Backnang verschlechtert sich beim Fahrradklimatest

Die Stadt schafft in der Gesamtnote nur eine 4,18. Damit liegt sie bei 447 vergleichbaren Kommunen auf einem unbefriedigenden 320. Platz.

Symbolfoto: Michael Gaida

© Michael Gaida auf Pixabay

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Von Matthias Nothstein

Backnang. Für die Große Kreisstadt Backnang ist das Ergebnis des ADFC-Fahrradklimatests nicht sehr erfreulich ausgefallen. Die Stadt rangiert bei den vergleichbar großen Städten (20000 bis 50000 Einwohner) immer noch deutlich im hinteren Drittel. Konkret bedeutet dies laut dem Allgemeinden Deutschen Fahrradclub (ADFC): Innerhalb der 447 bewerteten Städte kommt Backnang auf Rang 320. Vor drei Jahren lag Backnang noch auf Platz 309, allerdings waren damals auch nur 415 Städte im Rennen. Auch die Note rutschte leicht ab. Gab es 2020 als Gesamtnote noch eine 4,15, so muss sich Backnang nun mit einer 4,18 begnügen.

ADFC-Vorsitzender Ehrmann ist enttäuscht, aber nicht überrascht

Kein Wunder, dass der Vorsitzende des ADFC Backnang und Backnanger Bucht, Jürgen Ehrmann, über dieses Ergebnis sehr enttäuscht ist. „Eine lebenswerte Stadt und das Erreichen der auch von unserem Oberbürgermeister genannten Klimaziele erfordern mehr nachhaltige Mobilität, für die der Radverkehr ein wesentlicher Baustein ist. Die nun vorgelegten Ergebnisse des Fahrradklimatests 2022 für Backnang sind aber ernüchternd: Die im Vergleich mit anderen Kommunen schon beim Klimatest 2020 sehr schlechte Gesamtnote hat sich mit 4,18 nochmals verschlechtert und liegt weiterhin deutlich unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt.“ Ehrmann ist enttäuscht, aber nicht überrascht: „Backnang hat bezüglich der nachhaltigen Mobilität mehr verdient als eine Vier minus. Aber leider war das Ergebnis erwartbar.“

Die Stadtverwaltung ist mit dem Ergebnis des Fahrradklimatests selbst nicht zufrieden. Tobias Großmann, der Leiter des Stadtplanungsamts, erklärte gestern: „Zwar haben wir uns entgegen dem Bundestrend nicht verschlechtert, streben aber eine deutliche Verbesserung insgesamt an. Bedauerlicherweise hat sich auch die Beteiligung an der Umfrage in Backnang selbst deutlich verschlechtert.“

Die Stadt will die Verbreiterung bestehender Radwege sukzessive angehen.

Auf der Aufgabenliste ganz oben stehen nach wie vor Themen, die bereits 2020 als wichtige Hinweise an die Stadtverwaltung herangetragen wurden: mangelhafte Führung an Baustellen (5,0), zu geringe Infrastrukturbreiten (4,9) und fehlende Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung (4,4). Der Amtsleiter verspricht: „Die Verbreiterung bestehender Wege und Radstreifen gehen wir sukzessive an, die beiden anderen Punkte müssen auch verkehrsrechtlich betrachtet werden.“

Die Aktivitäten des vergangenen Jahres schlagen sich bereits in besseren Bewertungen als 2020 nieder. Großmann listet auf, was die Stadt bereits für den Radverkehr tut: AGFK-Mitgliedschaft, Radkultur, Cargobike-Roadshow, Schutzstreifen außerorts und Überholabstand. Die Wegoberflächen sind in gutem Zustand und es sind komfortable und sichere Abstellmöglichkeiten vorhanden. Für eine dauerhafte Verbesserung der Radinfrastruktur müssen nun laut Großmann die Investitionen in die Sulzbacher Straße und in die Maubacher Straße umgesetzt werden. Die Planungsarbeit hierzu wurde 2022 geleistet, in diesem Jahr kommen die Projekte in die Gremien.

Viele Kriterien, die jetzt schlechter als 2020 bewertet wurden, deuten laut Großmann auf eine nach wie vor nicht ausgeprägte Kultur des Miteinanders im Straßenverkehr hin. Hier möchte die Stadtverwaltung ansetzen. Sie hat sich deshalb erneut um die Förderung als Radkulturstadt beworben. Großmann: „Nach 2022 ist die Landesförderung für 2023 und 2024 mit deutlich erhöhtem Budget zugesagt, die wir zielgerichtet zur Beteiligung an den anstehenden Planungsmaßnahmen einsetzen wollen.“

Die gesunkene Beteiligung beschäftigt auch Ehrmann: Er schreibt: „Dass bei der Bewertung kein Fortschritt zu verzeichnen ist, liegt vor allem daran, dass die Radler auch keinen Fortschritt auf der Straße für mehr durchgängig sicheren Radverkehr sehen.“ 2020 haben 208 Radfahrer eine Bewertung abgegeben, 2022 waren es nur noch 148 Teilnehmer. „Es hat hier ja doch keinen Sinn“, habe Ehrmann immer wieder mal gehört. Das sieht der ADFC jedoch nicht so. Kämpferisch kündigt Ehrmann an: „Wir bleiben dran.“

Am Fahrradklimatest haben sich bundesweit 245000 Radfahrer beteiligt

Teilnehmerrekord Bei der zehnten Ausgabe des ADFC-Fahrradklimatests haben rund 245000 Radfahrer teilgenommen. Das sind 15000 mehr als 2020 – und so viele wie nie zuvor. Sie haben 1114 Städte und Gemeinden bewertet. Auch das ist ein neuer Rekord (2020: 1024; 2018: 683, 2016: 539). Immer mehr Orte unter 100000 Einwohnern erreichen die Mindestteilnahmezahl. Sie haben sich seit 2012 verdreifacht.

Nutzungshäufigkeit Die Teilnehmer sind meist viel mit dem Rad unterwegs. 63 Prozent nutzen das Rad (fast) täglich, 91 Prozent mindestens einmal die Woche. Über 90 Prozent verfügen ganz oder teilweise über ein Auto, kennen ihre Orte also aus beiden Perspektiven.

Bewertungskriterien Am besten bewerteten die Radfahrer die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (Note 2,7) und in Gegenrichtung geöffnete Einbahnstraßen (2,7). Die Punkte, die am schlechtesten bewertet wurden, sind: Breite der Wege für Radfahrer (4,7), Falschparkkontrolle auf Radwegen (4,7) und die Führung an Baustellen (4,7).

Rote Laterne Im Vergleich der Großen Kreisstädte im Rems-Murr-Kreis behält Backnang die Rote Laterne. Fellbach schafft die Note 3,7, Winnenden 3,8, Waiblingen 3,9 und Schorndorf 4,08.

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Erstellt:
26. April 2023, 06:00 Uhr

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