Kommentar: Nach der Reform ist vor der Reform
Kommentar: Nach der Reform ist vor der Reform
Von Jacqueline Westermann
Knapp drei Jahre nachdem das Bürgergeld die Hartz-IV-Regelungen ersetzt hat, wurde nun sein Ende eingeleitet. Zentral ist dabei ein strengerer Umgang mit Termin- und Arbeitsverweigerern. Das Problem: Ein weiteres Mal prescht die Bundesregierung vor und stößt eine Reform vor der eigentlichen Reform an, die eine eigens dafür eingesetzte Expertenkommission eigentlich vorbereiten sollte. Ähnlich war es auch schon bei der Rente: Auch hier beschloss Schwarz-Rot Schritte, die viele der Ökonomen in der Rentenkommission kategorisch ablehnen – und riskiert so, die Empfehlungen der Experten zu konterkarieren.
Natürlich sollte nur Grundsicherungsleistungen erhalten, wer sie wirklich braucht. Diesen Anspruch dürfen Staat und Steuerzahler haben. Nur sind die Verweigerer nicht das Hauptproblem, an dem das System krankt. Wie Ökonomen seit Jahren zu Recht kritisieren, sind es die strengen Hinzuverdienstgrenzen sowie das Zusammenspiel von geringem Lohn und Sozialleistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag, die eine Aufnahme von Arbeit oder eine Verlängerung der Arbeitszeit unattraktiv machen.
Wie man diese Probleme lösen könnte, ist längst bekannt. Doch die Bundesregierung verschiebt die Reformschritte, die am Ende wirklich einen Unterschied machen könnten, lieber über den Umweg der Sozialstaatskommission in die Zukunft – und wagt keine große Gesamtreform der Grundsicherung.
