch auf die Versuche der Stadt Backnang und des Gemeinderats, dem Regierungspräsidium Stuttgart alternative Pläne zum Ausbau der B-14 Anschlussstelle Backnang-Süd schmackhaft machen zu wollen. Die Stadt wollte mit einem Doppelknoten die Leistungsfähigkeit der Anschlussstelle verbessern. Diese Idee musste jetzt begraben werden. Es bleibt daher bei der Variante des Bundes, die nach Ansicht der Backnanger nicht ausreichend leistungsstark ist und häufige und lange Rückstaus auf der Heinrich-Hertz-Straße zur Folge haben wird.

Das Regierungspräsidium (RP) beharrt auf einer einzigen ampelgeregelten Kreuzung neben der Anschlussstelle. An dieser würden sich die Heinrich-Hertz-Straße, die Stuttgarter Straße, die (künftig) alte B14 aus Maubach und die Zu- und Abfahrten der neuen B14 kreuzen. Die Stadt hingegen hätte gerne 200 Meter weiter in der Heinrich-Hertz-Straße eine zweite Kreuzung gebaut und so die Verkehre entzerrt. Zu dieser Kreuzung hätte eine neue Straße führen sollen, die zwischen dem Toyota-Haus Lorinser und der McDonald’s-Filiale gebaut werden sollte. Die Fläche liegt außerhalb des genehmigten Planfeststellungsbeschlusses, auch der Grunderwerb wäre noch ungeklärt.

Furcht vor noch mehr Autos durch Heiningen und Waldrems

Jetzt steht fest: Der Doppelknoten wird nicht gebaut. Und die Backnanger befürchten vermutlich zu Recht, dass viele Autofahrer aus dem Weissacher Tal weiterhin oder sogar erst recht über die Ortsdurchfahrten Heiningen und Waldrems fahren und die Anschlussstelle Backnang-Süd mit ihren langen Wartezeiten meiden.

OB Maximilian Friedrich räumte in der jüngsten Gemeinderatssitzung in seinem Bericht zum vierstreifigen Ausbau der B14 ein, er habe „weiterhin begründete Zweifel, ob dieser Knotenpunkt auch nach der Überarbeitung durch das RP künftig ausreichend leistungsfähig sein wird, um den Verkehren aus dem Weissacher Tal eine echte Alternative“ bieten zu können. Friedrich: „Wir haben hier Zeit und Geld investiert, um dem Bund eine bessere, das heißt leistungsfähigere Alternative für die Anschlussstelle Backnang-Süd vorzulegen, von der wir weiterhin überzeugt sind. Nach einem intensiven Abwägungsprozess und vielen Gesprächen mit dem RP Stuttgart und dem Bundesverkehrsministerium können wir Ihnen die Umsetzung der städtischen Variante dennoch nicht empfehlen.“

OB Maximilian Friedrich: „Nach einem intensiven Abwägungsprozess können wir Ihnen die Umsetzung der städtischen Variante dennoch nicht empfehlen.“Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

OB Maximilian Friedrich: „Nach einem intensiven Abwägungsprozess können wir Ihnen die Umsetzung der städtischen Variante dennoch nicht empfehlen.“Foto: Alexander Becher

Gegen das nötige Verfahren könnte von verschiedenster Seite geklagt werden

Friedrich listete mehrere Gründe auf, weshalb die Verwaltung zu dieser Einschätzung gekommen ist. So prognostizierte er, dass gegen das zur Umsetzung notwendige Planänderungsverfahren von verschiedenster Seite geklagt werden würde. Solche Klagen hätte zur Folge, „dass für einen heute noch nicht absehbaren Zeitraum die dann vierstreifig ausgebaute B14 im Bereich zwischen Backnang-Süd und der Querung Maubacher Straße auch weiterhin nur zweistreifig ausgebaut wäre“. Dieses Nadelöhr würde zu einer erheblichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit der B14 führen und damit den aktuellen Ausbau konterkarieren.

Zudem habe Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer der Stadtverwaltung mitgeteilt, dass der Bund die städtischen Planungsüberlegungen nicht unterstützt. Begründung: Die vom RP Stuttgart überarbeitete Variante genügt, die Leistungsfähigkeit entspricht der Schulnote 4. Das heißt schließlich ausreichend. Friedrich: „Da es sich um ein Projekt des Bundes handelt, kann auch nur der Bund eine Änderung des bestehenden Planungsrechts vornehmen. Dies müssen wir zur Kenntnis nehmen.“

Setzer verkündet die Entscheidung

Erster Bürgermeister Stefan Setzer wiederholte, man sei nach reiflicher Überlegung zu der Entscheidung gelangt, die städtische Variante nicht zu empfehlen. Die Umplanung wäre „keine unwesentliche Änderung“, weshalb ein Planänderungsverfahren nötig wäre. Dass in der Folge die Passage rund um den Knoten Backnang-Süd über Jahre nicht ausgebaut werden könnte, hätte „auf unabsehbare Zeit zu verheerenden Zuständen beim Verkehr geführt“.

Setzer gab dem Gremium einen allgemeinen Bericht zum Ausbau. So kündigte er erhebliche Behinderungen an, wenn 2027 die Bahnbrücken erneuert werden, und zwar nicht nur beim Schienenverkehr, sondern auch auf den Straßen. Viele Abschnitte werden in den nächsten vier Jahren begonnen, „es wird Zeiträume geben, wo an allen Ecken und Enden gebaut wird“. Zwar ist der B-14-Ausbau ein Projekt des Bundes, aber er sorgt auch bei der Stadt an vielen Stellen für Handlungsbedarf. So wird es nicht nur zu Änderungen bei den Ortsdurchfahrten Heiningen und Waldrems kommen. Auch die Vorfahrtsregelung an der Kreuzung Heinrich-Hertz-Straße/Weissacher Straße wird geändert. Künftig haben Verkehrsteilnehmer auf der Heinrich-Hertz-Straße in oder aus Richtung Weissacher Tal Vorfahrt. Die größten finanziellen Auswirkungen wird es im Untergrund geben. Weil die neue B-14-Trasse an vielen Stellen tiefer gelegt wird, muss die Kanalisation angepasst werden. Für die komplexen Arbeiten sind Millionenbeträge im zweistelligen Bereich nötig.

Die Stadträte zeigen sich enttäuscht

Stadträtin Ute Ulfert (CDU) nannte es „sehr enttäuschend“, dass es keine Verbesserungen an der Anschlussstelle gibt. Aber sie sagte, „es lohnt sich nicht, die ganze Maßnahme nochmals infrage zu stellen, sonst erleben wir alle die Vollendung nicht“. Ulfert: „Ich hätte mir sehr gewünscht, dass die Variante der Stadt kommt, aber jetzt müssen wir in den sauren Apfel beißen.“ Heinz Franke (SPD) hob darauf ab, dass der Verkehr aus dem Weissacher Tal weiter zunehmen werde. Wenn die Straße heute schon die Note 4 erhalten habe, dann wird dies künftig auf eine 5 hinauslaufen. Der Heininger Stadtrat befürchtet, dass der Verkehr in seiner Ortsdurchfahrt weiter zunehmen wird. „Wir dürfen nicht blauäugig sein, jeder Autofahrer wählt den kürzesten Weg.“ Frankes Fazit lautete: „Wir treiben den Teufel mit dem Beelzebub aus. Aber es ist tatsächlich nicht zu vertreten, wenn wir auf unserer Variante beharren.“ Die Waldremser Ortsvorsteherin Regine Konrad (CDU) befürchtete für die Ortsdurchfahrten ebenfalls das Schlimmste: „Egal welche Schikanen wir einbauen, alle Autofahrer aus dem Weissacher Tal werden die tolle Auffahrt in Waldrems wählen.“

Ein Plädoyer gegen den Straßenausbau generell hielt Ulrike Sturm (Grüne). Ihrer Ansicht nach möchte der Bund hier einen Ersatz für den gescheiterten Nord-Ost-Ring um Stuttgart realisieren. Sie befürchtete, dass es den Backnangern so ergeht wie jenen Stuttgartern, „die einst S21 wollten und heute heulen“. Und so prophezeite die Regionalrätin: „Der eine oder andere wird sich noch umschauen, was der Bau dieser Straße bedeutet.“ Sie war der Ansicht, dass wohl nur die Sperrung der Straße zwischen Heiningen und dem Heininger Kreisel die Ortsdurchfahrt entlasten könnte.

Eine Sperrung der Straße zum Heininger Kreisel hätte erhebliche Nachteile

Doch OB Friedrich stellte sofort klar, dass dies auch große negative Auswirkungen auf die Bewohner von Heiningen und Waldrems hätte. Sie müssten große Umwege in Kauf nehmen, sobald sie ins Weissacher Tal wollten. Meike Ribbeck (CIB) freute sich wie Sturm auch nicht über den Ausbau, „Straßen ziehen Verkehr an“. Sie erklärte: „Es wäre viel besser, der Bund würde sein Geld anders investieren.“ Dafür erntete sie Widerspruch von Gerhard Ketterer (CDU). Er verwies am Beispiel der B29 auch auf das Wirtschaftswachstum, das mit dem Straßenausbau kommen kann. Und Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann gab zu bedenken, dass der Backnanger Süden stark vom Straßenbau profitieren wird, weil künftig viel mehr Verkehr über die Anschlussstelle Backnang-Mitte fließen wird.

Kommentar
Eher ärgerlich als ehrenwert

Von Matthias Nothstein

Man ist geneigt zu sagen, es war ehrenwert, dass die Stadt versucht hat, zu einer besseren Lösung zu kommen. Aber das gilt nur, wenn für diese Variante Aussicht auf Erfolg bestanden hätte. Dem war aber nicht so, vielmehr stand das Ergebnis von vornherein fest, da die Gründe der Absage schon immer auf dem Tisch lagen: Das Verfahren müsste aufgrund der Komplexität der Änderungen komplett neu aufgerollt werden; dagegen würde geklagt werden; es würden verschärfte Auflagen (Naturschutz/Lärm) zum Zug kommen; es würde die Stadt viel mehr kosten; es würden Jahre ins Land ziehen mit dem Status quo (Stau) bei gleichzeitig mehr Verkehr. Deshalb ist das Beharren auf die chancenlose Variante eher ärgerlich und kontraproduktiv als ehrenwert.

Nun darf die Frage erlaubt sein, was das Geziere der Stadt dem Bürger gebracht hat. OB Friedrich erklärt selbst: „Wir haben hier Zeit und Geld investiert.“ Neben manch einem Euro und der Bindung vieler Ressourcen im Stadtplanungsamt hat das fruchtlose Unterfangen etliche Monate Verzug beim Bau verursacht. Zum Glück hat das RP stets seine Variante weiterverfolgt und immer signalisiert, dass die Pläne der Stadt eher im Bereich Utopie anzusiedeln sind.

Als die Stadt im März 2022 ihre Doppelknotenpläne vorgestellt hat, drängte OB Friedrich am Ende ausdrücklich auf eine Abstimmung, um das Vorgehen zu legitimieren. Nun, bei der Beerdigung der Idee, wurde den Räten nur ein Sachstandsbericht gegeben, ohne Abstimmung. Die Verwaltung wollte die Stadträte wohl davor verschonen, mit dem Heben der Hand Position beziehen zu müssen. Denn ein Votum, die städtischen Pläne weiterzuverfolgen, wäre wider jede Vernunft. Und ein Votum, den RP-Vorschlag zu schlucken, ein Affront den Bürgern von Heiningen und Waldrems gegenüber. Vielleicht spielt dabei eine Rolle, dass nächstes Jahr Kommunalwahlen sind. Jetzt können alle sagen, wir haben es versucht.

m.nothstein@bkz.de

Der gesamte Ausbau der B14 soll bis 2030 fertiggestellt sein

Zeitplan Der vierstreifige Ausbau der B14 nimmt Fahrt auf. Die Bauabschnitte werden Zug um Zug umgesetzt. Der Bau des zweiten Viadukts wurde im April begonnen. Die Fertigstellung des Brückenbauwerks verschiebt sich aber wegen kleinerer Umplanungen von Ende 2024 wie einst verkündet auf Juli 2025. Inzwischen laufen auch im Bereich der Krähenbachkreuzung die Vorarbeiten für die Realisierung dieses Bauabschnitts, der bis 2027 fertiggestellt werden soll. In diesem Jahr sollen auch die beiden Bahnbrücken gebaut werden, die Sperrzeit der Bahnstrecke ist bereits genehmigt und macht daher Verschiebungen unwahrscheinlich. Probleme mit der Planung gibt es immer noch am Knoten Waldrems, wo Grundstückseigentümer die Planung nicht mittragen.

Backnang-West Der Ausbau der B14 wird sich an der Anschlussstelle Backnang-West (Krähenbachkreuzung) nun erstmals unmittelbar auf das städtische Straßennetz auswirken, da die Anschlussstelle an die Aspacher Straße komplett neu gestaltet werden muss. Mit dem Baubeginn wird in Kürze gerechnet.

Fertigstellung Das Regierungspräsidium Stuttgart geht aktuell davon aus, dass die Gesamtmaßnahme des vierstreifigen Ausbaus der B14 voraussichtlich bis zum Jahr 2030 umgesetzt sein wird. Allerdings gab OB Friedrich im Gemeinderat auch zu bedenken, dass die bisherigen Terminpläne immer wieder verschoben wurden. „Die Gründe dafür sind vielfältig und bei genauerer Betrachtung auch weitestgehend nachvollziehbar.“

Ortsdurchfahrten Die Stadt kündigte an, die notwendigen und sinnvollen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung der Ortsdurchfahrten Waldrems, Heiningen und Maubach in den Fokus zu nehmen. Mit der Lärmaktionsplanung der Stufe 3, die sich aktuell im Verfahren befindet, hat die Stadt bereits die Grundlagen für Tempo 30 in den Ortsdurchfahrten geschaffen. Diese will sie mit Unterstützung des Gemeinderats auch konsequent umsetzen. Die städtebauliche Umgestaltung der Verkehrsräume im Sinne der Verkehrsberuhigung und Verbesserung der Aufenthaltsqualität liegt weitestgehend in der städtischen Zuständigkeit. Die Stadt wird auf der Basis der bereits vorgelegten Verkehrsuntersuchungen konkrete Vorschläge erarbeiten und in den Ortschaftsräten beraten.

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Erstellt:
23. Oktober 2023, 06:00 Uhr

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