Zeigt die Wildtierkamera einen Wolf in Sulzbach?

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg untersucht derzeit die Aufnahmen eines Tiers, die am Mittwoch auf der Gemarkung des Sulzbacher Teilorts Bartenbach entstanden sind. Vor Abschluss der Untersuchung hüllen sich die Experten in Schweigen.

Achtung: Diese Aufnahme stammt nicht aus Bartenbach, sondern ist ein Symbolfoto. Jene Fotos, die am Mittwoch im Sulzbacher Teilort aufgenommen worden sind, wurden bisher nirgendwo veröffentlicht. Sie werden erst noch von Experten überprüft. Quelle: FVA Baden-Württemberg

Achtung: Diese Aufnahme stammt nicht aus Bartenbach, sondern ist ein Symbolfoto. Jene Fotos, die am Mittwoch im Sulzbacher Teilort aufgenommen worden sind, wurden bisher nirgendwo veröffentlicht. Sie werden erst noch von Experten überprüft. Quelle: FVA Baden-Württemberg

Von Matthias Nothstein

Sulzbach an der Murr. Am Mittwochmorgen hat eine Wildtierkamera im Sulzbacher Teilort Bartenbach ein Tier aufgenommen. Es gibt Stimmen, die behaupten, es könnte sich dabei um einen Wolf handeln. Die Fachleute, die sich damit auskennen müssten, wiegeln jedoch erst einmal ab und betonen: „Noch gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.“ Fakt ist lediglich, dass die Aufnahmen derzeit von der Fachabteilung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg im Breisgau geprüft werden. Und die Pressestelle des Landratsamts Rems-Murr-Kreis bestätigt lediglich, dass ein Bild von einem Tier im Raum Sulzbach gemacht wurde: „Dabei besteht der Verdacht, dass es sich hierbei um einen Wolf handelt. Deswegen wurde das Bild zur Verifizierung zur FVA geschickt. Ob es sich hierbei wirklich um einen Wolf handelt, ist derzeit allerdings noch unklar.“

Auch das Stuttgarter Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hält sich bedeckt. Die Pressestelle dort teilt mit: „Aktuell liegen zwei Meldungen aus der Region vor, die sich gerade in Prüfung befinden. Allerdings handelt es sich um sehr schlechtes Bildmaterial, sodass derzeit völlig offen ist, ob es sich tatsächlich um einen Wolf handelt. Vor diesem Hintergrund bitten wir um Verständnis, dass wir dazu aktuell leider keine Aussagen treffen können.“

Von dieser seriösen Zurückhaltung sind die sozialen Medien im Internet meilenweit entfernt. Dort kursierten schon am Donnerstag Falschmeldungen, etwa auf der Facebook-Seite „Stoppt Rewilding Europe“. Dort werden unter der Überschrift „Wildtierkamera in Sulzbach-Bartenbach im Rems-Murr-Kreis“ zwei Fotos präsentiert. Der Fehler ist nur, dass es sich dabei nicht um die Fotos aus Bartenbach handelt. Die Irreführung ist leicht zu durchschauen. Zum einen handelt es sich dabei um Aufnahmen, die seit Jahren durchs Internet geistern, zum anderen belegt die abgebildete Vegetation, dass es sich nicht um eine aktuelle Aufnahme handeln kann, und zu guter Letzt ist auf einem der Fotos gar ein Rotfuchs abgelichtet.

Es wäre möglich, dass ein Wolf bereits im Rems-Murr-Kreis angekommen ist

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Grundsätzlich ist es denkbar, dass ein Wolf derzeit den Rems-Murr-Kreis durchwandert. In Essingen (Ostalbkreis), das Luftlinie nur etwa 50 Kilometer von Sulzbach entfernt liegt, ist Mitte Januar aufgrund der Spurenlage ein männlicher Wolf genetisch nachgewiesen worden. Zudem wurden vergangene Woche innerhalb von vier Tagen drei Schafe tot aufgefunden, am Donnerstag und Freitag jeweils in Rudersberg und am Sonntag in Auenwald-Unterbrüden. Sollten diese Vorfälle tatsächlich auf das Konto eines Wolfs gehen, wäre es nicht verwunderlich, wenn das Tier inzwischen in Sulzbach angekommen wäre.

Während Wölfe für Menschen keine Gefahr darstellen, blicken Schäfer mit Sorge auf die Ausbreitung dieser Spezies. Bernd Allmendinger, der Schäfer aus Allmersbach im Tal, gibt sich dabei noch vergleichsweise gelassen. „Wir werden es nicht verhindern können, dass ein Wolf irgendwann einmal den Landkreis durchquert. Ich hoffe aber nur nicht, dass sich hier ein Rudel ansiedelt. Dann hätten wir Schäfer ein wirkliches Problem.“ Allmandinger verweist auf Kollegen, die aufgrund des Wolfs mit ihrem Gewerbe aufgehört haben. So erinnert er etwa an eine Wolfsattacke 2018 bei Bad Wildbad im nördlichen Schwarzwald, wo ein Wolf über 40 Schafe innerhalb einer umzäunten Weide gerissen habe.

Zersiedelte Landschaft bietet kaum Rückzugsmöglichkeiten

Dass sich ein Rudel im Raum Backnang ansiedelt, kann sich Bernd Allmendinger jedoch nur schwerlich vorstellen: „Unsere Landschaft hier ist doch sehr zersiedelt, sodass es für diese Tiere fast keine ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten mehr gibt.“ Und doch kann er die Angst nicht völlig ausblenden, dass Isegrim letztendlich für das Ende seiner Zunft verantwortlich sein könnte. So schwingt neben Wehmut auch Sorge mit, wenn Allmendinger etwa erwähnt, dass sein Betrieb zuletzt viel in einen neuen Schafstall investiert habe und Sohn Michael nach dem Abschluss der Berufsschule nun den Meister anstrebe und eigentlich eine sichere Perspektive brauche.

In den Fördergebieten Wolfsprävention gibt es finanzielle Hilfen

Untersuchungen Aktuell werden in der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Freiburg die Proben von den getöteten Schafen aus Rudersberg und Auenwald sowie die Fotos aus Bartenbach ausgewertet. Sobald die Ergebnisse der Auswertung der Fotos und der genetischen Abstrichproben vorliegen, wendet sich das Landratsamt Rems-Murr-Kreis an die Öffentlichkeit. Genetische Untersuchungen dauern laut FVA etwa 14 Tage.

Tote Schafe Die beiden getöteten Schafe in Rudersberg sind mit großer Wahrscheinlichkeit Opfer eines Raubtiers geworden. Bei beiden Tieren sind an Rippen, Keulen und der Wirbelsäule Fraßspuren festgestellt worden. Zudem wurden die Tiere am Waldrand aufgefunden.

Im Fall des toten Schafs aus Unterbrüden verhält es sich etwas anders. Das Tier hat sich in einem Weidezaun verfangen, ein Tod ohne Fremdeinwirkung könne nicht ausgeschlossen werden. Alle Koppeln waren mit elektrischen Zäunen gesichert.

Wolfsprävention Liegt eine Weide innerhalb des Fördergebiets Wolfsprävention, so werden Investitionen für Zäune und Zubehör gefördert. Zudem werden Arbeitskosten erstattet. Geld gibt es ferner für den Unterhalt von Herdenschutzhunden und als Entschädigung für gerissene Nutztiere. Auch der erhöhte Arbeitsaufwand für das Weidemanagement wird bezahlt.

Territoriale Wölfe Das Kriterium für die Ausweisung eines Fördergebiets Wolfsprävention ist der Nachweis eines territorialen Wolfs (residenter Einzelwolf). Ein Wolf gilt gemäß bundesweiten Monitoring-Standards dann als resident, wenn er nachweislich mindestens sechs Monate in einem Gebiet lebt.

Übergangsfrist In neuen Fördergebieten gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr nach der Ausweisung. Nach Ablauf dieser Frist ist die Umsetzung eines wolfsabweisenden Grundschutzes bei den Nutztierarten Schafe, Ziegen und Gehegewild Voraussetzung, wenn eine Ausgleichszahlung bei einem von einem Wolf verursachten Schaden geleistet werden soll.

Fördergebiete Im Jahr 2018 ist im Nordschwarzwald das erste Fördergebiet ausgewiesen worden. Durch die Anwesenheit von weiteren territorialen Wölfen wurde dieses Gebiet seit Juni 2020 auf den gesamten Naturraum Schwarzwald erweitert. Des Weiteren wurde inzwischen auch das Fördergebiet Odenwald ausgewiesen.

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Erstellt:
20. April 2024, 06:00 Uhr

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