Maßnahmen zur Energiereduzierung greifen

Ein halbes Jahr lang wurde auch in Rathäusern kräftig Energie gespart: reduzierte Raumtemperaturen, weniger Beleuchtung, kaltes Wasser zum Händewaschen. Waren die Maßnahmen erfolgreich? Die Rückmeldungen der Verwaltungen aus dem Raum Backnang sind überwiegend positiv.

Patrizia Rall (rechts) und Anna Seitz trotzen in Fleecejacken den kühlen Temperaturen im Allmersbacher Rathaus. Archivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Patrizia Rall (rechts) und Anna Seitz trotzen in Fleecejacken den kühlen Temperaturen im Allmersbacher Rathaus. Archivfoto: Alexander Becher

Von Florian Muhl

Rems-Murr. Weniger Licht in Städten, reduzierte Temperaturen in öffentlichen Räumen – das war das Gebot der Stunde vor einem halben Jahr. Das Ziel damals: Der Gas- und Energieverbrauch soll bundesweit sinken. Dafür hat die Regierung zwei Verordnungen erlassen. Die erste trat am 1. September in Kraft. Sie galt zunächst für ein halbes Jahr – bis zum 28. Februar. Wie erfolgreich waren die verordneten Energiesparmaßnahmen? Wir haben in den Rathäusern im Raum Backnang nachgefragt.

Energieeinsparverordnung So wie in Backnang wurde von allen Stadt- und Gemeindeverwaltungen die Kurzfristenergieeinsparverordnung (EnSikuMaV) entsprechend umgesetzt. So wurde die Raumtemperatur in Büroräumen auf 19 Grad Celsius abgesenkt. In Hallen und Bewegungsräumen wurde die Temperatur auf die Zielgröße von 16 bis 17 Grad heruntergesetzt. Zudem hieß es: Licht aus, wo es geht.

Energiesparmaßnahmen „Heizlüfter wurden untersagt, Trinkwassererwärmungsanlagen per Durchlauferhitzer wurden stillgelegt, wo sie noch aktiv waren, Kühlschränke wurden abgeschaltet bis auf einen zentralen je Verwaltungsgebäude“, erläutert Armin Mößner die weiteren Maßnahmen in Murrhardt. „Ebenso wurde die Anzahl der Kopiergeräte reduziert und mehr auf zentrale Geräte in Rat- und Amtshaus gesetzt“, so der Bürgermeister weiter.

„Teilweise sind wir auch in den Räumlichkeiten, wo wir nur eine geringe Belegung haben, auf nur 15 Grad Celsius runtergegangen und haben durch Optimierung der Schaltzeiten zu den Belegungen hochreguliert auf 19 Grad“, sagt Spiegelbergs Bürgermeister Uwe Bossert.

Krisenstab „Wir haben einen verwaltungsinternen Krisenstab Energie gebildet und uns mit allen Themen des Energieverbrauchs in allen kommunalen Liegenschaften beschäftigt“, erklärt Bernhard Bühler. „Angeordnet wurde eine Überprüfung sämtlicher Heizungsanlagen, aller Gebäudeöffnungen, Räume und Beleuchtungen“, so der Bürgermeister von Oppenweiler weiter. Schließungstage zur Energieeinsparung (Brückentage) seien festgesetzt und Homeoffice sei aktiv gefördert worden. „Unabhängig von der Energieversorgungslage im letzten Jahr hat der Gemeinderat Allmersbach im Tal im vergangenen Jahr Energieleitlinien beschlossen“, sagt Bürgermeisterin Patrizia Rall. Solche Leitlinien haben mehrere Kommunen mit fachlicher Begleitung der Energieagentur erarbeitet.

Weihnachtsbeleuchtung Auch zur Adventszeit gab es ein spezielles Sparprogramm. In Murrhardt wurde die Weihnachtsbeleuchtung reduziert, indem diese auf den Weihnachtsmarkt und die Weihnachtsfeiertage beschränkt wurde. Ebenso in Aspach. „Unser Weihnachtsbaum im Rathaus kam das erste Mal überhaupt komplett ohne Lichterkette aus. Und die Beleuchtung der Weihnachtsbäume in unseren vier Teilorten, zum Beispiel auf dem Dorfplatz in Rietenau und Kleinaspach, war zeitgesteuert und ging nach wenigen Stunden aus“, berichtet Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. Zudem sei auf die Giebelbeleuchtung auf dem Rathaus verzichtet worden.

Fleecejacken Um der Raumtemperatur von maximal 19 Grad zu begegnen, gab es mancherorts Wärmendes. „Allen Beschäftigten wurden Fleecejacken zur Verfügung gestellt. Dies sollte neben der wärmenden Wirkung auch teambildend sein und ist gut angekommen“, meint Althüttes Bürgermeister Reinhold Sczuka. Ebenso in Burgstetten. „...und natürlich warme Getränke“, ergänzt Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz. Desgleichen in Murrhardt und auch in Allmersbach im Tal. „Sicherlich gab es einige Tage, da war es frisch. Mit entsprechend wärmerer Kleidung und auch mal einer Decke über den Füßen haben wir uns gewärmt“, bekennt die Allmersbacher Verwaltungschefin Patrizia Rall.

Lehrschwimmbecken Auch wenn in der Gemeinde Weissach im Tal die Absenkung der Raumtemperaturen gut durchzuführen war und teilweise sogar begrüßt worden ist, gab es doch eine Ausnahme: „Kritisch wurde die Herabsetzungen der Wassertemperaturen in unserem Lehrschwimmbecken gesehen. Teilweise mussten dann auch Kurse wie das Babyschwimmen deshalb abgesagt werden“, erklärt Bürgermeister Daniel Bogner. Auch in Aspach blieb das Lehrschwimmbecken nicht verschont: Statt im 30,5 Grad warmen Wasser durften die Kinder nur bei 27 Grad schwimmen. „Für uns war es keine Option, das Lehrschwimmbecken zu schließen“, so Rathauschefin Sabine Welte-Hauff.

Einsparpotenzial Ob im vergangenen halben Jahr tatsächlich Energie eingespart werden konnte, haben die Kommunen zwar unterschiedlich, durchweg aber positiv beantwortet. „Im Verbrauch gehen wir von deutlichen Einsparungen von zirka 20 bis 30 Prozent aus, was wir aber zahlenmäßig nicht belegen können“, bekennt Kirchbergs Bürgermeister Frank Hornek. Ähnliche Erfahrungen in Aspach: „Dass sich all diese Maßnahmen gerechnet haben, lässt sich auch schwarz auf weiß sehen: Allein im Rathaus beispielsweise konnte der Stromverbrauch im Vergleich zu 2012 in 2022 um rund 22 Prozent gesenkt werden, in allen anderen kommunalen Einrichtungen ging der Verbrauch ebenfalls zurück, mal etwas mehr, mal weniger. Auch beim Heizöl-, Erdgas- und Flüssiggasverbrauch zeichnet sich ein ähnliches Bild“, sagt Welte-Hauff.

Vergleichbare Erfolgsmeldungen kommen aus Murrhardt und von Bürgermeister Kai-Uwe Ernst aus Auenwald. „Die verordneten Maßnahmen sind schwer messbar. (...) Tendenzmäßig haben die verordneten Maßnahmen zu Einspareffekten geführt“, meint Michael Heinrich, Haupt- und Ordnungsamtsleiter in Sulzbach an der Murr. Ähnlich argumentieren die Gemeinden Burgstetten und Spiegelberg sowie Oppenweiler und Weissach im Tal. Den Gemeinden Althütte und Allmersbach im Tal liegen noch keine Abrechnungszahlen vor.

„All diese Maßnahmen haben definitiv zu Einsparungen geführt. Diese abzuschätzen oder gar konkret zu beziffern ist jedoch nicht möglich“, sagt Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich. Der Winter sei vergleichsweise mild und die Heizperiode entsprechend verkürzt gewesen, weshalb der einfache Vergleich mit den vergangenen Jahren keine belastbaren Schlussfolgerungen zulassen würden. Noch etwas drastischer benennt Großerlachs Bürgermeister Christoph Jäger dieses Problem: „Wie soll hier ein objektiver Vergleich möglich sein? Ein Effekt lässt sich allerhöchstens theoretisch hochrechnen.“

Pro und kontra Duschverbot in Sporthallen

Umfrage Ein Duschverbot in Hallen aus Energiespargründen? Nicht alle Sporttreibenden sind da begeistert. Was die Städte und Gemeinden dazu sagen:

Backnang Die Wassertemperatur in Duschen blieb unberührt.

Althütte Duschen in der Sporthalle fanden keine Einschränkungen.

Weissach im Tal Von der Regulierung der Duschtemperatur in den Sportstätten wurde gänzlich abgesehen, da man als Gemeinde hier keinen Einspareffekt sah – duscht der Sportler nicht hier, dann doch zu Hause.

Kirchberg an der Murr Es stand schon immer außer Frage, dass Sportler auch weiterhin in der Sporthalle duschen können.

Auenwald Das Duschen in den Sporthallen war nur beschränkt für Wettkämpfe und Veranstaltungen erlaubt. Es wurden Heizungsoptimierungsmaßnahmen vorgenommen (Isolierung Rohrleitungen, Pumpentausch und Optimierung Heizungssteuerung). Seit dem 1. Februar 2023 ist das Duschen auch wieder regulär möglich.

Murrhardt Die Duschen wurden weiterhin mit warmem Wasser betrieben aufgrund der Legionellengefahr und der Tatsache, dass das Duschen nach dem Sport ansonsten vielfach in den privaten Bereich mit entsprechendem Energieverbrauch dort verlagert worden wäre.

Großerlach Das Duschen in der Halle wurde nicht untersagt. Die Leitungen müssen regelmäßigen Durchfluss haben wegen der ansonsten auftretenden Legionellengefahr.

Aspach Die Duschen in den beiden Sporthallen wurden nicht geschlossen. Wer Sport macht, dem muss ermöglicht werden, danach auch vor Ort in der Sporthalle zu duschen.

Allmersbach im Tal In Allmersbach wurden in der Winterzeit die Duschen in der Turn- und Versammlungshalle geschlossen. Wenn die Duschen geöffnet sind, werden diese nur von sehr, sehr wenigen Personen genutzt. Es gibt keine Turnierbetriebe oder spezielle Sportarten, in denen das Duschen zwingend benötigt wird. Von den Sportvereinen wurde die Regelung mitgetragen. (Negative Rückmeldungen gab es nicht.)

Burgstetten Duschen konnte man nach wie vor, da wir wegen der Legionellengefahr die Temperatur ohnehin hoch halten mussten.

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Erstellt:
16. März 2023, 06:00 Uhr

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