Neues Hospiz im Betrieb inspiziert

Sieben der zwölf Plätze sind wenige Wochen nach der Einweihung des stationären Hospizes bereits belegt

Das neue stationäre Hospiz auf dem Areal des früheren Kreiskrankenhauses Backnang wurde vor wenigen Wochen erst eingeweiht. Daher war es für Christian Lange gestern der richtige Zeitpunkt, sich bei einem Rundgang und einem Gespräch mit der Hospizleitung über den Neubau und die ersten Tage des Betriebs zu informieren. Und Hospizchef Heinz Franke nutzte die Gelegenheit gerne, dem parlamentarischen Staatssekretär des Justizministeriums die segensreiche Arbeit des Hospizes vorzustellen.

Christian Lange (SPD) im Gespräch mit Gaby Hammer vom Kinderhospizdienst Pusteblume und Hospizchef Heinz Franke (rechts). Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Christian Lange (SPD) im Gespräch mit Gaby Hammer vom Kinderhospizdienst Pusteblume und Hospizchef Heinz Franke (rechts). Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Auf dem gesamten Areal des ehemaligen Krankenhauses wird noch gebaut und geschafft. Selbst beim stationären Hospiz an der neuen Bonhoefferstraße 2. Und dabei ist dieses Projekt von allen am weitesten gediehen, es ist genau genommen seit wenigen Wochen schon in Betrieb. Davon können die Bauherren der benachbarten Rohbauten und Projekte nur träumen. Und dennoch sind auch beim Hospiz noch Bauleute am Schaffen. So ist zum Beispiel die Außenanlage längst noch nicht fertig.

Trotzdem ist Heinz Franke zufrieden. Der geschäftsführende Vorstand der Hospizstiftung Rems-Murr führt den SPD-Bundestagsabgeordneten durch die Räume und stellt die Arbeiten der einzelnen Abteilungen vor. Angefangen im Verwaltungstrakt geht es weiter zum Kinderhospizdienst Pusteblume. Gaby Hammer berichtet dort, dass sie mit ihren Mitarbeitern und 21 ehrenamtlichen Helfern derzeit 17 Familien begleitet, womit das Kinderhospiz gut mit Arbeit ausgelastet ist. Sie freut sich über die neuen Räume, in denen sie sich nun sehr intensiv um Kinder und deren Familien kümmern können. Die Zimmer sind hell und freundlich eingerichtet, in den Regalen stapeln sich die Spielsachen und Arbeitsmaterialien.

Die Wohnküche ist ein ganz zentraler Raum mit großer Bedeutung

Der Weg geht weiter zur Wohnküche im ersten Stock, über die Franke sagt: „Das ist ein ganz zentraler Raum, hier passiert sehr viel Kommunikation“. Kein Wunder, gehören doch die Gäste, die derzeit den Schwerpunkt bilden, einer Generation an, bei der die Wohnküche laut Franke noch eine größere Bedeutung hat. Momentan bezieht das Hospiz das Essen noch vom Alten- und Pflegeheim Staigacker. Aber nicht mehr lange. Geplant ist, dass im Hospiz künftig selbst gekocht wird und so das Essen individuell auf die Bedürfnisse der Gäste abgestimmt werden kann. Derzeit sind erst sieben der zwölf Hospizbetten belegt. Ein deutliches Signal, dass der Bedarf an Hospizplätzen nach der Aufstockung der Backnanger Institution in der Region Backnang nun gedeckt ist. Franke: „Im Kreis reicht es jetzt aus, zumal es auch eine ambulante Versorgung dieser Patienten gibt. Und auch bei uns gilt: ambulant vor stationär.“ Diese ambulante Versorgung wird erbracht von der SAPV. Die Abkürzung steht für spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Das stationäre Hospiz übernimmt nicht nur die Koordinierung der SAPV-Einsätze, sondern auch die dringend notwendige Erstberatung.

Im zweiten Stockwerk des Hospizbereichs werden die Zimmer erst seit dieser Woche belegt. Lange besichtigt unter anderem ein noch leer stehendes Zimmer und überzeugt sich von der Größe und freundlichen Ausstattung samt barrierefreier Nasszelle. Im früheren Hospiz auf der anderen Straßenseite im Krankenhausweg 10 mussten sich bis zuletzt immer noch zwei Gäste eine Nasszelle teilen. Das ist im Neubau nicht mehr der Fall. Nach einem kurzen Blick in den Raum der Stille, in dem zwei Stockhausen-Fenster für Atmosphäre sorgen, besichtigt Lange auch noch den vierten Stock des Neubaus. Und steht so unvermittelt inmitten eines Rohbaus. Die wichtigen Installationen und Leitungen sind vorhanden, aber es fehlen noch der Estrich und alle Innenwände. Die Etage war erst während des Baus und sehr kurzfristig beschlossen worden. In der Station sollen einmal zehn schwerstpflegebedürftige Patienten unterkommen. Es sind solche Menschen, die im Krankenhaus von einer Onkologie oder einer Palliativstation als austherapiert nach Hause oder in ein Pflegeheim entlassen werden, die aber gleichzeitig noch nicht die Indikation fürs Hospiz haben. Franke gab dem Staatssekretär zu verstehen, dass die Schaffung einer solchen Station insbesondere der Wunsch der Kliniken war. Und er appellierte an den Politiker, sich dafür einzusetzen, dass die Leistungen auf dieser Abteilung angemessen vergütet werden. So könnte sich Franke vorstellen, dass der zu finanzierende Personalschlüssel zwar etwas unter dem des Hospizes liegt, aber doch deutlich über dem einer gewöhnlichen Pflegestation.

Am Ende des Rundgangs erklärte Lange: „Ich finde es beeindruckend, was die Hospizstiftung Rems-Murr hier auf die Beine gestellt hat, und zolle dem Engagement aller Mitarbeiter und Verantwortlichen großen Respekt.“ Für Lange war die Aufstockung der Kapazität geradezu eine Pflicht, weil er mit verantwortlich war, als im Jahr 2015 die geschäftsmäßig betriebene Suizidbeihilfe unter Strafe gestellt wurde. „Ich habe deshalb den Hospizausbau und die Aufstockung unterstützt, weil wir Alternativen bieten müssen.“ So wurde parallel zu der Entscheidung, die Suizidbeihilfe unter Strafe zu stellen, auch die Förderung der Hospizarbeit ausgeweitet. Franke bestätigt: „Wurden früher 90 Prozent der laufenden Kosten von den Kassen gedeckt, so sind es inzwischen 95 Prozent.“ Doch der Hospizfachmann gibt auch zu bedenken: „Die verbesserte Förderung ist zwar ein Segen, aber auf der anderen Seite kommen jetzt auch manche auf die Idee, man könne mit der Hospizarbeit Geld verdienen.“ Insofern warnt Franke davor, zu viele Hospize zu bauen. So gebe es inzwischen schon Landstriche, wo die ersten dieser Häuser aufgrund des Wettbewerbs Schwierigkeiten bekommen.

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Erstellt:
2. Juli 2019, 06:00 Uhr

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